HUJs Irrtümer (14): Bundesgericht zitiert Berenis falsch (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 17.11.2024, 13:04 (vor 8 Tagen) @ H. Lamarr

Behauptungen: [...] In praktisch allen neueren Bundesgerichtsurteilen in welchen die Beschwerdeführenden mit dem Sondernewsletter der BERENIS, der offiziellen Beratergruppe des Bundesrates, mit Datum vom Januar 2021 argumentieren, das heisst mit den Studien zum oxidativen Stress, hervorgerufen durch die hochfrequente elektromagnetische Strahlung aus Mobilfunk-Sendeanlagen, ist die folgende höchstrichterliche Weisheit zu lesen:
Zitat: In Zell- und Tierstudien finden sich auch unterhalb der Grenzwerte relativ konsistente Einflüsse auf oxdidativen Stress und auf zelluläre Signalwege, wobei unklar ist, ob damit langfristig gesundheitliche Folgen verbunden sind. Ende Zitat

Diese haarsträubende Beurteilung, aus dem oxidativen Zellstress, also aus dem Anfangsstadium von Krebs lasse sich nicht ableiten, ob damit längerfristig gesehen, gesundheitsschädigende Wirkungen zu erwarten seien, haben wir von Gigaherz bis dato immer den Bundesrichtern angelastet. Etwa mit dem zynischen Kommentar: «Eigentlich hätten die 5 Koryphäen schon recht. Denn beginnender Krebs heisst längerfristig oft Tod. Und tote Menschen sind juristisch gesehen nicht krank, sondern einfach nur tot!

Bundesrichter zu Unrecht verdächtigt
Wie sich jetzt herausstellt, stammt das haarsträubende Zitat tatsächlich aus einem BERENIS-Sondernewsletter, aber wie wir kürzlich durch einen Zufall entdeckt haben, aus einem früheren, nämlich aus demjenigen vom Juli 2020. [...]

Quelle: Bundesgericht zitiert aus dem falschen BERENIS-Newsletter
Jahr: 2024

Berichtigung: Die Prüfung von Jakobs Behauptungen überführt den Ex-Gigaherz-Präsidenten der Falschaussage und der Zitatverfälschung.

Sucht man beim schweizerischen Bundesgericht nach der von Jakob zitierten "höchstrichterlichen Weisheit", führt dies nicht zu mehreren Treffern in neueren Bundesgerichtsurteilen, sondern mit dem Urteil 1C 100/2021 vom 14. Februar 2023 zu gegenwärtig genau einem einzigen Treffer. Ein zuvor mit Copy-Paste aus Jakobs Text entnommener anderer Suchbegriff führte sogar zu null Treffer. Grund für diesen Fehlschlag ist Jakobs einzigartige und deshalb unauffindbare Schreibweise von "oxdidativen" Stress gewesen.

Das Urteil 1C 100/2021 lässt dann mit der Passage 5.4.3 Jakobs frei erfundene Entdeckergeschichte zusammenklappen wie ein Schweizer Taschenmesser. Denn dort ist klipp & klar zu lesen, dass das Gericht aus dem Berenis-Newsletter (Sonderausgabe) vom Juli 2020 zitiert und nicht aus der Sonderausgabe vom Januar 2021. Die Sonderausgabe vom Juli 2020 beschäftigte sich mit den damals neuen Icnirp-Grenzwertempfehlungen. Das Gericht zitiert korrekt in indirekter Rede und macht damit deutlich, dass die folgende Aussage nicht dem Gericht zuzuschreiben ist, sondern den Autoren des Newsletters:

[...] In Zell- und Tierstudien fänden sich auch unterhalb der Grenzwerte relativ konsistente Einflüsse auf oxidativen Stress und auf zelluläre Signalwege, wobei unklar sei, ob damit langfristige gesundheitliche Folgen verbunden seien. [...]

Zitatverfälscher Jakob verwandelt in seiner Verwertung des Textes (siehe oben) die indirekte Rede des Gerichts in direkte Rede und tischt diese seinen Lesern als angeblich "höchstrichterliche Weisheit" des schweizerischen Bundesgerichts auf :no:.

Was die Entdeckergeschichte des Ex-Gigaherz-Präsidenten so grandios kurios macht, ist der Umstand, dass Jakob sich im Wesentlichen selbst der Falschaussage überführt, freilich ohne dies zu erkennen. Jakob wird nicht zum ersten Mal Opfer eines Zirkelschlusses. Seinen originellsten Zirkelschluss erlaubte er sich bereits 2001 mit seiner von höchster Stelle bestätigten "Entdeckung", Icnirp sei keine Unterorganisation der WHO.

Auf die dilettantischen Ausführungen Jakobs zu oxidativem Stress ist wegen seiner Inkompetenz in gesundheitlichen Sachfragen nicht weiter einzutreten. Dies gilt auch für Jakobs Behauptung:

[...] Auf Grund des BERENIS-Sondernewsletters vom Januar 2021 sind die Anlage-Grenzwerte, die bis anhin vom Bundesgericht als Vorsorgewerte gemäss USG gehandelt wurden, durch BERENIS neu als hochgradige Gefährdungswerte eingestuft worden. [...]

Jakob hat ersichtlich Schwierigkeiten, Fakten von Meinung zu unterscheiden. Das macht ihn als Informationsquelle wertlos. So hat nicht Berenis die schweizerischen Anlagegrenzwerte als "hochgradige Gefährdungswerte" eingestuft, sondern einzig und allein der hochbetagte Ex-Präsident des Vereins Gigaherz. Überzeugen Sie sich selbst davon!

Einen anderen Punkt an Jakobs Ausführungen erachte ich hingegen als leidlich bemerkenswert: Die Sonderausgabe des Berenis-Newsletters vom Juli 2020 ist auf der Website des Bafu tatsächlich nicht mehr zu finden (weder in Deutsch, noch in Englisch). Das Bafu hat diese Ausgabe kommentarlos entfernt. Aus der Welt ist die Sonderausgabe damit jedoch nicht, denn im Webarchiv ist sie weiterhin für jedermann zu haben.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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