EHS talks in Australia: Dariusz' Poster auf deutsch (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 10.10.2023, 19:38 (vor 435 Tagen) @ Dariusz Leszczynski

In Australien präsentiert Dariusz Leszczynski den Teilnehmern der Veranstaltung u.a. zwei Poster. Grundsätzlich Neues über seine Einschätzung der EHS-Forschung und der Risikoeinschätzung für die Gesundheit der Bevölkerung berichtet er damit zwar nicht, die Poster geben vielmehr seine Standpunkte zu diesen beiden Problemfeldern der Bioelektromagnetik in komprimierter Form wieder. Deshalb habe ich mir erlaubt, beide Poster ins Deutsche zu übersetzen. Die englischen Originaltexte gibt es hier.

Poster 1: Wissenschaftliche Unzulänglichkeiten der bisher durchgeführten Forschung über elektromagnetische Überempfindlichkeit

Dariusz Leszczynski, Universität Helsinki, Finnland

Ein Teil der Bevölkerung betrachtet sich selbst als empfindlich gegenüber der vom Menschen verursachten elektromagnetischen Strahlung (EMF), die von Stromleitungen, elektrischen Leitungen, elektrischen Haushaltsgeräten und schnurlosen Kommunikationsgeräten und -netzen ausgeht. Die Empfindlichkeit ist durch eine Vielzahl von unspezifischen Symptomen gekennzeichnet, die die Betroffenen angeben, wenn sie EMF ausgesetzt sind. Werden die empfundenen Symptome derzeit als reale Beeinträchtigung des Lebens angesehen, bleibt der Verursacher dieser Symptome unklar. Bisher waren Wissenschaftler nicht in der Lage, einen kausalen Zusammenhang zwischen den von empfindlichen Personen empfundenen Symptomen und der EMF-Exposition herzustellen. Wie in dieser Übersichtsarbeit dargelegt, sind die bisher durchgeführten wissenschaftlichen Studien zur Untersuchung der EMF-Empfindlichkeit jedoch von zu schlechter Qualität, um einen Zusammenhang zwischen der EMF-Exposition und den Empfindlichkeitssymptomen einiger Personen herzustellen. Es ist naheliegend anzunehmen, dass die Empfindlichkeit gegenüber EMF existiert, aber die wissenschaftliche Methodik, mit der sie ermittelt werden soll, von unzureichender Qualität ist. Die wissenschaftliche Erforschung von EHS besteht aus drei Arten von Studien: (i) Erhebungsstudien, (ii) Provokationsstudien und (iii) biochemische/physiologische Studien. Alle diese Studientypen haben ihre Grenzen. Die vorherrschende Rolle spielen derzeit die Provokationsstudien, bei denen Freiwillige EMF ausgesetzt und gefragt werden, wie sie sich nach der Exposition fühlen und ob sie spüren können, wann die Strahlung einwirkt und wann nicht. Bei solchen EHS-Studien gibt es mehrere Probleme:

► Es ist nicht bekannt, ob Testpersonen mit EHS eine korrekte EHS-Selbstdiagnose haben oder sich ihre Elektrosensibilität nur einbilden.
► Studienverzerrung durch Ausschluss von Testpersonen mit vorbestehenden Gesundheitsproblemen.
► Studienverzerrung durch Testpersonen, die sich aus Angst vor Strahlenbelastung aus den Studien zurückziehen.
► Studienverzerrung durch Testpersonen, die sich aus Misstrauen in die Objektivität der Wissenschaftler aus den Studien zurückziehen.
► Mangel an Beweisen, dass psychologische Methoden in der Lage sind, EHS zu erkennen - Mangel an Positivkontrollen.
► Studienverzerrung durch Nocebo- und Placebo-Effekte, von denen bekannt ist, dass sie die körperliche Verfassung der Testpersonen beeinflussen.

Es ist an der Zeit, psychologisch motivierte Provokationsstudien aufzugeben. Solche Forschungen liefern subjektive Daten, die nicht ausreichen, um den Kausalzusammenhang zwischen EHS und EMF zu beweisen oder zu widerlegen. Es bedarf einer neuen Orientierung bei der Untersuchung der Empfindlichkeit gegenüber EMF. Grundlage dafür ist die Vorstellung eines allgemein bekannten Phänomens der individuellen Empfindlichkeit, bei dem die Reaktionen des Einzelnen auf EMF von seinen genetischen und epigenetischen Eigenschaften abhängen. Es wird vorgeschlagen, dass neue Studien, die einen Provokationsansatz, bei dem Freiwillige EMF ausgesetzt werden, mit Hochdurchsatztechnologien der Transkriptomik und Proteomik kombinieren, zur Erzeugung objektiver Daten verwendet werden, um biochemische Reaktionen des menschlichen Körpers unter EMF-Einwirkung auf molekularer Ebene zu erkennen.

Poster 2: Funkstrahlung und Gesundheit: Die Beweislage ist noch ungeklärt

Dariusz Leszczynski, Universität Helsinki, Finnland

Die Unterschiede in der Bewertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse durch die unterschiedlichen wissenschaftlichen Ausschüsse sind auf die beteiligten Wissenschaftler zurückzuführen. Die Mehrheit dieser Ausschüsse wählt ihre Mitglieder selbst aus. Ein genauer und differenzierter Blick zeigt, dass jede dieser Gruppen nur Wissenschaftler auswählt, welche die gleiche Meinung zum Thema hochfrequente elektromagnetische Felder (RF-EMF) und Gesundheit teilen. Daher ist ein gruppeninterner Konsens leicht zu erreichen. Dies erweckt den irreführenden Eindruck, die Wissenschaft sei sich einig. Die Wissenschaftlergruppen haben jedoch unterschiedliche Ansichten über die Bedeutung der wissenschaftlichen Beweise und darüber, welche Expositionen sicher/unsicher sind. Daher weichen die vorgeschlagenen Sicherheitsrichtlinien erheblich voneinander ab. Die wissenschaftlich legitime Frage ist daher, ob die derzeit verwendeten Sicherheitsrichtlinien die Nutzer von Mobiltelefonen und dergleichen ausreichend schützen oder ob die Sicherheitsrichtlinien überarbeitet werden sollten. Die Vielfalt der Interpretationen der HF-EMF-Wissenschaft spiegelt ein breiteres Problem der HF-EMF-Forschung wider. Wenn die Ergebnisse experimenteller Studien schwierig zu interpretieren sind und die Ergebnisse von Studien meist nicht eindeutig sind, liegt es an einzelnen Wissenschaftlern und Gruppen von Wissenschaftlern, die Bedeutung der Ergebnisse solcher Studien zu bestimmen. Wissenschaftler, die sich mehr Sorgen um die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen machen, werden eine andere abschließende Bewertung der mehrdeutigen Wissenschaft vornehmen als Wissenschaftler, die sich weniger Sorgen um die möglichen Auswirkungen machen. Häufig wird auch die Meinung geäußert, dass die meisten HF-EMF-Studien von schlechter Qualität sind, zu kleine Stichproben für verlässliche Statistiken haben und In-vitro- und In-vivo-Nachweise liefern, die nicht am lebenden Menschen nachgewiesen wurden. Die jüngsten kritischen Überprüfungen, die die geringe Qualität der Wissenschaft belegen, betrafen die 5G-Technologie und die Gesundheit. Trotz des allgemeinen Übereinkommens, dass die derzeit verfügbaren wissenschaftlichen Beweise von schlechter Qualität sind und erhebliche Wissenslücken aufweisen, werden diese unzureichenden wissenschaftlichen Beweise verwendet, um gegenteilige Behauptungen aufzustellen, nämlich dass es entweder keine Beweise für Schäden gibt oder dass Beweise für Schäden erbracht wurden. Wenn also wissenschaftliche Studien über HF-EMF und Gesundheit von bekannter und erwiesenermaßen unzureichender Qualität sind, wo liegt dann die wissenschaftliche, ethische und moralische Verantwortung der Wissenschaftler, wenn sie behaupten, dass die Sicherheit der menschlichen Gesundheit bereits gewährleistet ist? Abschließend empfehle ich die Durchführung eines Runden Tisches, der den aktuellen Stand der Wissenschaft zum Thema HF-EMF und Gesundheit bewertet und die Tauglichkeit der aktuellen Sicherheitsrichtlinien überprüft.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum