Anfang vom Ende des Kurzwellensenders Schwarzenburg (II) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 01.08.2018, 15:27 (vor 2310 Tagen) @ H. Lamarr

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Jabob bescheinigte Caprez, die Situation um den Sender Schwarzenburg nur "einigermassen ins richtige Licht" gesetzt zu haben. Er war also mit dem Artikel im Beobachter, dem er bahnbrechende Wirkung zuschreibt, nicht sonderlich zufrieden.

Glücklicherweise gibt es in der Schweiz Archive, die auch heute noch den Zugriff auf die alte Beobachter-Ausgabe 16/1995 zulassen. Schon die Titelzeile des Beitrags macht klar, warum Jakob enttäuscht war, denn sein Anliegen kam darin nicht vor:

Elektrosmog: »Dieses Kabel macht uns krank«

Tatsächlich geht es auf den ersten Seiten des Beitrags um niederfrequenten Elektrosmog, genauer gesagt um einen Bauern, der nach der Erdverlegung eines Stromzubringerkabels unter allerlei Beschwerden litt und seine alte Freileitung wieder haben wollte und um Lokführer, die einer Studie zufolge häufiger an Leukämie sterben würden als andere Bahner. Erst an dritter Stelle kommt Jakob und sein Kurzwellensender ins Spiel. Allerdings nur vergleichsweise kurz. Hier ungekürzt die Textpassage, die sich mit der Drama-Queen aus Schwarzenburg befasst:

Giebelegg [richtig Gibelegg; Anm. Spatenpauli], ein bewaldeter Höhenzug oberhalb von Mamishaus und Schwarzenburg im Kanton Bern, 4,5 Kilometer Luftlinie von den Anlagen des Kurzwellensenders entfernt. Hans Ulrich Jakob, Elektrotechniker aus Schwarzenburg, hat keine Augen für die prachtvolle Aussicht. «Hier, schauen Sie doch diesen Wald an, da geht bald alles kaputt.» Seit Jahren misst der Elektrofachmann die Stärke der vom Sender verursachten elektromagnetischen Felder. Er hat unzählige wissenschaftliche Arbeiten über Gesundheitsschäden durch solche Felder studiert und ist überzeugt: «Die Waldkatastrophe hier in der Giebelegg hat mit dem Sender zu tun.» Tatsächlich liegt die Kuppe genau im Sendestrahl einer Antenne des Kurzwellensenders. Für Jakob ist klar: «Giebel und Wurzeln verbrennen, der Baum stirbt.»

Seit Kreisoberförster Philippe Moesch auf einer Fläche von rund einer Hektare Kahlschlag anordnen musste, ist auch er nachdenklich, ja erschrocken. «Zwar hat hier auch der Orkan Vivian[e] Bäume gefällt, über diese Kuppen brausten mehrmals schwere Hagelschläge», schränkt der Oberförster ein. «Was mir Hans Ulrich Jakob aber anhand der Karten zeigte, hat mich beunruhigt. Die langjährige Strahlung könnte das Leben der Bäume beeinflussen, denn Wald-Ökosysteme reagieren nicht kurzfristig auf negative Einflüsse.» Kreisförster Moesch möchte das Baumsterben in der Giebelegg genauer untersuchen lassen.

Der Beitrag hat einen Gesamtumfang von sechs Druckseiten zu je drei Textspalten, in Jakob investierten die beiden Autoren Hans Caprez und Christian Schmidt ungefähr eine Textspalte sowie drei Bilder, eines davon großformatig, jedoch nicht doppelseitig, wie Jakob sich zu erinnern glaubt. Von der angekündigten Untersuchung im Auftrag des Kreisförsters konnte ich keine Spur finden, vermutlich hat er den Auftrag gar nicht erteilt.

Fazit: Der Artikel im Beobachter erfüllt in keiner Weise die dramatische Erwartungshaltung, die Jakob mit seinem Text weckt. Sympathien der Autoren für die Elektrosmog-Alarmierer sind zwar unverkennbar, doch sie formulieren vorsichtig und zitieren lieber, wenn es brenzlig wird. Von einem von den gesehen Schneisen sonderlich beeindruckten Caprez ist nichts zu bemerken. Aufschlussreich sind die Auskünfte des Kreisoberförsters. Denn offenkundig präsentiert Jakob das Foto einer Waldschneise, die nicht der Sender, sondern 1990 der Orkan Vivian gerissen hat und listigerweise wartete Jakob mit seiner Aufnahme, bis Waldarbeiter mit dem vom Forstamt angeordneten Kahlschlag dem Bild der Zerstörung die Krone aufsetzten. Das IZgMF-Forum kennt noch viele andere Täuschungen Jakobs.

Die Geschichte wäre damit eigentlich zuende, gäbe es nicht die Möglichkeit, anhand historischer Luftaufnahmen das Baumsterben auf der Gibelegg chronologisch zu untersuchen. Doch dies muss jetzt warten. Nur soviel vorweg: Eine erste Sichtung führte zurück ins Jahr 1938, als der Sender noch gar nicht in Betrieb war. Bäume auf der Kuppe der Gibelegg hatten es schon damals schwer, Wind und Wetter zu trotzen. Da weder Jakob noch Caprez genaue Angaben machen, wo ihre Fotos zustande kamen, ist eine punktgenaue Recherche schwierig.

Fortsetzung <hier>

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Schwarzenburg, Baumsterben, Kurzwellensender, Drama-Queen


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