18. Juni 2019: Zusatzfragen von Häberli-Koller an UVEK-Chefin (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 27.06.2019, 16:06 (vor 1998 Tagen) @ H. Lamarr

Am 18. Juni 2019 stellte nicht im Nationalrat, sondern im Ständerat, Brigitte Häberli-Koller anlässlich ihrer Interpellation 19.3169 zwei Zusatzfragen, die von Bundesrätin und UVEK-Vorsteherin Simonetta Sommaruga an Ort und Stelle beantwortet wurden. Die eine Zusatzfrage gilt dem überfälligen Bericht der Mobilfunk-Arbeitsgruppe des UVEK, die andere der Idee, die Mobilfunkversorgung nicht mehreren konkurrierenden privaten Netzbetreibern zu überlassen, sondern einen einzigen (staatlichen) Netzbetreiber damit zu beauftragen.

Häberli-Koller: Ich danke zuerst dem Bundesrat für die Antworten zu meinen Fragen in der Interpellation. Ich erlaube mir, noch zusätzlich zwei Fragen betreffend die Arbeitsgruppe Mobilfunk anzufügen.

In der Antwort zu den Fragen 1 und 8 schreibt der Bundesrat unter anderem, dass das UVEK gerne bereit ist, den Bericht der Arbeitsgruppe Mobilfunk und Strahlung in den zuständigen Kommissionen vorzustellen, wenn diese Kommissionen das wünschen. Das begrüsse ich natürlich und gehe davon aus, dass sich die Kommissionen gerne zu diesem Bericht äussern werden.

Dazu noch folgende Frage: Anscheinend gibt es noch eine Verzögerung mit dem Bericht. Wann liegt dieser definitiv vor, und bis wann kann damit gerechnet werden, dass dieser Bericht eben auch in den zuständigen Kommissionen ein Thema sein wird?

Dann noch eine zweite ergänzende Frage: In der Antwort zu meiner siebten Frage in der Interpellation betreffend die Vor- und Nachteile eines allfälligen einheitlichen Mobilfunknetzes mit einem zentralen Netzbetreiber analog zu Swissgrid schreibt der Bundesrat, dass der Gesetzgeber bislang die Zusammenführung der Netze in ein einziges nationales Netz als nicht zielführend erachtet habe und deshalb eine solche Beurteilung zurzeit auch nicht geplant sei. In Deutschland wird zum Beispiel über die Schaffung einer staatlichen Mobilfunk-Infrastrukturgesellschaft bereits diskutiert. Wäre es Ihrer Meinung nach nicht ebenso wichtig und an der Zeit, die Zusammenführung der Netze in ein einziges, nationales Netz zu prüfen, um insbesondere auch Klarheit zu erhalten, ob dadurch ein Beitrag zur Senkung der Strahlenbelastung erreicht werden könnte?

Ich bedanke mich für die Antworten zu diesen zusätzlichen Fragen.

Simonetta Sommaruga: Vielen Dank, Frau Häberli-Koller, für Ihre Zusatzfragen, die Sie jetzt noch gestellt haben. Es ist so, dass sich die Fertigstellung dieses Berichtes durch die Arbeitsgruppe, die von der damaligen Bundesrätin Leuthard eingesetzt worden ist, verzögert. Das ist darauf zurückzuführen, dass natürlich mit der Versteigerung der Frequenzen für 5G noch viele Fragen zusätzlich gestellt wurden und die Arbeitsgruppe dann eigentlich immer wieder gesagt hat, dass sie das auch noch aufnehmen müsse und abklären werde. Es war ein bisschen die Frage, ob man hier stoppt und sagt, dass einfach der ursprüngliche Auftrag umgesetzt werden soll. Dann hätte man ihr wahrscheinlich zum Vorwurf gemacht, dass sie diese Fragen nicht beantworte. Sie hat aber die zusätzlichen Fragestellungen aufgenommen. Das führt jetzt zu einer Verzögerung. Der Bericht kommt auf jeden Fall in der zweiten Jahreshälfte, eher in der ersten Hälfte der zweiten Jahreshälfte. Wie gesagt, es ist uns allen auch mehr gedient, wenn wir die Arbeitsgruppe ihre Arbeit in Ruhe machen lassen, damit sie dann diesen Bericht bringen kann; es ist ein komplexes Gebilde, weil da verschiedenste Akteure dabei sind, es gibt Untergruppen mit spezifischen Fragestellungen. Selbstverständlich kann er dann auch in den Kommissionen beraten werden. Das ist für mich auch wichtig. Ich begrüsse es sowieso sehr, wenn man diese Thematik, die in der Bevölkerung viele Fragezeichen aufgeworfen hat, aber auch Chancen hat - es ist hier wirklich beides -, intensiv diskutiert.

Wichtig ist mir, hier einfach nochmals festzuhalten, dass man mit der Versteigerung dieser Frequenzen bei den Anlagegrenzwerten - also bei den Grenzwerten in der NISV - nichts geändert hat. Das heisst, wenn Sie heute 5G-Technologie auf einer bestehenden Antenne installieren, dann müssen von dieser Anlage die heute bestehenden Grenzwerte eingehalten werden. Das, glaube ich, ist für die Bevölkerung schon noch wichtig zu wissen.

Zu Ihrer zweiten Frage - es sind eigentlich zwei verschiedene Fragestellungen -, ob man die Mobilfunkbetreiber zwingen würde, dort zu bauen, wo ein Strahlungsgrenzwert bei einer bestehenden Antenne noch nicht ausgeschöpft ist: Ich muss Ihnen einfach sagen - das ist die Rückmeldung, die ich von den Betreibern habe -, dass die Antennen eben häufig schon sehr stark ausgelastet sind. Es ist nicht so, dass man da Überkapazitäten hätte. Von daher ist das Potenzial, sich da an den Standorten zusammenzuschliessen, relativ klein.

Die andere Frage, die Sie gestellt haben - ob man da eigentlich eine eigene Antenneninfrastruktur bauen und das somit trennen sollte -, war in der Schweiz bis jetzt nie ein Thema, weil die Anbieter natürlich schon sagen: "Ich mache die Antennen." Sie können Betrieb und Netz also vielleicht weniger einfach trennen, als Sie das bei der Schiene tun können.

Man kann auch sagen, dass wir es mit den Grenzwerten, die wir heute haben und die ja zehnmal tiefer sind als in den umliegenden Ländern, doch zustande gebracht haben, in der Schweiz eine sehr, sehr gute Versorgung hinzukriegen. Ich denke, wir haben es bis jetzt geschafft, trotz einem starken Umweltschutz und tiefen Grenzwerten eine gute Versorgung der Bevölkerung hinzukriegen. Das ist ein Konzept, das wir in diesem Sinne weiterverfolgen sollten, weil wir damit auch das Vertrauen der Bevölkerung am besten gewinnen können.

Kommentar: Ständerätin Häberli-Koller hat die in Deutschland geplante Mobilfunk-Infrastrukturgesellschaft (MIG) anscheinend gründlich missverstanden. Diese Gesellschaft dient nicht dem Zweck, ein staatliches Mobilfunknetz aufzubauen und schon gar nicht einer Verringerung der "Strahlenbelastung" der Bevölkerung. Häberli-Koller hat sich bei ihrer Fehlinterpretation von technisch unqualifizierten Forderungen aus Kreisen deutscher und schweizerischer Mobilfunkgegner leimen lassen. Richtig ist: Die MIG dient allein dem Zweck, wirtschaftlich für die Netzbetreiber unattraktive Regionen ("weiße Flecken") in Deutschland durch den Bau staatlich geförderter passiver Mobilfunkinfrastruktur (Mobilfunkmasten) mobilfunktechnisch besser zu erschließen. Der Betrieb der Sendetechnik auf diesen Staatsfunktürmen bleibt allein den privaten Netzbetreibern vorbehalten. Zusätzlich beabsichtigt die Regierungskoalition im Herbst 2019 ein Gesetz, das die Netzbetreiber zu nationalem Roaming verpflichtet, sie also zwingt, ihre Sendetechnik mit anderen Netzbetreibern zu teilen. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Mobilfunkversorgung in Regionen mit derzeit nur einem einzigen Netzanbieter ("graue Flecken") zu bessern. Netzbetreiber mit gut ausgebautem Netz (wie die Deutsche Telekom) wehren sich bislang mit Händen und Füßen gegen die Verpflichtung zu nationalem Roaming.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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