Tradition (Allgemein)

caro, Freitag, 04.04.2008, 15:57 (vor 5936 Tagen) @ Gast

Berlin (AP) Der Protest gegen die Beschäftigung von Lobbyisten in Bundesministerien wird immer größer. Politiker von SPD, Linken, FDP und Grünen forderten am Freitag ein Ende der bisherigen Praxis, von Wirtschaftsunternehmen bezahlte Mitarbeiter maßgeblich in Gesetzesvorhaben einzubinden. Die Bundesregierung wies die Vorwürfe zurück und kündigte eine transparentere Gestaltung der Regeln an.
Der Bundesrechnungshof hatte die «Leiharbeit> in den Ministerien gerügt und von 2004 bis 2006 rund 300 Fälle ausgemacht.
Dem Prüfbericht zufolge werden diese so genannten externen Mitarbeiter auch an wichtigen Schaltstellen eingesetzt. In Einzelfällen hätten sie sogar «Führungsfunktionen> in Ministerien ausgeübt und Gesetze mitgeschrieben.
Ausgangspunkt ist ein von der rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder initiiertes Austauschprogramm zwischen Politik und Wirtschaft. Ziel war es, den Staat zu entbürokratisieren und zu verschlanken.

Zwtl: «Eine neue Form der Korruption>

SPD-Politiker Karl Lauterbach erklärte: «Ich bin für die komplette Abschaffung dieser Praxis.> Die Hauptgefahr sei, dass das Parlament geschwächt werde. In einer frühen Phase der Gesetzesvorbereitung hätten die Lobbyisten die Macht, ein Gesetz in ihrem Sinne zu beeinflussen, lange, bevor die meisten Parlamentarier den Entwurf sähen.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin sprach von einem Skandal und forderte die Regierung auf, schnellstmöglich einen Verhaltenskodex für solche Beschäftigungen zu schaffen, der Transparenz sicher stelle. Grünen-Politiker Volker Beck forderte ebenfalls ein Ende des Austauschsprogramms zwischen Politik und Wirtschaft.
Linken-Politikerin Gesine Lötzsch sagte, es müsse eine Kennzeichnungspflicht für die Produkte geben, die von Lobbyisten erstellt würden. Ihre Fraktion habe für die nächste Sitzungswoche eine Aktuelle Stunde zum Thema beantragt.
Der FDP-Politiker Otto Fricke sagte in der «Passauer Neuen Presse>, bei Referentenentwürfen müsse zwingend mitgeteilt werden, wenn sich Externe beteiligt hätten. Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International forderte die Regierung in der «Braunschweiger Zeitung> ebenfalls auf, die
Beschäftigung von Lobbyisten in Ministerien umfassend offen zu legen. Der Verwaltungsrechtler Hans-Herbert von Arnim sagte in der «WAZ>: «Das ist eine neue Form der Korruption.>

Zwtl: Regierung will am Programm festhalten

Die Bundesregierung wies indes alle Kritik zurück. Der Bundesrechnungshof habe festgestellt, dass es keinen Missbrauch gegeben habe, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg. Die Bundesregierung sei aber bereit, auf der Grundlage der Empfehlungen des Rechnungshofes die Praxis zu vereinheitlichen und transparenter zu gestalten.
Steg räumte ein, momentan seien rund 100 bis 120 so genannte externe Mitarbeiter in den Ministerien beschäftigt. Im Gegenzug würden 12 bis 15 Mitarbeiter aus den Ministerien pro Jahr das «freiwillige Angebot> nutzen, in der Wirtschaft zu arbeiten.
Steg betonte, die Mitarbeiter seien nur befristet eingesetzt, meist nur einige Wochen. Er verwies darauf, dass die externen Mitarbeiter nicht in Leitungsfunktionen arbeiteten und keine «endgültige Entscheidungsbefugnis> hätten, sondern lediglich auf Referentenebene eingesetzt würden.
Die Autoren Sascha Adamek und Kim Otto stellten am Freitag ihr Buch «Der gekaufte Staat> vor. Vom Fluglärmgesetz über die Legalisierung der Heuschreckenfonds> oder die Gesundheitsreform - immer hätten Großkonzerne bezahlte Mitarbeiter in den Ministerien platziert, schreiben sie. Das Buch ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen, hat 231 Seiten und kostet 18,95 Euro.

Keine Lobbyisten in Ministerien
LobbyControl


AP/hm/
041423 apr 08

Tags:
Korruption


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