Starlink-Empfang mit 5G-Mobiltelefonen: Gefahr aus dem All? (Technik)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 13.08.2020, 22:29 (vor 1561 Tagen)

Seitdem der US-Amerikaner Arthur Firstenberg mit seinem blödsinnigen Anti-5G-Appell Stop 5G on Earth and in Space sogar Ernst Ulrich von Weizsäcker davon überzeugen konnte, 5G sei gefährlich, entwerfen Designer besonders breitkrempige alukaschierte Sombreros, die 5G-Paranoiker vor der Gefahr aus dem All schützen sollen. Dabei können 5G-Smartphones nie und nimmer direkten Kontakt zu Starlink-Satelliten aufbauen und die Leistungsflußdichte der Orbiter am Erdboden ist so schwach, dass nicht einmal "Baubiologen" Einwände gegen die Befeldung aus dem erdnahen Weltraum vorbringen können.

Nicht wenige Leute hegen den Irrglauben, sie könnten demnächst mit ihren 5G-Smartphones via Starlink-Satelliten telefonieren und im www surfen. Dabei könnte jeder mit einer simplen Überlegung dahinter kommen, dass hier etwas nicht stimmen kann. Denn auch technische Laien haben die vage Vorstellung, ein Mobiltelefon muss in Reichweite einer Mobilfunk-Basisstation sein, und um so eine Basisstation mit der bescheidenen Sendeleistung von 1 Watt bei den hohen 5G-Frequenzen erreichen zu können, darf sie maximal etwa zwei bis vier Kilometer weit weg sein. Starlink-Satelliten aber fliegen auf Bahnhöhen zwischen 328 Kilometer bis 580 Kilometer über dem Erdboden, wie also soll ein Mobiltelefon sie erreichen? Des Rätsels Lösung lautet: Kein 5G-Mobiltelefon kann diese Satelliten erreichen, dies ist auch gar nicht Sinn und Zweck der Starlink-Satellitenflotte.

Richtig ist, Elon Musks Starlink will mit tausenden von Satelliten dafür sorgen, dass an jedem Punkt der Erde der (schnelle) Zugang zum Internet möglich sein wird. In nahezu vollständig mit Funk- oder Kabel-Internet versorgten Ländern wie Deutschland wird Starlink nur wenige Kunden finden. In großen Flächenstaaten mit dünn besiedelten Regionen ist dies ganz anders, denn dort ist es auf konventionelle Weise nicht machbar, entlegene Gehöfte oder Dörfer wirtschaftlich ans Internet anzubinden.

Wenn aber nicht 5G-Smartphones die Gegenstation zu Starlink-Satelliten sind, was dann? Starlink-Bodenstationen! Diese sind mit kleinen Richtantenne ausgestattet, ähnlich wie herkömmliche Satellitenschüsseln für Privatanwender, um das sehr schwache Empfangssignal aus dem Weltraum zu verstärken oder in Gegenrichtung gezielt Signale zu den Starlink-Satelliten zu schicken. Es liegt auf der Hand, dass diese Antennen genau ausgerichtet und den nicht geostationär geparkten Satelliten präzise nachgeführt werden müssen. Auch dies ist etwas, was schon grundsätzlich gegen den Starlink-Satellitenempfang mit 5G-Smartphones spricht. Was nichts anderes bedeutet, als dass eine Starlink-Bodenstation stationär betrieben werden muss, also so ziemlich das Gegenteil von Mobilfunk ist. Es spricht aber nichts dagegen, dass die Bodenstation die Signale nicht über Kabel, sondern z.B. über W-Lan an alle Bewohner eines einsam gelegenen Gehöfts weiter verbreitet. Letztlich kann dort dann doch wieder jeder sein Smartphone wie gewohnt nutzen, um zu telefonieren oder im Internet zu surfen, W-Lan übernimmt in diesem Fall die Rolle des Zugangsnetzes, die ohne Starlink in unseren Breiten die Mobilfunknetze innehaben. Da W-Lan von 5G ganz und gar unabhängig ist, gewährleistet technisch jedes beliebige Smartphone mit W-Lan-Modul den indirekten Starlink-Satellitenempfang, Firstenbergs Anti-5G-Appell gegen 5G-Signale aus dem Weltraum ist daher technisch falsch adressiert.

Wer sich jetzt noch immer vor der Befeldung aus dem All durch Starlink-Satelliten fürchtet und das Tragen eines Aluhuts erwägt, dem sei gesagt, auf dem Erdboden kommen diese Satellitensignale mit einer Leistungsflussdichte von rd. 0,3 µW/m² an, ein Wert, den nicht einmal das Gras wachsen hörende Baubiologen als bedenklich einstufen. Nachvollziehbar ausgerechnet hat diesen Wert David Witkowski in diesem Artikel. Der Mann ist kein Ex-Elektriker, Drucker oder Literaturprofessor, sondern Elektroingenieur und Manager im Silicon Valley, ich zweifle sein Ergebnis daher nicht an.

Hintergrund
Firstenberg-Appell: von Weizsäcker redet
Starlink
Starlink-Satelliten mit bloßem Auge beobachten
Politik: Starlink. Welchen Spielraum haben wir bei der Kontrolle der Satellitenkonstellationen?

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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