Gewitterläuten statt Ketzerstangen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 24.02.2020, 20:07 (vor 1638 Tagen) @ H. Lamarr

Auszug aus deutsches-museum.de:

[...] Blitzableiter waren im 18. Jahrhundert ein kontroverses Thema. Kirchliche Kreise sahen eine Vermessenheit des Menschen in dem Versuch, sich mittels "Ketzerstangen" dem Gerichte Gottes entziehen zu wollen. Freilich musste es rätselhaft bleiben, wieso sich der göttliche Zorn gerade über Kirchtürmen entlud. Von Georg Christoph Lichtenberg gibt es einen maliziösen Text von 1779 über die Einführung des Blitzableiters in Siena: Neueste Geschichte der Blitzableiter. Dennoch bleibt festzuhalten, daß auch zahlreiche Geistliche sich für den technischen Blitzschutz einsetzten, zumal man erfahren musste, dass das Glockenläuten gegen Gewitter nicht nur nutzlos, sondern auch sehr gefährlich war:

Johann Nepomuck Fischer führt [1784] in seiner Schrift gegen das Gewitterläuten an, dass in den vergangenen 33 Jahren 103 Personen dabei zu Tode gekommen seien. 1784 wurde denn diese Praxis auch amtlicherseits in Bayern verboten, 1786 in Österreich.

Die Militärs waren der neuen Technik gegenüber aufgeschlossener. Als 1769 ein Blitzschlag ins Pulvermagazin zu Brescia 2060 Zentner Schießpulver zur Explosion brachte, wodurch 3000 Bürger den Tod fanden [andere Quellen sprechen von 400] und ein Sechstel der Stadt zerstört wurde, wurden die Pulvertürme in rascher Folge mit Blitzableitern versehen, ebenso wie die Schiffe der Marine. [...]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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