HUJs Irrtümer (12): Kanton Bern - 380 5G-Antennen vor dem Aus (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 20.06.2024, 00:32 (vor 158 Tagen) @ H. Lamarr

Das Urteil des Bundesgerichts verlangt keine Stilllegung betroffener 5G-Antennen. Diese können ohne Weiteres gemäß der Bewilligung nach dem "Worst-Case-Szenario" rechtssicher weiter betrieben werden. Für Mobilfunknetzbetreiber ist dies auf Dauer jedoch keine befriedigende Lösung, da dieser Betrieb die Reichweite (Versorgungsgebiet) adaptiver Antennen merklich einschränkt und dies nur mit einer Netzverdichtung kompensiert werden kann.

Dass der Ex-Präsident des Vereins Gigaherz mit der Funktechnik auf Kriegsfuß steht, ist seit Jahrzehnten bekannt. Was aber Hans-U. Jakob in seinem jüngsten Beitrag behauptet (5G: Berner Kantonsverwaltung muss 380 5G-Sendeantennen stilllegen), ist aus meiner Sicht ein alarmierendes Zeichen für geistige Verwirrung. Hier der fragliche Textauszug aus Jakobs unseligem Beitrag im Wortlaut:

Erste Reaktion aus Bern
Mit Stellungnahme vom 4.Juni 2024 teilt das Amt für Umwelt und Energie (AUE) des Kantons Bern der Gemeindeverwaltung Steffisburg mit, dass der Kanton Bern dieses Bundesgerichtsurteil zu respektieren gedenke und bei bestehenden adaptiv betreibbaren Antennen für die nachträgliche Gewährung des Korrekturfaktors künftig ein ordentliches Baugesuch verlangen werde. [...]
Weiter schreibt das AUE: Um sich einen gewaltigen Imageverlust und haufenweise aufwendige baupolizeiliche Verfahren zu ersparen empfehle das AUE den Mobilfunkbetreibern statt einer Stilllegung aller Bagetell-bewilligten Anlagen, lediglich den Korrekturfaktor auszuschalten.
Mit ausgeschaltetem Korrekturfaktor funktioniert unseres Erachtens eine adaptive 5G Sendeantenne nicht mehr. Dazu wurde ja dieser, aus unserer Sicht betrügerische Korrekturfaktor, auch erfunden und dem nicht fachkundigen Bundesrat im Dezember 2021 untergejubelt.

Komplett abschalten oder die Anlage lediglich ohne Korrekturfaktor betreiben, kommt auf das Selbe hinaus: Die Anlage ist tot.
Ein Beispiel dazu:
Eine adaptive 5G-Sendeantenne muss, infolge ausgeschaltetem Korrekturfaktor auf die im Zusatzblatt 2 deklarierte Sendeleistung von 300Watt ERP heruntergefahren werden. Das macht bei einem typischen Antennengewinn von 21dB oder Faktor 125 am Antenneneingang noch gerade 2.4Watt. Diese müssen noch auf 4 Such- und 8 Datenbeams aufgeteilt werden. Macht noch gerade 0.2Watt pro Beam. Das ist, verglichen mit der Sendeleistung eines Handys von 2 Watt, absolut hoffnungslos.

Jakobs pseudotechnische Rückrechnung von 300 W (ERP) auf 200 mW Sendeleistung (pro Beam) ist atemberaubend. Warum? Weil es funktechnisch total idiotisch ist, mit der mickerigen Sendeleistung zu argumentieren. Denn für die Versorgung mit Funkdiensten ist nicht allein die Sendeleistung maßgebend, die in die Antennen eingespeist wird, sondern das Produkt aus Sendeleistung und Antennengewinn. Ein Mobiltelefon braucht max. 2 W Sendeleistung, weil die winzigen Rundstrahlantennen im Gerät praktisch null Antennengewinn bieten. Im Gegensatz dazu bieten die großen 5G-Richtantennen von Basisstationen einen gewaltigen Antennengewinn und kommen daher mit wenig Sendeleistung aus.

Das besagte Produkt aus Sendeleistung und Antennengwinn ist unter dem Begriff Strahlungsleistung bekannt, die laut Jakob 300 W beträgt. Und mit 300 W Strahlungsleistung ist eine 5G-Antenne keineswegs tot, sondern kann ihren Versorgungsauftrag durchaus gut erfüllen. Allerdings mit der Einschränkung, dass die für 5G typischen hohen Datenraten auch am Rand einer Funkzelle nur erreichbar sind, wenn in der Funkzelle wenige Teilnehmer die hohen Datenraten tatsächlich in Anspruch nehmen und z.B. große Dateien downloaden oder Videos in hoher Auflösung streamen. Leisten sich dies zu viele Teilnehmer, schrumpfen die Datenraten am Zellenrand zum Ärger der dortigen Teilnehmer zuerst. Mit Korrekturfaktor würde dieser störende Effekt wegen höherer Strahlungsleistung (wenn überhaupt) deutlich seltener in Erscheinung treten als ohne Korrekturfaktor.

Andere (untechnische) Beweisführung: Wäre an Jakobs Gerede auch nur ein Funken wahr, Swisscom und Sunrise hätten im Frühjahr 2019 als weltweit eine der ersten Netzbetreiber ihre 5G-Netze nicht erfolgreich mit anfangs hunderten, später tausenden 5G-Antennen in Betrieb nehmen können (momentaner Stand: rd. 10'700 5G-Anlagen). Denn damals gab es noch keine Korrekturfaktoren und die Inbetriebnahme wurde von den Behörden unter der Auflage zugelassen, dass 5G-Antennen immissionstechnisch vorläufig wie konventionelle Antennen zu bewerten seien. Genau diese Situation tritt jetzt erneut ein, wenn zuvor im Bagatellverfahren mit Korrekturfaktor bewilligte 5G-Antennen künftig ohne Korrekturfaktor betrieben werden müssen. Da hätte auch Jakob drauf kommen können und seine Schnapsidee von den toten 5G-Anlagen begraben müssen. Kann sich der Mann nicht endlich um den Rasen oder die Rosen in seinem Garten kümmern, statt sich hartnäckig selbst zum Gespött zu machen? :no:

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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