FMK erläutert Sinn & Zweck der 5G-Messung an der "Summerstage" (Allgemein)
Die 5G-Messung des FMK in Wien hat im Gigaherz-Forum einige Teilnehmer auf den Plan gerufen, die sich zweifelnd über die Messergebnisse äußern, freilich ohne selbst den Eindruck von Fachkompetenz in 5G-Systemtechnik hinterlassen zu können. So meint einer der Kaffeesatzleser vorwitzig, gemessen worden sei "einer von vier Organisationskanälen ohne jeglichen Datenverkehr mit den insgesamt 1200 Endgeräten in diesem 120°-Sektor". Das riecht nach nur angelesenem, nicht verstandenem 5G-Systemwissen. Warum? Weil vier Organisationskanäle für vier Sektoren (Funkzellen) sprechen, die 120°-Angabe hingegen für drei Sektoren typisch ist.
Auf Nachfrage des IZgMF wollte FMK-Pressesprecher Gregor Wagner auf die Unterstellungen der Gigaherz-"Expertenrunde" explizit nicht eingehen. Stattdessen wies er darauf hin, bei Messungen an Mobilfunkanlagen stelle sich zuerst die Frage nach dem Zweck der Messung. Im konkreten Fall der 5G-Messung an der Wiener "Summerstage" sei es nur darum gegangen, die momentanen Immissionswerte an einem öffentlich zugänglichen Punkt zu erheben und unterschiedliche Funkanwendungen in Relation zueinander zu stellen. Die Messung habe nicht das Ziel gehabt, die sichere Einhaltung des in Österreich anzuwendenden Referenzwertes zu belegen. Eine Hochrechnung der Messwerte auf Volllast habe deshalb nicht stattgefunden. Messungen dieser Art, so Wagner weiter, dienten dazu, einen Überblick über bestehende Immissionen zu bekommen und um einen ersten Vergleich darzustellen. Ein weiterer Zweck der Summerstage-Messung sei es gewesen, zu zeigen, dass man das 5G-Signal entgegen anderslautender Behauptungen sehr wohl frequenzselektiv messen kann. Eben diese frequenzselektive Messung habe es auch möglich gemacht zu erkennen, dass auf der Basisstation im beobachteten 5G-Sektor durchaus schon Traffic abgewickelt wurde.
Messtechniker Bernhard Strutz ergänzt: Wir sehen bei allen bisherigen wissenschaftlichen Erhebungen, dass bei Beamformingantennen eine Hochrechnungen zu unrealistischen Werten führt. Erst kürzlich erschien die Arbeit Analysis of the Actual Power and EMF Exposure from Base Stations in a Commercial 5G Network in der es im Abstract heißt: "Von mehr als 13 Millionen Proben, die im Laufe von 24 Stunden gesammelt wurden, ergab sich, dass die maximale zeitgemittelte Leistung pro Strahlrichtung deutlich unter dem theoretischen Maximum und unter dem lag, was von den bestehenden statistischen Modellen vorhergesagt wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass die Annahme einer konstanten Spitzenleistungsübertragung in einer festen Strahlrichtung zu einer unrealistischen Bewertung der EMF-Exposition führt."
Genau auf diesen Faktor geht auch die EN 62232 ein indem im normativen Anhang B unter anderem folgendes zu lesen ist: "Die Extrapolation kann für theoretische oder tatsächliche (95. Perzentil) maximale Expositionsbedingungen durchgeführt werden."
Einen von mir erbetenen Einblick in die wichtigsten Messvorgaben der EN 62232 zu geben sah sich Strutz nicht imstande. Dies würde den Rahmen der Beantwortung sprengen, das Papier vermittle technische Informationen auf insgesamt mehr als 260 Seiten. Wichtig sei jedoch, dass die Norm je nach Fragestellung unterschiedliche Arten der Messung definiere. So könne man darin unter anderem lesen: "In Abhängigkeit vom Zweck der Evaluierung oder Bewertung am Aufstell- und Betriebsort müssen entweder die rohen (unverarbeiteten) oder die extrapolierten Messergebnisse in Übereinstimmung mit 6.3.2.3.3 bereitgestellt werden." Abschnitt 6.3.2.3.3 beschreibt die Hochrechnung der Messwerte auf Volllastbetrieb.
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