Grenzwertdiskussionen: Sinn oder Unsinn? (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 30.09.2006, 00:33 (vor 6663 Tagen) @ Doris

Wie weit müsste der Grenzwert überhaupt gesenkt werden um sicher zu gehen, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können. (es soll ja schon bei 1000 µW/m² lt. L.v.Klitzung Auffälligkeiten geben)

Von einer Ziehung der Grenzwerte durch Waldmann-Selsam, Zwerenz, Maes, Wichmann, Spatenpauli oder Doris halte ich nicht viel. Das ist sowieso eine unserer größten Schwachstellen, dass jeder Stammensfürst seinen Grenzwert propagiert - wobei in den wenigsten Fällen eine Begründung mitgeliefert wird. Der ehrenhafte Versuch namhafter Kritiker, sich auf einen gemeinsam vertretenen Wert zu einigen, scheiterte. Das war, glaube ich, vor zwei, drei Jahren. Seither herrscht da Funkstille

Für mich steht der alte Salzburger Wert (1 mW/qm) noch immer auf den stabilsten Beinen. Denn er ist der einzige, der von einer ganzen Gruppe von Wissenscaftlern/Experten aus aller Welt (ich glaube es waren 20) verabschiedet wurde (abgesehen vom ICNIRP-Wert). Und genau das unterscheidet ihn z. B. maßgebend vom neuen Salzburger Wert, der allein auf Gerd Oberfeld zurückgeht.

Nach oben hin wäre für mich bei 10 mW/qm Schluss. Auch diesen Wert habe ich mir nicht aus den Fingern gesaugt, er wurde vielmehr vom Ecolog-Institut empfohlen, nachdem Neitzke eine umfassende Literaturstudie gemacht hatte, die er übrigens alle paar Jahre aktualisiert.

Von unbegründet "gezogenen" Grenzwerten, dazu zähle ich auch den so genannten baubiologischen Grenzwert, halte ich nichts. Wenn Geld ins Spiel kommt (bei 1 µW/qm lässt sich mehr Abschirmmaterial verkaufen als bei 10 mW/qm), bin ich sowieso immer skeptisch.

Welche Probleme werden durch Grenzwertsenkungen gelöst?
M.M.n. nur die, derjenigen PErsonen, die durch eine Mobilfunkanlage in ihrer Wohnung stark belastet sind.

Ja, das sehe ich auch so. Bei dicht bebautem Gebiet dürfte ein Grenzwert von sagen wir einmal 5 mW/qm zusätzlichen Bedarf an BTS zur Folge haben, weil bei schätzungsweise 20 % der BTS die Leistung reduziert werden müsste, um den "neuen" Grenzwert einzuhalten. Kleinere Leistung bedeutet kleinere Funkzelle. Da können die Betreiber entweder eine andere (weniger kritische) mehr aufdrehen oder einen zusätzlichen Füllsender bauen, wenn die angebotene Kanalkapazität nicht einbrechen darf. Dieser Neubau wird dann mit ziemlicher Sicherheit von den Anwohnern hocherfreut begrüßt und mit einem Straßenfest begeistert gefeiert werden ;-). Tatsächlich hätte eine Verdichtung des Sendernetzes für die Handynutzer den konkreten Vorteil, dass Handys zum Überbrücken der Distanz zu einem näher gelegenen Sender weniger Leistung aufbringen müssen. Das wäre also zusätzlich gut für Handyaner, obwohl eingefleischte Kritiker denen nichts gutes wünschen. Zu einer konkreten quantitativen Abschätzung, was eine Grenzwertsenkung auf z. B. 5 mW/qm nun tatsächlich bringt, bin ich nicht imstande. Vielleicht kann ein anderer diese Lücke schließen.

Ich meine es war Bornkessel (IMST) der mal explizit in einem Was-wäre-Wenn-Szenario untersucht hat, was bei einer Grenzwertsenkung in bestimmten Situationen zu erwarten ist. Sollte ich das wiederfinden, stelle ich's im Forum ein.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
, Willkür, Grenzwerte


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