Bienensterben auf der Isle of Wight: Zusammenfassung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 11.12.2020, 23:35 (vor 1323 Tagen) @ H. Lamarr

Über ein 1904 einsetzendes massenhaftes Bienensterben auf der englischen Kanalinsel Isle of Wight wurden Anfang des 20. Jahrhunderts sogar Bücher geschrieben. Der erste Wissenschaftler, der sich des Phänomens annahm, war 1907 A. D. Imms, dessen Arbeiten zwei Jahre später von W. Malden fortgesetzt wurden. Weitere Untersuchungen folgten. Der Anfangsverdacht, Nosema-Parasiten, ein Einzeller, der Magen und Darm von Honigbienen befällt, bestätigte sich indes nicht. Mehrere andere Hypothesen kamen und wurden widerlegt, heute gilt CBPV (Chronisches Bienenlähmungsvirus) als wahrscheinlichste Ursache des rätselhaften Bienensterbens vor 116 Jahren.

Der US-Amerikaner Arthur Firstenberg, ein überzeugter "Elektrosensibler", der 2010 eine Nachbarin und seinen Vermieter erfolglos auf 1,43 Mio. US-Dollar Schadenersatz verklagte, weil beide seiner Forderung nicht nachkamen, ihr Mobiltelefon und andere elektronische Geräte auszuschalten, entdeckte 2016 die alte Geschichte und brachte sie in seinem Buch "The Invisible Rainbow" (Kapitel 8) erstmals in Zusammenhang mit Funksendern. Doch Firstenberg ist vorsichtig. Schaut man sich sein Zitat im Startposting an, wird deutlich: Er selbst behauptet nicht, der Marconi-Funksender auf der Kanalinsel sei die Ursache für das Bienensterben dort gewesen, geschickt induziert er diese Fehlinterpretation seines Textes lediglich in den Kopf seiner Leser.

Wahrscheinlich ist dieser Fehler auch Klaus Buchner passiert, der sich wegen der hohen Inhaltsnähe seiner oben genannten Ausführungen mit großer Wahrscheinlichkeit des Zitats von Firstenberg bediente. Buchner tappt in Firstenbergs Falle und verfälscht dessen Originaltext mit dem frei erfundenen Halbsatz "[...] sind sie [die Bienen; Anm. Postingautor] von den Strahlen des Senders getroffen worden, auf den Boden gefallen und kurz drauf eingegangen." Buchner behauptet damit fälschlich, A. D. Imms habe einen Kausalzusammenhang zwischen den elektromagnetischen Feldern des Marconi-Funksenders und dem Bienensterben auf der Kanalinsel gefunden.

Seinen Fehler wollte der Ex-Europaabgeordnete der ÖDP auf meine Nachfrage jedoch nicht eingestehen, stattdessen deutete er an, mich möglicherweise wegen Verleumdung gerichtlich zu belangen. In Anbetracht der erdrückenden Faktenlage sehe ich a) einer Klage entspannt entgegen und b) ist diese Uneinsichtigkeit des ehemaligen ÖDP-Bundesvorsitzenden für mich zutiefst befremdlich. Denn wegen seiner seit rd. 20 Jahren andauernden populistischen Desinformation mit angeblichen Risiken des Mobilfunks mache ich ihn mitverantwortlich für den Suizid eines überzeugten "Elektrosensiblen", der sich Anfang 2013 aus Angst vor der LTE-Einführung in Norddeutschland das Leben nahm. Buchner kondolierte seinerzeit gemeinsam mit anderen, und machte weiter, als sei nichts geschehen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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