Gigaherz-Jakob: 5G ist immer noch nicht messbar (Technik)

H. Lamarr @, München, Samstag, 29.04.2023, 11:52 (vor 573 Tagen)

Am 27. April 2023 verblüfft Gigaherz-Präsident Jakob mit seinem Beitrag "5G ist immer noch nicht messbar". Er beruft sich darin auf eine amtliche Umfrage. Dennoch ist seine Titelzeile grob irreführend.

Das "Geheimpapier" des Amtes für Umwelt des Kantons Zug, das Gigaherz-Jakob auf verschlungenen Pfaden zugespielt worden ist, soll aus Sicht des Vereinspräsidenten belegen, 5G sei in der Schweiz noch immer nicht messbar. Doch das stimmt nicht. Das Papier belegt das Gegenteil, dass nämlich in der Schweiz mindestens 123 Abnahmemessungen stattgefunden haben, von denen 15 eine belanglose Überschreitung des Anlagegrenzwerts (5.V/m) um bis zu 1,25 V/m ergeben haben. Die Grenzwertüberschreitung um maximal 25 Prozent ist deshalb belanglos, weil sie innerhalb der erweiterten Messunsicherheit von ±45 Prozent liegt und der Anlagegrenzwert kein Gefährdungswert ist, sondern ein Vorsorgewert. Abnahmemessungen werden in der Schweiz im Sinne einer zusätzlichen Kontrolle dann angeordnet, wenn die rechnerische Prognose an einem Omen (Ort mit empfindlicher Nutzung) 80 Prozent des Anlagegrenzwertes erreicht.

Jakobs Beitrag nennt keinerlei Begründung für seine Titelzeile. Abgesehen von dem Widerspruch, dass eben doch mindestens 123 Abnahmemessungen stattgefunden haben, stützt sich Jakob auf veraltete Daten. Denn die Umfrage des Zuger Amtes für Umwelt fand im Februar 2022 statt, also vor mehr als einem Jahr. Mit diesen alten Daten im April 2023 den Eindruck zu erwecken, 5G sei noch immer nicht messbar, macht aus einer einfachen Irreführung der Leser eine grobe Irreführung.

Jakobs Beitrag beruht auf seiner persönlichen fixen Idee, 5G sei nicht messbar, die mutmaßlich darauf beruht, weil der Gigaherz-Präsident die komplexe Technik von 5G bis heute nicht begriffen hat. Für einen Ex-Elektriker wäre dies keine Schande, würde er nicht seine dilettantischen Interpretation seit 2017 als Falschmeldungen laut in die Welt hinausposaunen. Richtig ist, dass 5G wegen der technischen Besonderheiten adaptiver Antennen schwieriger zu messen ist als alle vorhergehenden Mobilfunksysteme. Das hin und her mit proprietären Messanweisungen nationaler Behörden hat im Oktober 2022 jedoch ein Ende gefunden. Seinerzeit verabschiedete die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) einstimmig ihre Edition 3.0 der technischen Norm IEC 62232 für die Bewertung der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern. Weltweit steht damit eine Messempfehlung zur Verfügung, die auch das Beamforming adaptiver Antennen berücksichtigt. Dass Jakob diese Empfehlung nicht gefallen kann, da sie Bewertungsmethoden beschreibt, welche die tatsächlichen Übertragungspegel von Basisstationen während des Betriebs nutzen, mag für den Ex-Elektriker schlimm sein. Die Anteilnahme der übrigen 7,97 Milliarden Menschen an diesem Schicksalsschlag dürfte indes so groß sein, wie die Bestürzung darüber, dass in Peking ein Sack Reis umgefallen sein soll.

Hintergrund
Gibt es in der Schweiz die rechtlich geduldete Grenzwertüberschreitung?

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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