Japan: Mit Information die Desinformation bekämpfen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 01.08.2011, 09:37 (vor 4789 Tagen)

Kain und Abel, Reichsrundfunk und BBC, Rede und Gegenrede, Behauptung und Widerspruch - ein friedliches Mittel gegen breit angelegte Desinformation der Bevölkerung ist die Information. Unser Forum zur Mobilfunkdebatte hat sich diesem Prinzip seit ein paar Jahren verschrieben, unmittelbare Gradmesser für den Erfolg der Bemühungen gibt es jedoch keine. Leider. Auf dem ganz anderem Terrain der Gefahren der Kerntechnik versucht jetzt die japanische Regierung das, was dieses Forum in Privatinitiative macht: Desinformation im www gezielt mit "Gegeninformation" bekämpfen. Über Freudenausbrüche in der Bevölkerung ob dieser Fürsorge ist nichts bekannt, japanische "Internetjournalisten" sollen vielmehr empört sein - so wie es auch regelmäßig Empörung über das IZgMF-Forum gibt.


Überwachung von Atom-Tweets

Das japanische Industrieministerium Meti will eine Firma damit beauftragen, im Internet “fehlerhafte beziehungsweise unpassende Informationen über die Sicherheit der Atomkraft” aufzuspüren. Die Kontrolleure sollen das Netz ständig nach Informationen durchforsten, die die Regierung für falsch hält, etwa zur Atomkatastrophe in Fukushima. Es geht um Blogs, aber auch “Twitter muss unbedingt dabei sein”, schreibt die Agentur für Rohstoffe und Energie, die Meti untersteht, in der Ausschreibung. Das Ministerium erbittet “Vorschläge, welche Informationsmedien Gegenstand des Monitorings werden sollen und wie das Monitoring gemacht werden kann”. Die Firma, die den Zuschlag erhalten soll, ist offenbar bereits ausgewählt. Sie soll auch “Gegeninformationen” erarbeiten und ins Netz stellen. Eine Sprecherin der Energieagentur sagte, die Maßnahme sei nötig, weil Blogs und Tweets “Schäden durch Gerüchte” angerichtet hätten. Japanische Internetjournalisten sind empört. “Das ist vielleicht nicht Zensur im engsten Sinne, aber heimlich wird mit dieser Maßnahme doch zensiert”, warnt Yasumi Iwakami, der im Netz Livestreams der Pressekonferenzen von Fukushima-Betreiber Tepco veröffentlicht.

Quelle: "Der Spiegel", Ausgabe 30/2011

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Spiegel, Atom


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