Die große Thomas-Fluri-Kritik an der Metas-5G-Messempfehlung (Technik)
H. Lamarr , München, Samstag, 06.01.2024, 22:11 (vor 326 Tagen)
Überzeugte Mobilfunkgegner leiden häufig unter einer kapitalen Selbstüberschätzung ihrer Fähigkeiten. Gepaart mit Selbstgewissheit entsteht daraus zuweilen eine querulativer Mensch, der gerne Mitarbeiter von Ämtern und Behörden terrorisiert. Mit dem Ex-Elektriker Hans-U. Jakob und dem selbstständigen Elektroingenieur Thomas Fluri haben zwei derart veranlagte Don Quijotes in ihrem Kampf gegen 5G zusammengefunden. Das konnte nicht gut gehen.
Gigaherz-Präsident Jakob muss ich nicht vorstellen, er ist hier gut bekannt. Thomas Fluri (73) studierte an der ETH Zürich Elektrotechnik (Fachrichtung unbekannt) und betreibt seit 1983 in Derendingen, Schweiz, ein Ingenieurbüro. Anfangs als Kommanditgesellschaft, seit 2005 als Einzelkämpfer. Die Dienstleistungen, die Fluri anbietet, kann man auf seiner Firmenwebsite erahnen. Die Verbindungslinie zwischen dem Elektroingenieur und dem Ex-Elektriker sind nicht ihre Berufe, sondern etwas ganz anders: Fluri und seine Ehefrau sind davon überzeugt "elektrosensibel" zu sein. Das macht sie zu Jakobs Anhängern. Die beiden wollen um 2018 herum entdeckt haben, auf Funkwellen von W-Lan und Bluetooth zu reagieren. Probleme hätten sie im Supermarkt an der Kasse, in öffentlichen Spitälern oder im Zug, überall dort, wo die Strahlung besonders hoch sei. «Die Symptome, die wir spüren, sind Schlaflosigkeit, Energielosigkeit, Bluthochdruck, Herzprobleme oder Krämpfe», erzählten sie 2020 dem SRF.
Fachtechnische Beurteilung eines "elektrosensiblen" Elektroingenieurs
Für Gigaherz-Jakob, dem 5G ein ewiges Rätsel bleiben wird, ist der Elektroingenieur eine hochwillkommene Verstärkung in seinem Kampf gegen 5G. Denn Anfang 2021 glaubte Fluri, sich mit dem staatlichen Schweizer Metrologischen Institut Metas anlegen zu müssen. Dieses hatte im Jahr zuvor eine Empfehlung zur Messung von Immissionen an 5G-Basisstationen im Frequenzbereich bis 6 GHz veröffentlicht, die dem Elektroingenieur gar nicht gefiel. Er setzte sich noch im Dezember 2020 an seinen Schreibtisch und verfasste flugs eine geharnischte Kritik an der Messempfehlung. Unter dem unleserlichen Titel "Fachtechnische Beurteilung: Irreführende, technisch nicht umsetzbare minimale ERP Leistungsangaben zu aktiven, adaptiven massiv MIMO 5G Makro-Antennen in den StDb1, Online Monitoring, QS2 und adaptive Antennen" kann man sich einen 16-seitigen Zwischenstand seiner Kritik hier ansehen. Die (unveröffentlichte) Endfassung sollte später 33 Seiten umfassen.
Wirres Zeug ist für Jakob hoch-technisch
Was der Empfänger Metas von dem Papier gehalten hat, ist nicht überliefert. Gigaherz-Jakob aber war völlig aus dem Häuschen, als er im Februar 2021 seinen Lesern "Die grosse Thomas Fluri-Kritik zu den unbrauchbaren Mess- und Berechnungsmethoden für 5G NR-Basisstationen von METAS" vorstellte, freilich ohne das Dokument selbst preiszugeben. Jakobs Begeisterung ist damit für Außenstehende nicht nachvollziehbar. Doch sollte die Endfassung ähnlich wirr und unverständlich sein wie der Zwischenstand, darf gemutmaßt werden: Der Ex-Elektriker kapitulierte vor Fluris Papier, suchte die Schuld dafür bei sich, statt beim Autor, und hielt deshalb die Kritik – ihrer Unverständlichkeit wegen, irrtümlich für eine "hoch-technische, mathematische und physikalische Abrechnung" des Herrn Ingenieurs. Er hätte sie vielleicht besser für einen verfrühten Aprilscherz halten sollen ...
Beklemmende Stille nach dem Sturm
Auf die große Fluri-Kritik und Jakobs dilettantischen Beitrag folgten keinerlei sichtbare Reaktionen von Metas oder einer anderen Behörde. Wahrscheinlich aus dem hier angedeuteten Grund. Die beklemmende Stille hält bis heute an, weder Fluri noch Jakob gingen in den vergangenen drei Jahren noch einmal auf die "große Kritik" an der Metas-Messempfehlung ein: Keine Erneuerung der Vorwürfe, kein Beipflichten oder Kritik von fachlicher Seite, kein veröffentlichter Schlagabtausch zwischen Metas und Fluri, nur gähnende Leere. Blutige Laien in der Schweiz greifen allerdings nach jedem Strohhalm, um ihre irrationalen Ängste gegenüber 5G-Funkmasten irgendwie mit Argumenten zu stützen. Sie verwursten Fluris Einwände gutgläubig und unverdrossen in ihren Einsprachen gegen geplante 5G-Standorte (Beispiel). Das Gift, das Fluri mit Jakobs Hilfe in Umlauf brachte, es berauscht wohl noch geraume Zeit mobilfunkkritische Eidgenossen und gaukelt ihnen Erfolgsaussichten vor, die ihnen spätestens vor Gericht teuer zu stehen kommen.
Ausgewiesene Profis bauen auf Metas-Messempfehlung
Für echte Profis auf dem Gebiet der 5G-Funktechnik ist die Metas-Messempfehlung nicht unbrauchbar, sondern mustergültig. Sie schrieben 2022 in einem Bericht fürs BfS (Auszug):
Auch die Schweizer Empfehlung beschäftigt sich intensiv und teilweise sehr detailliert mit der messtechnischen Bestimmung der Immissionen bei 5G-Basisstationen. Vertieft behandelt werden hierbei:
• Verfahren zur Bestimmung der maximal möglichen Immission durch Messung eines Referenzsignals und anschließender Hochrechnung (frequenzselektiv, codeselektiv) und
• Strategien zur Ermittlung des vom Aspektwinkel abhängigen Korrekturfaktors ("Antennenkorrekturfaktor") für Anlagen, bei denen der SSB und der PDSCH nicht mit gleicher
Leistung (bzw. ERP) und über unterschiedliche Antennendiagramme abgestrahlt werden (Beamforming).
Besonders herauszuheben ist hierbei, dass in dieser Empfehlung besonders viel Augenmerk auf die Bestimmung des "Antennenkorrekturfaktors" gelegt wird und diesbezüglich im Dokument interessante neue Ideen zu finden sind, die in dieser detaillierten Art und Weise bisher noch nirgendwo thematisiert wurden.
Weitgehend aufbauend auf der Metas-Messempfehlung haben Kopacz, Bornkessel und Wuschek ein verfeinertes Messverfahren entwickelt und im Detail erläutert, mit dem bei 5G-Anlagen mit und ohne Beamforming die maximal am Messort mögliche Immission durch Messung eines Referenzsignals mit anschließender Extrapolation ermittelt werden kann, ohne dass dazu ein spezieller Eingriff in die Basisstation durch den Betreiber oder Systemtechniklieferanten erfolgen muss. Bei der Validierung des Verfahrens ergaben sich bei Verwendung von winkelabhängigen Extrapolationsfaktoren gute Übereinstimmungen zwischen den extrapolierten Messergebnissen und den direkt gemessenen Resultaten bei erzwungener Maximalabstrahlung in die Richtung zum Immissionsort. Insbesondere wurden keine übermäßigen Unterbewertungen bei den hochgerechneten Messergebnissen im Vergleich zu den bei erzwungener Maximalimmission gefundenen Werten festgestellt.
Was nun, Herr Jakob & Herr Fluri?
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Die große Thomas-Fluri-Kritik an der Metas-5G-Messempfehlung
Kuddel, Mittwoch, 10.01.2024, 21:51 (vor 322 Tagen) @ H. Lamarr
Die ERP Betrachtungen von Herrn Fluri gehen von der irrigen (worst worst case) Annahme aus, dass die Macro-Basisstation das Ziel hat , nur einen einzigen, stark gebündelten Strahl zu erzeugen.
Theoretisch könnte sie dass (bei entsprechender Software-Konfiguration), jedoch macht es für den Betreiber wenig Sinn, dies in der Praxis zu tun, denn das Ziel von Massive MIMO ist eben, so viele Beams wie möglich simultan auszusenden, um so viele Nutzer wie möglich simultan zu versorgen.
Das ergibt sich schon aus einer ökonomischen Betrachtung :
Mit einem Nutzer allein in einer Makrozelle könnte der Betreiber niemals einen Betriebsgewinn erzielen, es sei denn, dieser Nutzer wäre bereit, etliche Euro pro Minute für seine Verbindung zu zahlen.
Der Knackpunkt dabei ist, dass in einem Szenario, in welchem mehrere Beams simultan ausgesendet werden, sich der Antennengewinn antsprechend der Anzahl der ausgesendeten "beams" reduziert.
Das kann man sich anschaulich dadurch verdeutlichen, dass sich bei mehreren Nutzern (in verschiedenen Winkeln zur Antenne) schließlich der "Öffnungswinkel" der Antennen-Abstrahlung erweitern muss, um alle Nutzer in der Zelle erreichen zu können. Wird der Öffnungswinkel einer Antenne vergrößert, dann reduziert sich entsprechend der Antennengewinn and somit die E(I)RP der Basis.
In Analogie kann man es sich vorstellen, wie eine Taschenlampe mit verstellbarem Fokus.
Bei "scharf gestelltem " Fokus entsteht ein intensiver, aber sehr kleiner Leuchfleck (1 beam) , bei Aufweitung des Fokus (um viele Personen zu "beleuchten") vergrößert sich der Leuchtfleck, aber die Leuchtdichte (Strahlungsleistung) reduziert sich => der "optische Gewinn" der Linse wird reduziert, so wie sich der Antennengewinn der 5G Basis reduziert.
Bei einem Nutzer (einem "Beam") in der MaKrozelle könnte der theoretische Gewinn des "Antennen-Arrays" bis zu 25 dB betragen, bei vielen Nutzern reduziert sich der Gewinn aber auf wenige dB. Mithin reduziert sich bei mehreren, simultanen "Downlinks" die ERP der Basisstation auf einen Bruchteil des "worst case"-Szenarios mit einem Strahl => eben jenem "E(I)RP, der im Datenblatt als "worst case" spezifiziert ist, der aber in der Praxis nicht vorkommen sollte (wenn alles korrekt konfiguriert ist) .
Wenn in einem "Single User" Szenario die Antenne theoretisch eine Strahlungsleistung von bis zu 50kW ERP erzeugen "könnte" ( wenn sie entsprechend konfiguriert werden würde) , dann würde sich bei 50 simultanen Nutzern diese Strahlungsleistung der 5G Basis bereits auf ca 1kW ERP reduzieren.
Der Basis-Kontroller kann entsprechend (per Software) so konfiguriert werden, dass ein Einzelnutzer nicht die volle zur Verfügung stehende Sendeleistung zugewiesen bekommt => So dass also der "Gewinn" der 5G Antenne per Software entsprechend der Anlagengrenzwerte "begrenzt" wird.
Herr Fluri liegt in dem Punkt richtig, dass die Effizienz der Sendeverstärker bei reduzierter Leistung absinkt.
Aber betrachten wir doch einmal die Absolutwerte, über die wir sprechen:
im Datenblatt der zitierten Ericsson Antenne steht unter Vollast (worst case maximal 200Watt an der Antenne) eine Primär-Leistungsaufnahme von <1kW
Bei quasi "null-Last" (Sendeverstärker senden nur mit <5%) wird sich die Leistungsaufnahme eines Class AB-Verstärkers auf (schätzungsweise) 20% reduzieren.
Bei 24 Stunden mal 200 Watt wären dass ca 5kWh pro Tag (nur für den Standby) .
Entsprechend 4 Weihnachts-Lichterketten mit 16 (Glühlampen-) Kerzen.
Vom Energiegehalt entspricht dies ca 0,6 Liter Benzin
Wer also täglich mit dem Auto zur Arbeit pendelt, wird dabei im Vergleich zu einer 5G Antenne leicht ein Vielfaches an Energie für seine persönliche Bequemlichkeit verschleudern.
Und ich gehe mal davon aus, dass die 5G Basen bezüglich Energieeffizienz stetig verbessert werden, allein weil Energiesparen ("Stromkosten") im Interesse der Betreiber liegt.
K
Die große Thomas-Fluri-Kritik an der Metas-5G-Messempfehlung
Kuddel, Mittwoch, 10.01.2024, 22:31 (vor 322 Tagen) @ Kuddel
Bei 24 Stunden mal 200 Watt wären dass ca 5kWh pro Tag (nur für den Standby) .
Entsprechend 4 Weihnachts-Lichterketten mit 16 (Glühlampen-) Kerzen.
Oder dem Energieaufwand, der beim Video-Streaming anfällt.
zitat: Eine Stunde Video-Streaming in Full-HD-Auflösung benötigt 220 bis 370 Wattstunden elektrische Energie, abhängig vom verwendeten Endgerät.
Die große Thomas-Fluri-Kritik an der Metas-5G-Messempfehlung
H. Lamarr , München, Donnerstag, 11.01.2024, 15:20 (vor 321 Tagen) @ Kuddel
Mit einem Nutzer allein in einer Makrozelle könnte der Betreiber niemals einen Betriebsgewinn erzielen ...
Freut mich "Kuddel", dass Sie mal wieder hier reinschauen.
Gigaherz-Jakob faselt gerne von 1000 (und mehr) Nutzern in einer 5G-Funkzelle (Beispiel). Was halten Sie davon?
Konkrete Angaben zur Teilnehmerkapazität einer (typischen) 5G-Funkzelle mit Beamforming-Antennen konnte ich im www nicht auftreiben, Nils Kuster, der es eigentlich wissen muss, schrieb jedoch einmal, eine 5G-Funkzelle könne weniger Teilnehmer bedienen als eine LTE-Funkzelle. Mit Blick auf IoT ist jedoch häufig von extrem hohen Teilnehmerzahlen (IoT-Sensoren) pro Quadratkilometer zu lesen.
Also muss man mMn beachten, welche Datenmenge ein Teilnehmer, egal ob Mensch oder IoT-Sensor in einer 5G-Funkzelle abruft. Und weil bei Beamforming-Antennen im 3,x-GHz-Band TDD zum Einsatz kommt, muss auch dieses beachtet werden. Außerdem ist 5G in der Lage zu unterscheiden, wie viel Datenübertragungskapazität ein Teilnehmer abverlangt und liefert nicht mehr aus, als benötigt. Ergo kriegt ein IoT-Sensor am Zellenrand einen starken Beam nur extrem kurz zugeteilt, ein Streamer dagegen deutlich länger.
Nehmen wir mal an, ein Beam maximaler Stärke kann einen einzelnen Teilnehmer am Zellenrad mit 1 Gbit/s versorgen. Wegen TDD könnte der Beam auch zehn Teilnehmer am Zellenrand versorgen, dann aber jeden nur noch mit 100 Mbit/s, 100 Teilnehmer mit 10 Mbit/s und 1000 mit 1 Mbit/s, was für Videostreamen schon zu wenig wäre, für viele IoT-Sensoren aber mehr als genug.
Soweit kann ich mir die Teilnehmerkapazität einer 5G-Funkzelle im 3,x-GHz-Band noch selber herleiten. Aber wie sieht es mit dem TDD-Timing aus, könnte so eine Funkzelle auch 10'000 (oder mehr) wenig datenhungerige IoT-Sensoren versorgen?
Gigaherz-Jakob tut so, als wären die 1000 Teilnehmer allesamt Menschen, die pausenlos Videos streamten, so eine Funkzelle ständig im Volllastbetrieb halten und die Bevölkerung gnadenlos verstrahlen würden. Das ist mMn mit Sicherheit Blödsinn, schon weil wegen TDD die Immission zeitlich und wegen Beamforming räumlich verteilt und nicht ständig auf einen Ort konzentriert wird.
Wie schaut's aus: Sehe ich das richtig?
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Die große Thomas-Fluri-Kritik an der Metas-5G-Messempfehlung
Kuddel, Samstag, 03.02.2024, 22:48 (vor 298 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von Kuddel, Sonntag, 04.02.2024, 00:00
Freut mich "Kuddel", dass Sie mal wieder hier reinschauen.
von Zeit zu Zeit treibt mich doch noch die Neugier
Gigaherz-Jakob faselt gerne von 1000 (und mehr) Nutzern in einer 5G-Funkzelle (Beispiel). Was halten Sie davon?
Konkrete Angaben zur Teilnehmerkapazität einer (typischen) 5G-Funkzelle mit Beamforming-Antennen konnte ich im www nicht auftreiben, Nils Kuster, der es eigentlich wissen muss, schrieb jedoch einmal, eine 5G-Funkzelle könne weniger Teilnehmer bedienen als eine LTE-Funkzelle. Mit Blick auf IoT ist jedoch häufig von extrem hohen Teilnehmerzahlen (IoT-Sensoren) pro Quadratkilometer zu lesen.
Ich bin kein besonderer Experte auf dem Gebiet von 5G, kenne mich jedoch einigermaßen mit MIMO Prinzipien aus. Ich gehe schon davon aus, dass sich die Anzahl gleichzeitiger Verbindungen bei Umstellung auf 5G um ein Vielfaches erhöht, da mit Massive MIMO quasi virtuell die Anzahl der "Sektoren" gegenüber 4G vervielfacht, die jeweils zeitgleich unterschieldiche Nutzer adressieren können.
Der "Multiple Access" passiert nicht nur im Zeitbereich über "Zeitschlitze", sondern auch im Frequenzbereich über Zuweisung von OFDM(A) Unterträgern (quasi werden "Bruchteile" der Kanalbandbreite unterschieldichen Nutzern über die OFDM-Unterträger zugewiesen) sowie im räumlichen Bereich per MU-MIMO (Multiple User - Multiple Input-Multiple-Output).
Der Controller in der Basistation muss sich sozusagen "überlegen", wie er die vorhandene Zell-Kapazität am effizientesten über diese 3 Möglichkeiten auf die vorhandenen Nutzer aufteilt ("Zeit", "Frequenz" oder "Raum").
TDMA (=Aufteilung der Zell Kapazität über Zeitschlitze) wird eher für die geringeren Datenraten Anwendung kommen (wie IOT oder Sprache), oder falls sich ein Nutzer am Zellrand befindet und nur versorgt werden kann, indem zumindest kurzfristig (per Zeitschlitz) der maximale Antennengewinn auf ihn gerichtet wird.
Bei den beiden anderen Methoden (Mutliple User per Frequenz und Raum) ist es nämlich so, dass mit zunehmender Zahl der Nutzer sich der "Beam" der Antenne aufweitet und sich der Antennengewinn entsprechend dem größeren Abstrahlwinkel(auf mehrere gleichzeitige Nutzer) reduziert.
Also muss man mMn beachten, welche Datenmenge ein Teilnehmer, egal ob Mensch oder IoT-Sensor in einer 5G-Funkzelle abruft. Und weil bei Beamforming-Antennen im 3,x-GHz-Band TDD zum Einsatz kommt, muss auch dieses beachtet werden. Außerdem ist 5G in der Lage zu unterscheiden, wie viel Datenübertragungskapazität ein Teilnehmer abverlangt und liefert nicht mehr aus, als benötigt. Ergo kriegt ein IoT-Sensor am Zellenrand einen starken Beam nur extrem kurz zugeteilt, ein Streamer dagegen deutlich länger.
Die Kapazität wird nicht nur über Zeitschlitze verteilt, sondern auch über OFDMA Unterträger .
Die Kanalbandbereite ist z.B. 10MHz, der Unterträgerabstand 15kHz => dann verfügt die Basis über ca 600 Unterträger (zeitgleich !)
Der Controller in der Basis hat "die Wahl", ob er das IOT Gerät über viele Unterträger für eine sehr kurze Zeit versorgt, oder über sehr wenige Unterträger über einen entsprechend längeren Zeitschlitz.
Die Unterträger können beim "Beamforming" prinzipiell (zeitgleich) in verschiedene Richtungen mit maximal möglichem Antennengewinn gelenkt werden, so dass mehrere zig Nutzer simultan mit einer (geringen) Datenrate (= mit einem Bruchteil der Unterträger) versorgt werden könnten.
Allerdings: Da sich die Leistung des 10MHz Kanals auf die Unterträger gleichmäßig verteilt, hat jeder Untergräger nur einen Bruchteil der Gesamtleistung.
Bei z.B. 600 Unterträgern und 30 Watt Sendeleistung wären das 50mW Leistung pro Unterträger.
Wenn Nutzer "A" also 12 (von insgesamt 600) Unterträgern zugewiesen bekommt, würden 600mW der verfügbaren 30Watt per Strahl (beam) in "seine" Richtung gelenkt werden.
Zeitgleich könnten 12 andere Unterträger (600mW) in eine andere Richtung abgestrahlt werden , usw. Benötigt ein Nutzer eine höhere Datenrate, könnten ihm auch 24 , 36 oder 48 oder mehr Unterträger zugewiesen werden => in dem Fall würde sich die EIRP in "seine" Richtung entsprechend erhöhen.
Wenn also mehrere Beams in verschiedene Richtungen gelenkt werden, reduziert sich die "EIRP", da sich die 30 Watt Leistung über die Unterträger auf die verschiedenen Richtungen aufteilen
Nur wenn ein einziger Nutzer alle Unterträger und alle Zeitschlitze *zugleich* zugewiesen bekommt (weil kein anderer Nutzer Daten benötigt) , nur dann entsteht der Grenzfall der maximal möglichen EIRP. In diesem Beispiel würden alle 600 Unterträger per "beam" in die gleiche Richtung gelenkt werden würden.
Ich habe aber beim BFS gelesen, dass es dagegen einen Sicherheitsmechanismus gibt ("Safe-Power-Lock"), der verhindert, dass die EIRP zulässige Grenzwerte überschreitet. Die Basis "weiss" ja schliesslich, wieviel Leistung sie in welche Richtung sendet. Daher wird sie die Sendeleistung herunterregeln, falls dieser Grenzfall auftritt wenn nur ein- oder sehr wenige- Nutzer in unmittelbarer Nähe zueinander die gesamte Zellkapazizät abrufen
Meinem Verständnis nach kann die der Basis-Cotroller also per "Software" so konfiguriert werden, dass EIRP auf einen bestimmten Wert begrenzt wird.
Sobald viele Nutzer in der Zelle die Leistung in verschiedene Richtungen "lenken", wird sich die EIRP sowieso reduzieren.
Nehmen wir mal an, ein Beam maximaler Stärke kann einen einzelnen Teilnehmer am Zellenrad mit 1 Gbit/s versorgen. Wegen TDD könnte der Beam auch zehn Teilnehmer am Zellenrand versorgen, dann aber jeden nur noch mit 100 Mbit/s, 100 Teilnehmer mit 10 Mbit/s und 1000 mit 1 Mbit/s, was für Videostreamen schon zu wenig wäre, für viele IoT-Sensoren aber mehr als genug.
Soweit kann ich mir die Teilnehmerkapazität einer 5G-Funkzelle im 3,x-GHz-Band noch selber herleiten. Aber wie sieht es mit dem TDD-Timing aus, könnte so eine Funkzelle auch 10'000 (oder mehr) wenig datenhungerige IoT-Sensoren versorgen?
Ich bin ehrlich gesagt nicht mit den technischen 5-G Parametern vertraut, aber ich schätze mal grob unter vernachlässigung vom "Overhead" (z.B Pilotträger, Kotrollkanäle etc) :
Der minimale Zeitschlitz (ich schätze ca 7 OFDM Symbole) dürfe um die 500us liegen, während ein "Frame" üblicherweise 10ms beträgt. D.h. es passen ca 20 Zeitschlitze in einen 10ms Frame.
Nehmen wir an, 33% des Frames seien Uplink-Zeit und 66% downlink-Zeit (TDD=Time Domain Duplex)
Ferner gibt es bei einem 10MHz Kanal ca 600 OFDM Einzelträger, wobei immer minimal 12 Träger zu einem "Subkanal" gebündelt werden und möglicherweis 1/3 der Träger fürs Protokoll-Handling und Redundanz draufgehen. D.h. es gibt ca 50 Sub-Kanäle" (*0,66) = 33 Daten-Sub-Träger, die in 20 (*0,66) = 13 Downlink Zeitschlitze aufgeteilt werden könnten. Das allein ergäbe die Möglichkeit ca 260 "IOT-Geräte" innerhalb eines 10ms-Frames zu versorgen... allerdings nur mit minimalsten Datenraten. Wird jedes IOT Gerät nur jeden 10 Frame, also alle 100mS adressiert, könnten schon 2600 IOT Geräte versorgt werden
Gigaherz-Jakob tut so, als wären die 1000 Teilnehmer allesamt Menschen, die pausenlos Videos streamten, so eine Funkzelle ständig im Volllastbetrieb halten und die Bevölkerung gnadenlos verstrahlen würden. Das ist mMn mit Sicherheit Blödsinn, schon weil wegen TDD die Immission zeitlich und wegen Beamforming räumlich verteilt und nicht ständig auf einen Ort konzentriert wird.
1000 Teilnehmer gleichzeitig wären "strahlungstechnisch" der unkritischte Fall, weil sich die Leistung der Basis dann auf die Versorgungs-Fläche der 1000 Teilnehmer verteilen würde
Der ungünstigste (Grenz) Fall ist, wenn ein Teilnehmer allein sämtliche Kapazität der Basis abruft , da sich die verfügbare Leistung dann ein einem "schmalen" Strahl bündeln könnte. Vermutlich greift dann der "Safelock" Mechanismus.
Wie gesagt, ich bin kein ausgewiesener 5G "Experte", sondern verfüge nur über ein gesundes Halbwissen...
K
Die große Thomas-Fluri-Kritik an der Metas-5G-Messempfehlung
H. Lamarr , München, Sonntag, 04.02.2024, 20:29 (vor 297 Tagen) @ Kuddel
Wie gesagt, ich bin kein ausgewiesener 5G "Experte", sondern verfüge nur über ein gesundes Halbwissen...
Und trotzdem haben Sie's wieder geschafft, den technisch doch ziemlich verzwickten Sachverhalt so verständlich darzustellen, dass sogar ich der Meinung bin, ihn verstanden zu haben.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-Kritik: kleiner Faktencheck
H. Lamarr , München, Dienstag, 16.01.2024, 18:23 (vor 316 Tagen) @ H. Lamarr
Die (unveröffentlichte) Endfassung sollte später 33 Seiten umfassen.
Die 33-seitige Endfassung der Fluri-Kritik an der Metas-Messempfehlung für 5G ist bei Diagnose-Funk zu haben. Und selbstverständlich ist der Verein von der Kritik nicht weniger begeistert als Gigaherz. Tatsächlich ist die Endfassung merklich besser als der weiter oben verlinkte Zwischenstand. Anlass zur Begeisterung sehe ich bei dem Papier jedoch nicht, denn auch Thomas Fluri kocht, wie praktisch alle "Experten" der Anti-Mobilfunkszene, nur mit Wasser.
Da es nicht meine Aufgabe ist, die Metas-Messempfehlung zu verteidigen, habe ich Fluris Endfassung nur oberflächlich durchgeblättert und nach offensichtlichen Ungereimtheiten Ausschau gehalten, die mit der zweifelhaften Begeisterung der Gegner nicht in Einklang zu bringen sind.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-5G-Kritik: kleiner Faktencheck (I)
H. Lamarr , München, Dienstag, 16.01.2024, 22:24 (vor 316 Tagen) @ H. Lamarr
Gigaherz-Jakob rühmt die Kritik als "hoch-technische, mathematische und physikalische Abrechnung". Ist sie das wirklich?
Viel Copy-Paste
Blättert man das Papier durch, stößt man in der Tat auf allerlei komplizierte mathematische Gleichungen, auf Diagramme und Schaubilder. Das Papier erweckt damit den Anschein einer für Laien unverständlichen wissenschaftlichen Abhandlung auf hohem Niveau. Wer die anspruchsvollen Passagen jedoch nicht erschrocken überblättert, sondern versucht diese nachzuvollziehen, bemerkt schnell: Fluri hat sich Gleichungen, Diagramme und Schaubilder aus der Fachliteratur besorgt und mit Copy-Paste in seine Kritik eingefügt. Verboten ist dies nicht, schließlich ist die Kritik keine Doktorarbeit, sondern Fluris Privatvergnügen gewesen.
Üblicherweise referenzieren wissenschaftliche Autoren Inhalte, die sie von fremden Quellen übernommen haben, bei jedem Vorkommen mit eindeutigen Quellenangaben, damit Leser die Quelle zuordnen und dort nachschlagen können. Die Mühe hat sich Fluri jedoch nicht gemacht. Seine 16 Quellenangaben sind häufig nicht punktgenau, gleich mehrere Quellen gelten nicht selten für komplette Abschnitte seiner Kritik. Lediglich vier Quellen sind verlinkt. Das macht es unnötig schwierig, insbesondere in Abschnitt 3 mit den vielen wunderschönen Gleichungen, die zutreffende Quelle herauszufinden.
Weniger wäre mehr gewesen
Aus meiner Sicht hätte Fluri ohne nennenswerten Subtanzverlust auch vieles von dem weglassen können, was seinem Text die "wissenschaftliche" Note verleiht. Denn beim Querlesen fragte ich mich, warum er das eine oder andere überhaupt langatmig erzählt, wenn sein Fazit anschließend nichtssagend ausfällt. Ein Beispiel dafür wäre Abschnitt 2.2 (Nutzen eines Array Gains), der sich über fast zwei Seiten wälzt und dann einsilbig mit dem Fazit endet: "die SE wächst nur logarithmisch mit der Anzahl M Empfangsantennen." Na und? Hat jemand anderes behauptet und was ist am "nur logarithmischen" Zuwachs denn so schlimm? Ist es nicht so, dass mit diesem Zuwachs die Anzahl der erforderlichen Antennen M wächst, was der Spektralen Effizienz gut tut, der erwünschten Skalierbarkeit von 5G-Netzen aber nicht? Glaubt man den Autoren dieser Studie, sind Massive-Mimo-Antennen in ULA-Konfiguration (Uniform Linear Array) künftig ein Ausweg aus dem Dilemma, damit soll sich in kommenden 5G-Netzen die SE geradezu phänomenal verbessern lassen, für mm-Wellen empfehlen sich dann Sub-ULA-Konfigurationen.
Alles in allem drängt sich bei mir der Verdacht auf der Elektroingenieur wollte mit seiner pompös geratenen Metas-Kritik lediglich seinen technisch weit abgeschlagenen Mitstreitern im Kampf gegen Elektrosmog imponieren und nicht etwa Metas in Verlegenheit bringen. Darauf deutet die gespenstische Stille hin, die sich seit ihrem Auftauchen in Kreisen der Mobilfunkgegner (Februar 2021) über die "Fachtechnische Beurteilung" gelegt hat. Es ist noch nicht einmal ersichtlich dokumentiert, ob Thomas Fluri sein Papier überhaupt bei Metas in Bern-Wabern einreichte oder ob er es vorzog, seine Kritik nur in der einschlägigen Szene zu verbreiten. Dokumentiert ist hingegen dass die Kritik folgenlos an der Metas-5G-Messempfehlung abprallte. Denn wer sich die Messempfehlung heute angelt, bekommt nach wie vor die 25-seitige Fassung 2.1 vom 20. April 2020 an den Haken.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-5G-Kritik: kleiner Faktencheck (II)
H. Lamarr , München, Mittwoch, 17.01.2024, 20:12 (vor 315 Tagen) @ H. Lamarr
Zitat Fluri (Seite 14 von 33):
Die adaptiven massiv MIMO Antennen werden aktuell vorwiegend für die Übertragung 5G NR Fast verwendet, kommen aber zukünftig auch bei LTE/4G bzw. UMTS/3G zum Einsatz, dieser ist also technologieunabhängig, s. BAFU Information an die Kantone, „Mobilfunk und Strahlung: Aufbau der 5G-Netze in der Schweiz», vom 17.04.19).
Massive-Mimo-Antennen für UMTS? Diese Behauptung kaufe ich Fluri aus mehreren Gründen nicht ab, auch wenn er sich auf das Bafu beruft. Auch LTE wird diese Antennen eher nicht bekommen.
Begründung
► Die besagte Bafu-Information vom 17.04.2019 an die Kantone bestätigt Fluris Behauptung an keiner Stelle. Dort ist im Kontext lediglich die Binsenweisheit erwähnt, die NISV sei "technologieneutral". Fluri muss das Papier gründlich missverstanden haben.
► UMTS wird in der Schweiz von allen Mobilfunkbetreibern im 900-MHz-Band für Sprachtelefonie verwendet (Flächenversorgung). Der geringe Bandbreitenbedarf von Sprachtelefonie erfordert keine (teuren) Massive-Mimo-Antennen, es genügen herkömmliche Antennen. Früher wurde UMTS auch im 2,1-GHz-Band genutzt, Swisscom stellte bereits im Oktober 2019 von UMTS um auf LTE. Zudem steht das Betriebsende von UMTS bei Swisscom (Ende 2025) und Sunrise (Ende 2026) bevor, Investitionen in neue Antennen ergeben so keinen Sinn. Salt hat noch keinen Abschalttermin genannt. (Quelle)
► Eine typische Massive-Mimo-Antenne wie das Modell AIR 6488 (Stückpreis bei Alibaba 5'000 US-$) für das Band B42 (3,4 GHz ... 3,6 GHz) enthält 64 Sende-/Empfangsantennen und ist deshalb schon ziemlich groß (82 cm x 40 cm x 26 cm) und schwer (50 kg). Üblicherweise sind die internen Antennen λ/2-Dipole (Kreuzdipole). Bei 3,5 GHz (Wellenlänge λ=8,6 cm) misst so ein Dipol 4,3 cm. Wie groß wäre er bei 900 MHz? Er käme auf 16,6 cm. Eine vergleichbare Massive-Mimo-Antenne (64TX/64RX) im 900-MHz-Band wäre etwa 4-mal so groß wie eine im 3,6-GHz-Band. Wie sollte so ein Gigant noch handhabbar sein? Gar nicht, egal welches Funksystem (UMTS, LTE, 5G) im 900-MHz-Band zum Einsatz kommt! Bei höheren Trägerfrequenzen von z.B. 2,6 GHz (LTE) ist der Größenzuwachs nicht so dramatisch, er ist aber mMn noch immer groß genug, um bei vielen kleineren Antennenträgern Probleme mit dem verfügbaren Platz und/oder der Statik zu machen. Massive-Mimo scheidet daher aus meiner Sicht pauschal für Trägerfrequenzen < 3 GHz aus.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-5G-Kritik: kleiner Faktencheck (III)
H. Lamarr , München, Donnerstag, 18.01.2024, 19:00 (vor 314 Tagen) @ H. Lamarr
Zitat Fluri (Seite 27 von 33):
Anmerkung zur Forderung nach einem Reduktionsfaktor:
Diese beruht auf der Basis der ICNIRP „Empfehlungen“ und dem diesen zugrundeliegenden thermischen Gesundheitschädigungs Dogma , die HF-EMF Befeldung wird über 6 Minuten gemittelt. [...]
Sorgfältige Recherche gehört nicht zu den Stärken des "elektrosensiblen" Elektroingenieurs. Denn offensichtlich hat er die geltenden Original-Icnirp-Richtlinien von 2020 nicht gelesen, sondern sich aus einer ungenannten Sekundärquelle bedient.
Icnirp unterscheidet bei der Mittelungsdauer der infolge von HF-EMF-Exposition in einem Menschen auftretenden SAR-Momentanwerte zwischen Teilkörperexposition und Ganzkörperexposition. Für Teilkörperexposition empfiehlt Icnirp eine Mittelungsdauer von 6 Minuten, für Ganzkörperexposition hingegen 30 Minuten. Da sich Fluris Kritik einzig und allein um Funkmasten dreht (Ganzkörperexposition) und nicht um Mobiltelefone (Teilkörperexposition), hat er sich die falsche Mittelungsdauer geangelt. Richtig gewesen wären 30 Minuten.
Möglicherweise hat Fluri die Mittelungsdauer auch mit etwas anderem verwechselt, nämlich gemäß NISV (Anhang 2, Ziffer 11) mit dem Immissionsgrenzwert, der für den über 6 Minuten gemittelten Effektivwert der elektrischen Feldstärke gilt.
In den Icnirp-Richtlinien sind die genannten Mittelungszeiten auf Seite 10 (von 43) in Tabelle 2 nachzulesen. Eine Seite weiter gehen die Autoren genauer auf die Mittelungsdauer von 30 Minuten ein:
[...] Thus the basic restriction for occupational exposure becomes a whole-body average SAR of 0.4 W/kg, averaged over 30 min. Although this means that SAR can be larger for smaller time intervals, this will not affect body core temperature rise appreciably because the temperature will be “averaged-out” within the body over the 30-min interval, and it is this time-averaged temperature rise that is relevant here. Further, as both whole-body and local restrictions must be met simultaneously, exposures sufficiently high to be hazardous locally will be protected against by the local restrictions described below. As the general public cannot be expected to be aware of exposures and thus to mitigate risk, a reduction factor of 50 was applied for the general public, making the whole-body average SAR restriction for the general public 0.08 W/kg, averaged over 30 min. [...]
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-5G-Kritik: kleiner Faktencheck (IV)
H. Lamarr , München, Donnerstag, 18.01.2024, 20:25 (vor 314 Tagen) @ H. Lamarr
Zitat Fluri (Seite 27 von 33):
[...] Das ICNIRP thermische Dogma ist längst durch die (unabhängige) Wissenschaft widerlegt,
Zitate aus dem jüngsten BERENIS Newsletter von Januar 2021, Ref. [12]
„…dass EMF-Exposition, sogar im niedrigen Dosisbereich, durchaus zu Veränderungen des oxidativen
Gleichgewichtes führen kann.“
„Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Mehrzahl der Tierstudien und mehr als die Hälfte
der Zellstudien Hinweise auf vermehrten oxidativen Stress durch HF-EMF und NF-MF gibt. Dies
beruht auf Beobachtungen bei einer Vielzahl von Zelltypen, Expositionszeiten und Dosierungen (SAR
oder Feldstärken), auch im Bereich der Anlagegrenzwerte.“ [...]
In Sachfragen der Elektrotechnik kann dem Elektroingenieur eine gewisse Fachkompetenz nicht rundweg abgesprochen werden. Mit seiner obigen Äußerung wagt er sich jedoch auf ihm unbekanntes Terrain und plappert nach, was fachlich unqualifizierte Kaffeesatzleser in maßloser Selbstüberschätzung in den Berenis-Newesletter vom Januar 2021 hinein interpretiert haben. Übrigens zur Belustigung der Autoren des besagten Newsletters (Mevissen & Schürmann).
Einwände gegen Überinterpretationen der Mevissen/Schürmann-Review
Da zu dem Berenis-Newsletter vom Januar 2021 schon alles gesagt wurde, nur noch nicht von jedem, erspare ich mir Wiederholungen und setzte stattdessen nur einige Links zu Manöverkritiken:
► Berenis stuft oxidativen Stress durch EMF als Risiko ein
► Oxidativer Stress: Vorbehalt gegen alkalischen Comet Assay
► Gigaherz: "Es ist aus und vorbei"
► Mevissen/Schürmann-Review: Stellungnahme des BfS
► Mevissen/Schürmann-Review: Wertung durch SSK
Bafu weist Gigaherz-Jakob überlegen in die Schranken
Mitte 2021 äußerte sich auch das Bafu aus meiner Sicht sehr prägnant zu dem Getöse um oxidativen Stress infolge EMF-Exposition. Ohne ihn beim Namen zu nennen, geht das Amt auch auf Gigaherz-Jakobs "Es ist aus und vorbei"-Fieberphantasie ein, mit der er die Anlagegrenzwerte selbstgewiss in Gefährdungsgrenzwerte umetikettierte. Das Amt lässt hingegen überlegen Gelassenheit walten. Die Äußerung des Bafu (anschließend kursiv wiedergegeben) ist in diesem Dokument auf Seite 4 (von 6) enthalten.
In der Sonderausgabe des BERENIS-Newsletters von Januar 2021 zu oxidativem Stress halten die Autorin und der Autor fest, dass die Mehrzahl der Zell- und Tierstudien Hinweise auf vermehrten oxidativen Stress bei Exposition mit nichtionisierender Strahlung liefert, dies selbst bei niedrigen Intensitäten. Ob damit auch langfristige oder gesundheitliche Auswirkungen für den Menschen verbunden sind, lässt sich aus den Studien nicht ableiten. Um diese Beobachtungen besser zu verstehen und zu bestätigen, sind gemäss BERENIS weitere Untersuchungen erforderlich.
Solche Hinweise und Wissenslücken sind für das BAFU Grund, sich weiterhin für eine konsequente Umsetzung des Vorsorgeprinzips einzusetzen. Die vorsorgliche Begrenzung der Emissionen nach dem Umweltschutzgesetz (USG) und speziell nach der NISV soll die Exposition der Bevölkerung tief halten und so auch das Risiko für allfällige, heute noch nicht klar erkennbare Gesundheitsfolgen verringern. Dies deckt sich mit der Haltung von BERENIS. In einer Sonderausgabe von Juli 2020 zu den neuen Richtlinien der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung ICNIRP hat sich BERENIS zum aktuellen Wissenstand – inkl. den Hinweisen auf oxidativen Stress – und den geltenden Grenzwerten wie folgt geäussert (Newsletter BERENIS, Sonderausgabe Juli 2020):
«Grundsätzlich hat sich mit den neuen [ICNIRP-]Richtwerten das Schutzniveau der Bevölkerung nicht verändert. […] Auch wenn gemäss ICNIRP unterhalb der HF-EMF [hochfrequente elektromagnetische Felder] Immissionsgrenzwerte keine gesundheitlichen Wirkungen nachgewiesen werden konnten, gibt es diesbezüglich noch einige Unsicherheiten. Es gibt ausreichend Evidenz, dass HF-EMF Exposition des Gehirns im Bereich von 1-2 W/kg messbare Einflüsse auf die elektrische Aktivität des Gehirns hat. In Zell- und Tierstudien finden sich auch unterhalb der Grenzwerte relativ konsistente Einflüsse auf oxidativen Stress und auf zelluläre Signalwege, wobei unklar ist, ob damit langfristige gesundheitliche Folgen verbunden sind. […] Aufgrund dieser Unsicherheiten empfiehlt BERENIS weiterhin die konsequente Anwendung des Vorsorgeprinzips. In der Schweiz ist das Vorsorgeprinzip für Immissionen von fest installierten Sendeanlagen (z.B. Mobilfunkbasisstationen und Rundfunksender) mit dem Anlagegrenzwert der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) konkretisiert.»
Die Anlagegrenzwerte der NISV sind vorsorgliche Emissionsbegrenzungen nach Artikel 11 Absatz 2 USG. Sie stützen sich nicht auf medizinische oder biologische Erkenntnisse, sondern sind – wie vom USG vorgegeben – anhand technischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Kriterien festgelegt worden. Dabei hat der Verordnungsgeber auch dem Schutz vor allfälligen noch unbekannten Gesundheitsgefährdungen Rechnung getragen, indem eine Sicherheitsmarge gegenüber dem Immissionsgrenzwert berücksichtigt wurde. Aufgrund der Art und Weise, wie die Höhe der Anlagegrenzwerte festgelegt worden ist, handelt es sich nicht um Unbedenklichkeitswerte, und ihre Einhaltung garantiert auch nicht, dass sich jede gesundheitliche Auswirkung ausschliessen lässt. Umgekehrt bedeutet es aber auch nicht, dass negative Auswirkungen auftreten, falls die Anlagegrenzwerte überschritten sind.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-5G-Kritik: kleiner Faktencheck (V)
H. Lamarr , München, Freitag, 19.01.2024, 21:47 (vor 313 Tagen) @ H. Lamarr
Zitat Fluri (Seite 24 von 33)
Die angeblichen Vorteile der erhöhten Datenübertragungskapazität von adaptiven massiv MIMO Antennen haben einen Preis!
Ein Blick auf die ERP Leistungsangaben genügt:
ERP Leistung einer typischen 200 Watt adaptiven massiv MIMO Antenne mit typischer
ERP Gain von 150, resultierende abgestrahlte Leistung 30‘000 Watt
Vergleich mit einer typischen passiven Antenne, Einspeiseleistungen von ca. 100Watt
typische ERP Gain 30, resultierende abgestrahlte Leistung: 3000 Watt.
Der Preis ist ein Faktor 10 Mehrbelastung durch Mikrowellenbefeldung!
Von Äpfeln & Birnen ...
Der Elektroingenieur lässt in der zitierten Textpassage gleich mehrere Fünfen gerade sein. So hat er ganz vergessen zu erwähnen, dass seine Leistungsangaben Maximalwerte sind, die, wenn überhaupt, in der Praxis nur selten erreicht werden. Mag sinngemäß schon sein, dass ein Sportwagen mit Tempo 250 km/h über eine deutsche Autobahn brettern kann und dies zuweilen auch der Fall ist, Fluri tut aber so, als würde der Wagen überall und ständig dieses Tempo haben, in Spielstraßen, in Städten, auf Landstraßen ...
Außerdem lässt Fluri die räumliche und zeitliche Variabilität der Immission durch eine Massive-Mimo-Antenne sträflich außer Acht und tut so, als ob "intelligente" adaptive Antennen ihre Funkfelder genauso ausstrahlen würden wie "dumme" herkömmliche Antennen. Doch damit ist er ohne wenn & aber auf dem Holzweg.
30'000 Watt auf Biegen & Brechen
Fluris Vergleichsrechnung hinkt noch anderweitig, doch darum geht es mir hier und jetzt nicht, sondern um Fluris Rechenkunst.
Wer Fluris Angaben oben nachrechnet, auch Grundschülern sollte dies schon möglich sein, wird schnell feststellen, seine Leistungsangaben sind rein rechnerisch gesehen korrekt.
So weit, so gut. Doch jetzt bitte in Fluris Kritik weiterblättern auf Seite 29 (von 33). Dort tauchen die mörderischen 30'000 Watt noch einmal auf, diesmal im Zusammenhang mit der "Compliance Distance", die nichts anderes ist als der Sicherheitsabstand, der zwischen einer Funkantenne und dem Daueraufenthaltsort einer Person gegeben sein muss. Da beruflich exponierte Personen stärker befeldet werden dürfen als Privatpersonen, sind auf Seite 29 zwei Sicherheitsabstände genannt: Ein kleiner für Arbeitnehmer und ein großer für Privatleute.
Fluri zeigt die Formel zur Berechnung der Sicherheitsabstände und nennt konkrete Zahlenwerte für die Größen in der Formel. So weit ist noch alles im grünen Bereich. Wie auf Seite 24 beziffert er die in die Antenne eingespeiste Sendeleistung mit 200 Watt. Den Antennengewinn (Gain) aber hebt er von Faktor 150 auf 250 an! Daraus resultiert eine Strahlungsleistung von 200 Watt x 250 = 50'000 Watt. Nicht so bei Fluri, er bleibt auf Seite 29 bei seinen 30'000 Watt und verschenkt damit 20'000 Watt, die sich bestens für noch mehr Panikmache geeignet hätten . Da er sich zu seinem Nachteil vertan hat ist der Fehler nicht tragisch, Schlamperei hat in einer "Fachtechnischen Beurteilung" jedoch grundsätzlich nichts zu suchen.
Wie der Elektroingenieur darauf gekommen ist, dass eine Massive-Mimo-Antenne vom Typ AIR 6488 B42 mit einem Antennengewinn von Faktor 250 aufwartet, ist mir ein Rätsel. Denn das Datenblatt dieser Antenne gibt dazu keine Auskunft und Fluri verrät nicht, von wem er sich seinen Wert besorgt hat.
Sendeleistung vs. Strahlungsleistung (ERP)
Zum Schluss dieser Folge sei mir noch der Hinweis erlaubt, dass die Zahlenspielerei von Mobilfunkgegnern mit riesigen ERP-Leistungswerten so oder so blanker Unsinn ist, der allein dem Zweck dient, Laien irrationale Ängste gegenüber Funkwellen zu injizieren. Fluri hat sich den Unsinn wahrscheinlich bei Gigaherz-Jakob abgeschaut, der seit etwa 15 Jahren jeglichen Versuch abgewehrt hat, ihm klar zu machen, dass Antennen passive Bauelemente sind, die eine eingespeiste Sendeleistung nicht verstärken können. Was aussieht wie eine Verstärkung ist nur das Ergebnis einer Verformung des Antennendiagramms infolge der konstruktiv bedingten Richtwirkung von Richtantennen. Wer behauptet, aus 200 Watt Speiseleistung mache eine Massive-Mimo-Antenne 30'000 Watt Sendeleistung, hat das nicht verstanden.
In Deutschland ist es einfach, dort heißt die am Fußpunkt einer Antenne (Richtantenne) eingespeiste Leistung "Sendeleistung". Die von einer Antenne infolge ihrer Richtwirkung (Antennengewinn) gebündelt abgestrahlte Leistung heißt "Strahlungsleistung" oder ERP (Effektive Radiated Power). In der Schweiz ist es aus mir nicht bekannten Gründen anders. Dort ist in Standortdatenblättern mit "ERP: Sendeleistung" nur von einer mMn irreführenden Kreuzung der beiden in Deutschland gebräuchlichen Begriffe die Rede (Beispiel). Ganz sicher bin ich mir nicht, vieles deutet aber darauf hin, dass der Schweizer Begriff mit der deutschen Strahlungsleistung identisch ist, der Wert also bereits den Antennengewinn berücksichtigt. Sollte dies zutreffen, darf die ERP-Sendeleistung natürlich nicht noch einmal mit dem Antennengewinn multipliziert werden!
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Sendeleistung ERP vs. Strahlungsleistung ERP
H. Lamarr , München, Freitag, 19.01.2024, 22:33 (vor 313 Tagen) @ H. Lamarr
In Deutschland ist es einfach, dort heißt die am Fußpunkt einer Antenne (Richtantenne) eingespeiste Leistung "Sendeleistung". Die von einer Antenne infolge ihrer Richtwirkung (Antennengewinn) gebündelt abgestrahlte Leistung heißt "Strahlungsleistung" oder ERP (Effektive Radiated Power). In der Schweiz ist es aus mir nicht bekannten Gründen anders. Dort ist in Standortdatenblättern mit "ERP: Sendeleistung" nur von einer mMn irreführenden Kreuzung der beiden in Deutschland gebräuchlichen Begriffe die Rede (Beispiel). Ganz sicher bin ich mir nicht, vieles deutet aber darauf hin, dass der Schweizer Begriff mit der deutschen Strahlungsleistung identisch ist, der Wert also bereits den Antennengewinn berücksichtigt. Sollte dies zutreffen, darf die ERP-Sendeleistung natürlich nicht noch einmal mit dem Antennengewinn multipliziert werden!
Beim Bafu ist die Terminologie mal so (Sendeleistung ERP), mal anders (Strahlungsleistung ERP). Eine Vergleichsabfrage beider Begriffe mit Google auf der Bafu-Website ergab soeben folgende Trefferanzahlen:
Sendeleistung ERP: 91 Treffer laut Google
Strahlungsleistung ERP: 17 Treffer laut Google
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
ERP oder nicht ERP?
Gustav, Sonntag, 21.01.2024, 15:37 (vor 311 Tagen) @ H. Lamarr
Auch die Fachwelt ist sich nicht ganz einig, ob es nun "effektive" oder eher "äquivalente" Strahlungsleistung heissen müsste. Für Laien ist es umso schwieriger.
Wenn ich mich 50m vor eine (idealisierte) Isotropischen Antenne hinstelle, und diese Sendeantenne hat eine bestimmte Sendeleistung, dann bekomme ich nur einen sehr kleinen Teil dieser Strahlung ab. Der grosse Rest geht in die entgegengesetzte Richtung, in den Boden und in den Weltraum.
Die Angabe der ERP hat also durchaus seine Berechtigung. Wenn ich nun so eine Antenne mit einer ERP Strahlungsleistung von sagen wir mal 20'000W ERP umarme und deren gesamte Strahlung in mich aufnehme, dann sind es eben nicht 20'000W die meinen Körper verstrahlen, sondern nur die typischen 100W.
Aber das verstehen Mobilfunkkritiker nicht, oder sie wollen es nicht verstehen.
Fluris große Metas-5G-Kritik: 150 (ERP) = 250 (EIRP)
H. Lamarr , München, Montag, 22.01.2024, 19:41 (vor 310 Tagen) @ H. Lamarr
Fluri zeigt die Formel zur Berechnung der Sicherheitsabstände und nennt konkrete Zahlenwerte für die Größen in der Formel. So weit ist noch alles im grünen Bereich. Wie auf Seite 24 beziffert er die in die Antenne eingespeiste Sendeleistung mit 200 Watt. Den Antennengewinn (Gain) aber hebt er von Faktor 150 auf 250 an! Daraus resultiert eine Strahlungsleistung von 200 Watt x 250 = 50'000 Watt. Nicht so bei Fluri, er bleibt auf Seite 29 bei seinen 30'000 Watt und verschenkt damit 20'000 Watt, die sich bestens für noch mehr Panikmache geeignet hätten . Da er sich zu seinem Nachteil vertan hat ist der Fehler nicht tragisch, Schlamperei hat in einer "Fachtechnischen Beurteilung" jedoch grundsätzlich nichts zu suchen.
Elektroingenieur Fluri macht es einem nicht leicht. Auf Seite 24 nennt er einen Antennengewinn um Faktor 150 ERP. In diesem Fall ist die Bezugsantenne für den Faktor ein Halbwellendipol. Der auf Seite 29 genannte Antennengewinn um Faktor 250 EIRP bezieht sich jedoch nicht auf einen Halbwellendipol, sondern auf einen Isotropstrahler, also auf einen idealisierten Punktstrahler, der keine Richtwirkung hat und gleichmäßig in alle Richtungen abstrahlt. Warum Fluri unvermittelt die Bezugsantenne ändert, keine Ahnung. Vielleicht, weil die gefundene Formel zur Berechnung der «Compliance Distance», die er auf Seite 29 zeigt, nur für den Isotropstrahler gilt. Da ein Halbwellendipol jedoch gegenüber einem Isotropstrahler einen Gewinn von Faktor 1,64 aufweist, lassen sich Antennengewinne einfach umrechnen:
EIRP = ERP x 1,64
Setzt man Fluris ERP-Faktor 150 in die Gleichung ein, resultiert daraus ein EIRP-Faktor von 246, den Fluri auf 250 aufgerundet hat. Daraus schließe ich, Fluri redet auch bei der nicht näher benannten Antenne auf Seite 24 von dem gleichen Ericsson-Modell, das er auf Seite 29 beim Namen nennt.
Rechnet man nun die «Compliance Distance» (Sicherheitsabstand) mit dem Grenzwert 10 W/m² und dem EIRP-Faktor aus, komme ich nicht auf Fluris etwa 25 m, sondern ziemlich genau auf 20 m. Entweder stimmt an der Formel auf Seite 29 etwas nicht oder Fluri beziffert z.B. den EIRP-Antennengewinn zu niedrig.
Praktischen Wert hat die ganze Rechnerei mit den Sicherheitsabständen hier ohnehin nicht, denn die Ergebnisse sind bei Massive-Mimo-Antennen nur theoretisch erforderliche Maximalabstände, welche die zeitliche und räumliche Variabilität der tatsächlich abgestrahlten Beams völlig außer Acht lassen. Kluge Köpfe haben mit statistischen Methoden diese Variabilität berücksichtigt und sind verbindlich zu kleineren Sicherheitsabständen gekommen. Diese nun realistischen Sicherheitsabstände (bezogen auf Icnirp-Referenzwerte) beziffert das Datenblatt der von Fluri betrachteten Ericsson-Antenne AIR 6488 B42 auf 13,7 m (Privatpersonen) bzw. 6,2 m (beruflich exponierte Personen). Diese Werte gelten in Hauptstrahlrichtung vor der Antenne bei 200 W eingespeister Sendeleistung und einem TDD-Tastverhältnis im Downlink von 75 Prozent. Ericsson nennt zusätzlich etwas größere Abstandswerte für "Width" und "High", deren Bedeutung mir fremd ist und die im Text auch nicht erklärt wird.
Fazit: Die von Fluri berechneten Sicherheitsabstände sind um etwa Faktor 2 zu groß, da er eine Formel dafür verwendet hat, die für herkömmliche Mobilfunkantennen zutreffend sein mag, nicht aber für Massive-Mimo-Antennen.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-5G-Kritik: 150 (ERP) = 250 (EIRP)
H. Lamarr , München, Dienstag, 23.01.2024, 18:19 (vor 309 Tagen) @ H. Lamarr
Da ein Halbwellendipol jedoch gegenüber einem Isotropstrahler einen Gewinn von Faktor 1,64 aufweist, lassen sich Antennengewinne einfach umrechnen:
EIRP = ERP x 1,64
Der Faktor 1,64 taucht auch in den hier genannten Strahlungsleistungen wieder auf und erklärt die abweichenden Werte: 30'000 W x 1,64 = rd. 50'000 W.
Anders ausgedrückt: Damit ein isotroper Kugelstrahler die gleiche Leistungsdichte wie ein Halbwellendipol in Hauptstrahlrichtung erzeugt, muss der Kugelstrahler mit der 1,64-fachen Sendeleistung des Halbwellendipols gespeist werden. Klingt gut und ist doch für die allermeisten, die diese Zeilen lesen, nur unnützes Wissen. Auch bei Fluris Kritik hatte ich häufig den gleichen Eindruck ...
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fluris große Metas-Kritik: letzter kleiner Faktencheck (VI)
H. Lamarr , München, Dienstag, 23.01.2024, 20:19 (vor 309 Tagen) @ H. Lamarr
Zitat Fluri (Seite 29 von 33):
Fazit von Ericsson:
Size of exclusion zone makes 5G network roll-out a major problem or impossible
Zum Verständnis bitte in Fluris Kritik die Grafiken auf Seite 29 betrachten.
Ja stimmt, ein Entwickler von Ericsson hat das tatsächlich geschrieben. Aber: Fluri erweckt den Eindruck, das Zitat gelte weltweit pauschal für alle 5G-Netze. Dieser Eindruck ist falsch. Das Zitat gilt einzig und allein für 5G-Netze in Ländern, in denen nicht die Icnirp-Grenzwerte gelten, sondern 1/100 dieser Grenzwerte. Die Aussage trifft also in Europa nur für die Schweiz mit ihren Anlagegrenzwerten zu. Doch seitdem dort im Dezember 2021 die Korrekturfaktoren für die zulässige Strahlungsleistung von Massive-Mimo-Antennen eingeführt wurden, gilt die Ericsson-Aussage auch in der Schweiz nur noch mit erheblichen Abstrichen.
Fluri hat sich mMn einer Zitatverfälschung durch Weglassung schuldig gemacht. Wer diese Behauptung von mir nachprüfen möchte, muss wohl oder übel versuchen, mit Fluris Quellenangaben das Original-Ericsson-Dokument mit der besagten Aussage zu finden. Dies sind die verfügbaren Quellenangaben:
[10] „Impact of EMF limits on 5G networkroll-out“, ITU Workshop on 5G, EMF & Health, Warsaw, Ericsson, Christian Törnevik, December 5 , 2017
[11] „5G och EMF“, Ericsson, Ref. Doc. SSM, 2018-12-12
Um die Suche ein bisschen bequemer zu machen, habe ich nachfolgend für beide Quellen die Suchtreffer verlinkt, die mir heute Google beschert hat:
Quelle [10] - Suchtreffer
Quelle [11] - Suchtreffer
Und, fündig geworden?
Mir hat Google heute keinen einzigen Treffer zu dem Ericsson-Original geliefert, angeboten wurde mir nur belanglose Treffer zu Fluris Kritik.
Beleglos muss meine Behauptung der Zitatverfälschung dennoch niemand hinnehmen. Denn glücklicherweise hat lange vor Fluri Gigaherz-Präsident Jakob bereits Mitte 2018 Schindluder mit Informationen von Ericsson getrieben. Im Gegensatz zu Fluri nannte Jakob seinerzeit überhaupt keine bibliographischen Quellenangaben, geschweige denn, dass er einen Link preisgab, um seine Behauptungen zu belegen. Notgedrungen machte ich mich im www mit wechselnden Suchbegriffen irgendwann auf die Pirsch nach dem Original. Das dauerte. Mitte 2019 aber hatte ich das Original gefunden und konnte Jakob damit gründlich widerlegen. Wie sich herausstellte, bediente sich auch Jakob u.a. der Verfälschung durch Weglassung.
Hier also der Link zum Ericsson-Originaldokument, aus dem auch Fluri Nektar saugte.
Wer ein bisschen was von Funktechnik versteht wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, vergleicht er das Original mit dem, was Fluri daraus auf Seite 29 seiner Kritik gezaubert hat. Kommt Fluri für eine Antenne vom Typ AIR 6488 B42 mit den Schweizer Anlagegrenzwerten auf 250 m Sicherheitsabstand (horizontal) bzw. 140 m (vertikal) sind es im Original (Seite 9) nur 115 m bzw. 70 m. Kommt Fluri auf beängstigende 30'000 W ERP-Strahlungsleistung, sind es auf Seite 4 im Original nur 72 dBm entsprechend 15'850 W (EIRP) ...
Fazit: Wie die meisten Mobilfunkgegner bedient sich auch Thomas Fluri gerne des Tricks, nicht ganz einfach nachzuvollziehende technische Sachverhalte dramatischer darzustellen als sie tatsächlich sind. Fluri kann damit die gesamte (laienhafte) Schweizer Anti-Mobilfunk-Szene tief beeindrucken, mit Sicherheit aber nicht die EMF-Fachleute von Metas. So wird die große Fluri-Kritik vom Februar 2021 bis heute einzig und allein von der inhaltlich damit restlos überforderten kleinen Szene organisierter Mobilfunkgegner gefeiert. Doch inzwischen von der Zeit und den Fortschritten in der 5G-Messtechnik überrollt, ist sie selbst dort ein bedeutungsloser Anachronismus geworden. Der späte kleine Faktencheck an der Fluri-Kritik ist aus meiner Sicht dennoch nicht vergebens gewesen. Denn was öffentlich unwidersprochen bleibt, wird gerne irrtümlich für wahr gehalten. Der Faktencheck ist bei Weitem nicht vollständig, der erkennbare Ergebnistrend ist für mich jedoch schon so eindeutig, dass ich weitere Folgen für unnötig halte.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Die große Thomas-Fluri-Kritik in der Rechtsprechung
H. Lamarr , München, Sonntag, 11.02.2024, 20:40 (vor 290 Tagen) @ H. Lamarr
Im Februar 2023 war die große Thomas-Fluri-Kritik auch Gegenstand der Betrachtung in einem Urteil (1C_100/2021) des höchsten Schweizer Gerichts (Bundesgericht). Zwei Beschwerdeführer wollten u.a. mit der Fluri-Kritik den Nachweis erbringen, amtliche Abnahmemessungen an neuen Mobilfunkstandorten seien für adaptive 5G-Antennen untauglich. Das Gericht wollte sich dieser Auffassung nicht anschließen und folgte der Auffassung des Bafu. Hier der passende Auszug aus der Urteilsbegründung:
[...] Mit ihrer Verweisung auf die "Fachtechnische Beurteilung: Kritik an der von METAS vorgeschlagenen Messmethode (n) zu 5G NR Basisstationen mit adaptiven massiv MIMO Antennen - Frequenzbereich bis 6 GHz, 2021" von THOMAS FLURI können die Beschwerdeführenden nicht aufzeigen, inwiefern den Ausführungen des BAFU betreffend die Berücksichtigung von Reflexionen nicht gefolgt werden könnte. Danach werde mithilfe von Abnahmemessungen gerade überprüft, ob die aufgrund der bewilligten Betriebsparameter resultierenden elektrischen Feldstärken in der Umgebung der Anlage unterhalb des Anlagegrenzwerts lägen, da die rechnerische Prognose nicht allen Feinheiten der Ausbreitung der Strahlung Rechnung tragen könne. Eine Messung erfasse Signale aus allen Richtungen, womit der Mehrwegausbreitung und den Reflexionen bei adaptiven Antennen Rechnung getragen werde. Dies bestätigt das BAFU in seinem Bericht vom 21. Oktober 2022, indem es festhält, bei einer Abnahmemessung werde am gemessenen Ort mit empfindlicher Nutzung die Strahlung aus allen Richtungen erfasst, also auch solche, die nicht direkt von der Antenne eintreffe, sondern von einer Fläche (oder mehreren) reflektiert worden sei. Weiter hält das BAFU fest, bei adaptiven Antennen wiesen die Signalisierungskanäle, die bei einer Abnahmemessung erfasst würden, in der Regel ein anderes räumliches Abstrahlungsmuster auf als die Verkehrskanäle, die die nachgefragten Daten übertragen würden. Die Beams der Signalisierungskanäle würden zeitlich nacheinander ausgestrahlt. Gemäss Technischem Bericht des METAS müssten die Messgeräte die maximale elektrische Feldstärke jedes einzelnen "Signalisierungsbeams" erfassen und (quadratisch) addieren, wie wenn die "Signalisierungsbeams" gleichzeitig gesendet würden. Damit werde nicht nur die elektrische Feldstärke aus dem "Signalisierungsbeam" direkt in Richtung Messort erfasst, sondern auch die elektrische Feldstärke, die sich aus dem "Signalisierungsbeam" in eine andere Richtung, der in Richtung des Messorts reflektiert werde, ergebe. Die Hochrechnung erfolge dann von diesem summierten Antennendiagramm aus. Aus diesem Grund würden die Beiträge der Reflexionen an der am Messort vorhandenen elektrischen Feldstärke korrekt erfasst. [...]
Wer nicht hören will, muss fühlen
Ich kann mich nur wiederholen. Wer mit geringem Aufwand tieferen Einblick in die Mobilfunkdebatte nehmen möchte, der ist mit der Lektüre von "Mobilfunkurteilen" gut beraten. Nirgendwo sonst lässt sich kompetente und verständlich dargelegte Information über Streitfragen der Technik so umfassend, bequem und unentgeltlich abgreifen. Gigaherz-Jakob lässt deshalb keine Gelegenheit aus, Richter und Gerichte als ahnungslose Laien hinzustellen, die nur nachplappern würden, was Ämter und Mobilfunkindustrie ihnen einsagen würden.
Mag schon sein, dass Richter keine HF-Messtechniker sind und deshalb Informationen dort einholen, wo sie sich kompetente Auskünfte versprechen. Das Ergebnis sind jedenfalls plausibel und widerspruchsfrei dargelegte Sachverhalte, an denen ich (Ingenieur Nachrichtentechnik) nicht reihenweise offensichtliche sachliche Fehler erkennen kann, wie sie in den Darlegungen des Gigaherz-Präsidenten an der Tagesordnung sind. Deshalb sehe ich Jakobs Abwertungsbemühungen der Gerichte als den durchsichtigen Versuch, seine Anhänger von kompetenter belastbarer Information zugunsten seiner pseudotechnischen Desinformation fern zu halten. Wer darauf hereinfällt und Klage erhebt, baut auf Sand und wird mit hoher Sicherheit dafür büßen. Im konkreten Fall wurde die Beschwerde abgelehnt und die Gerichtskosten in Höhe von 4000 CHF den Beschwerdeführern auferlegt. Gut so: Wer nicht hören will, muss fühlen.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Die große Thomas-Fluri-Kritik in der Rechtsprechung (II)
H. Lamarr , München, Freitag, 10.05.2024, 20:57 (vor 201 Tagen) @ H. Lamarr
Im Februar 2023 war die große Thomas-Fluri-Kritik auch Gegenstand der Betrachtung in einem Urteil (1C_100/2021) des höchsten Schweizer Gerichts (Bundesgericht). Zwei Beschwerdeführer wollten u.a. mit der Fluri-Kritik den Nachweis erbringen, amtliche Abnahmemessungen an neuen Mobilfunkstandorten seien für adaptive 5G-Antennen untauglich.
Doppelt genäht hält besser. Mit Urteil vom 13. Oktober 2023 stellte das Bundesgericht in Bezug auf adaptive 5G-Antennen abermals fest: Die vom Metas in seinem technischen Bericht empfohlenen Messmethoden können als tauglich und die Hochrechnungen der gemessenen Signalisierungs- bzw. Synchronisierungssignale auf den maßgebenden Betriebszustand als zulässig betrachtet werden. Lesen Sie hier ungekürzt, wie das Gericht zu dieser Einschätzung kam und sich damit gegen die Auffassung von Thomas Fluri stellt.
[...] Der Beschwerdeführer macht des Weiteren geltend, es existiere keine taugliche Methode zur Messung der Strahlung von adaptiven Antennen. Insbesondere sei der technische Bericht "Messmethode für 5G-NR-Basisstationen im Frequenzbereich bis zu 6 GHz" des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (METAS) vom 18. Februar 2020 (nachstehend: METAS, Messmethode 5G) keine geeignete Grundlage zur Vornahme von Abnahmemessungen.
Die Vorinstanz vertrat im angefochtenen Urteil die Auffassung, es könnten gestützt auf den erwähnten technischen Bericht des METAS und dem dazu ergangenen Nachtrag vom 15. Juni 2020 Abnahmemessungen durchgeführt werden. Dies sehe nun auch die vom BAFU herausgegebene Publikation "Adaptive Antennen, Nachtrag vom 23. Februar 2021 zur Vollzugsempfehlung zur Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) für Mobilfunk- und WLL-Basisstationen, BUWAL 2002", ausdrücklich vor.
Im technischen Bericht des METAS vom 18. Februar 2020 wird zur Vornahme von Abnahmemessungen primär die code-selektive und sekundär die spektrale bzw. frequenzselektive Messmethode vorgeschlagen (METAS, Messmethode 5G, Ziff. 1.4 S. 4 f.). Mit Nachtrag vom 15. Juni 2020 nahm das METAS bezüglich der frequenzselektiven Methode Anpassungen vor (Ziff. 1 S. 2). Das BAFU veröffentlichte am 30. Juni 2020 Erläuterungen zur Messmethode für adaptive Antennen (nachstehend: BAFU, Erläuterungen zur Messmethode). Darin wird zusammengefasst ausgeführt, im Versorgungsgebiet würden zum einen über Signalisierungskanäle Informationen betreffend die Identifizierung der Funkzelle und die Synchronisation mit den Endgeräten und zum anderen über Verkehrskanäle Nutzdaten zwischen der Basisstation und Endgeräten übertragen (BAFU, Erläuterungen zur Messmethode, S. 1 Ziff. 1; vgl. auch BAKOM, Testkonzession und Messung, S. 6 Ziff. 2.1.3). Da der für die Einhaltung der Anlagegrenzwerte massgebende Betriebszustand der maximalen Sendeleistung bei maximalem Gesprächs- und Datenverkehr in der Realität nur selten auftrete und es auch nicht ohne Weiteres möglich sei, diesen Zustand während der Messung gezielt herzustellen, würden Abnahmemessungen in der Regel beim realen Betrieb der Anlage durchgeführt. Dabei eigneten sich die Signalisierungskanäle aufgrund ihrer periodischen Abstrahlung und konstanten Leistung am besten für die Messung (BAFU, Erläuterungen zur Messmethode, S. 1 Ziff. 1). Für diese sei das von der Antenne zum Endgerät gesendete sekundäre Synchronisierungssignal (SSS) des Signalisierungskanals ausgewählt worden (BAFU, Erläuterungen zur Messmethode, S. 2 Ziff. 2.1). Das Messergebnis werde anschliessend auf den massgebenden Betriebszustand hochgerechnet (BAFU, Erläuterungen zur Messmethode, S. 1 Ziff. 1). Der Umrechnungsfaktor Ki (φi, θi) setze sich bei adaptiven Antennen aus verschiedenen Elementen zusammen, welche die dynamischen Aspekte der adaptiven Antennen wiedergäben (BAFU, Erläuterungen zur Messmethode, Ziff. 2.2.1 S. 3). Stehe kein Messgerät für die code-selektive Methode zur Verfügung, könne eine frequenzselektive Messung durchgeführt werden, welche die elektrische Feldstärke generell überschätze (BAFU, Erläuterungen zur Messmethode, S. 6 Ziff. 2.3.1; vgl. Urteil 1C_542/2021 vom 21. September 2023 E. 5.1).
Das BAFU erläuterte in seiner Vernehmlassung, dass sich seit Vorliegen der Berichte des METAS Messfirmen bei der Schweizerischen Akkreditierungsstelle (SAS) für die vorgesehene Messmethode akkreditieren lassen und entsprechend Abnahmemessungen an adaptiven Antennen vornehmen könnten. Wie frühere Messmethoden für 2G bis 4G berücksichtige die Messmethode für 5G und adaptive Antennen, dass die zu einem beliebigen Zeitpunkt gemessene Strahlung einer Antenne nicht aussagekräftig für die Einhaltung der Grenzwerte der NISV sei, da die Strahlung während des regulären Betriebs stark variiere, die Einhaltung der Grenzwerte aber auf den massgebenden Betriebszustand abstelle. Dieser basiere auf einem (realistischen) Maximalwert. Abnahmemessungen bei Mobilfunkantennen erfolgten deshalb in einem zweistufigen Verfahren: Effektiv gemessen würden die Synchronisationskanäle, da diese dauernd und mit konstanter Leistung abgestrahlt und so einen definierten Zustand ergeben würden. Das Resultat werde anschliessend auf die gemäss dem Standortdatenblatt bewilligte massgebende Gesamtstrahlung hochgerechnet. Bei der code-selektiven Messmethode für adaptive Antennen und 5G komme einzig neu hinzu, dass die Synchronisationssignale und die eigentlichen Nutzsignale (Verkehrskanäle) mit unterschiedlichen, aber bekannten Antennendiagrammen abgestrahlt werden könnten. Wenn das der Fall sei, müsse bei der Extrapolation auf den massgebenden Betriebszustand zusätzlich zu den früheren Methoden noch eine Umrechnung der Diagramme vorgenommen werden. Im technischen Bericht des METAS sei detailliert beschrieben, wie die Hochrechnung der gemessenen Signalisierungs- resp. Synchronisationssignale auf den massgebenden Betriebszustand zu erfolgen habe. Die Anforderungen an die Messunsicherheit seien vom METAS gleich streng festgelegt worden wie bei den Messmethoden für ältere Mobilfunktechnologien. Ebenfalls wie bei älteren Mobilfunktechnologien seien für die Hochrechnung teilweise Angaben der Betreiber notwendig, wobei deren Richtigkeit von der Vollzugsbehörde resp. der Messfirma stichprobeweise überprüft werden könne.
Das Bundesgericht hat in diversen jüngeren Urteilen die Beurteilung des BAFU geschützt und festgehalten, dass der vom METAS herausgegebene technische Bericht zur Messmethode für 5G-Basisstationen gemäss seiner Zielsetzung für Abnahmemessungen von adaptiven Antennen verwendet werden kann, bis das METAS und das BAFU eine offizielle Messempfehlung herausgeben (vgl. Urteile 1C_542/2021 vom 21. September 2023 E. 5.5; 1C_527/2021 vom 13. Juli 2023 E. 5.5; 1C_101/2021 E. 5; 1C_100/2021 vom 14. Februar 2023 E. 8.3 und 8.4). Auf diese Erwägungen kann verwiesen und die vom METAS in seinem technischen Bericht empfohlenen Messmethoden können insofern als tauglich und die Hochrechnungen der gemessenen Signalisierungs- bzw. Synchronisierungssignale auf den massgebenden Betriebszustand als zulässig betrachtet werden.
[...]
Dem Beschwerdeführer kam sein Abenteuer teuer zu stehen. Das Bundesgericht wies seine Beschwerde ab, auferlegte ihm die Gerichtskosten von 4000 CHF und brummte ihm zusätzlich 3000 CHF auf, die er für das bundesgerichtliche Verfahren an die Beschwerdegegnerin zu zahlen hat.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Die große Thomas-Fluri-Kritik in der Rechtsprechung (III)
H. Lamarr , München, Freitag, 10.05.2024, 22:05 (vor 201 Tagen) @ H. Lamarr
Mit Urteil vom 13. Oktober 2023 stellte das Bundesgericht in Bezug auf adaptive 5G-Antennen abermals fest: Die vom Metas in seinem technischen Bericht empfohlenen Messmethoden können als tauglich und die Hochrechnungen der gemessenen Signalisierungs- bzw. Synchronisierungssignale auf den maßgebenden Betriebszustand als zulässig betrachtet werden.
Am 13. November 2023 war es das Bundesgericht anlässlich einer anderen Beschwerde leid, Zweifel am technischen Bericht des Metas begründet zu entkräften. Der stittige Sachverhalt wurde diesmal kurz und bündig dargelegt:
[...] Weiter machen die Beschwerdeführenden geltend, die gemäss technischem Bericht des Eidgenössischen Instituts für Metrologie (METAS) vorgesehenen Abnahmemessungen seien nicht geeignet, die Einhaltung der Grenzwerte in objektiv überprüfbarer Weise zu gewährleisten.
Das Bundesgericht hat sich mit dem Einwand, dass es keine taugliche Methode für Abnahmemessungen gibt, bereits in früheren Urteilen befasst und ihn verworfen (vgl. Urteil 1C_45/2022 vom 9. Oktober 2023 E. 6 mit Hinweisen). Die Rügen der Beschwerdeführenden bieten keinen Anlass, darauf zurückzukommen.
[...]
Das Bundesgericht wies auch diese Beschwerde ab. Die Gerichtskosten von 4000 CHF wurden den Beschwerdeführenden auferlegt, eine Parteientschädigung fiel diesmal nicht an.
Das Kapitel über die große Thomas-Fluri-Kritik kann damit geschlossen werden. Bedauerlich ist, dass der Verein Gigherz vom wiederholten Verwerfen der Kritik durch das höchste Schweizer Gericht keinerlei Notiz genommen hat und Fluris Kritik auf seiner Website bis heute weiterhin so anbietet, als hätten die Einwände des ETH-Ingenieurs noch immer unwidersprochen Bestand. Das ist mMn hochgradig dissozial, denn damit verleitet der Verein wider besseres Wissen besorgte Eidgenossen dazu, sich mit wertlosen Argumenten in das Wagnis gerichtlicher Auseinandersetzungen zu stürzen.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –