5G-Verteufelung ist in Österreich angekommen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 15.08.2018, 17:18 (vor 2329 Tagen)

Der im September 2017 von Lennart Hardell gestarteten Kampagne gegen künftige 5G-Funknetze schließen sich jetzt auch die österreichischen Mobilfunkgegner Michael Kundi und Wilhelm Mosgöller an. In einer Pressemitteilung (OTS0061) der Regionalmedien Austria (RMA) heißt es dazu:

Wie die Regionalmedien Austria (RMA) in ihren Zeitungen am Donnerstag berichten, sind Mediziner über den bevorstehenden 5G-Ausbau besorgt. „Es wird eine Technologie eingesetzt, ohne die gesundheitlichen Auswirkungen zu prüfen“, sagt der Epidemiologe Michael Kundi von der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin der Meduni Wien im Gespräch mit den RMA.

Kundi sieht das Problem vor allem darin, dass den hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) große Bevölkerungsgruppen ausgesetzt sind und es bis heute „keine belastbaren Daten für biologische Auswirkungen gibt.“ Der Ausbau der 5G-Infrastruktur bedeutet auch mehr Antennen. "Hinsichtlich der Gesamtzahl der Antennen kann nur gemutmaßt werden", sagt Gregor Gradnig, Sprecher der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR), auf Anfrage der RMA. Schätzungen der RTR gehen von zehntausenden neuen Antennen aus.

Die Mobilfunkbranche sieht keinen Anlass zur Sorge. „Die Felder, die von Mobilfunkstationen und Handys ausgesendet werden, sind völlig unbedenklich“, sagt Gregor Wagner, Sprecher des Forum Mobilkommunikation, auf Anfrage der RMA. Wagner betont, dass die von der internationalen Strahlenschutzkommission ICNIRP vorgegebenen Grenzwerte einen 50-fachen Vorsorgefaktor enthalten würden. „Damit sind auch eventuelle Effekte abgedeckt, die noch nicht bekannt sind“, so Wagner weiter.

Laut Wilhelm Mosgöller, Mediziner und Forschungsmanager von der Meduni Wien, bestätigen Studien DNA-Brüche durch Mobilfunkexposition. „DNA-Brüche sind entweder völlig harmlos oder eine mögliche Vorstufe zu Krebs. Um sicher zu sein, brauchen wir mehr Forschung“, sagt Wilhelm Mosgöller, Mediziner und Forschungsmanager von der MedUni Wien.

Link zum ausführlichen Online-Bericht: www.meinbezirk.at/2807984

Kommentar: Die Strategie, eine wissenschaftliche Streitfrage nicht in den Zirkeln der Wissenschaft auszudiskutieren, sondern halbgar in die Öffentlichkeit zu tragen, erinnert stark an die Vermarktung der Wiener "Reflex"-Mobilfunkstudien durch Studienkoordinator Franz Adlkofer. Dem Ex-Tabaklobbyisten gelang es, eine dramatische Reportage über "Reflex" bereits 2003 im Abendprogramm der ARD unterzubringen, noch bevor überhaupt der Abschlussbericht der Studie 2004 vorlag. Diese auf Verunsicherung der Bevölkerung zielende Marketingstrategie brachte Adlkofer den Vorwurf ein, er betreibe mit seinen auffällig alarmierenden Mobilfunkstudien lediglich Ablenkungsforschung, um die Öffentlichkeit von den zweifelsfrei erwiesenen Risiken des Rauchens abzulenken. Adlkofer war von 1976 bis in die 90er-Jahre Kopf der deutschen Tabakforschung im Dienst des VdC (Verband der Cigarettenindustrie). Kundi und Mosgöller sind Adlkofer zugetan, Kundi sitzt mit ihm im Stiftungsrat der von Adlkofer gegründeten Stiftung Pandora, Mosgöller forschte im Auftrag Adlkofers an einer genotoxischen Wirkung von UMTS-Funkfeldern. Auf dieser Forschungsarbeit lasten seit 2008 Fälschungsvorwürfe, die bis heute weder bestätigt, noch widerlegt wurden und deshalb in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mündeten, die noch immer anhält.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Forschung, Kundi, MUW, Mosgöller, Kommerz, DNA-Brüche, 5G

FMK widerspricht Kundi

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 15.08.2018, 17:57 (vor 2329 Tagen) @ H. Lamarr

In einer Pressemitteilung (OTS0061) der Regionalmedien Austria (RMA) heißt es dazu:

Das FMK (Forum Mobilkommunikation, Interessenvertretung der österreichischen Mobilfunknetzbetreiber) widerspricht in einer Pressemitteilung Prof. Kundi. Hier der zugehörige Auszug:

In der OTS-Aussendung 0061 von heute kündigt die RMA einen Artikel zum Thema „Mobilfunk und Gesundheit“ an. In diesem Artikel ist zu lesen, dass Prof. Dr. Kundi sagt, es gäbe in Österreich erst seit einigen Jahren ein Hirntumorregister und deshalb sei die Meinung des FMK nicht richtig.

Das ist falsch. Die Statistik Austria zeichnet die Hirntumorneuerkrankungsraten seit 1983 auf!

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"Spatenpauli" widerspricht Kundi

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 16.08.2018, 19:03 (vor 2328 Tagen) @ H. Lamarr

Das FMK (Forum Mobilkommunikation, Interessenvertretung der österreichischen Mobilfunknetzbetreiber) widerspricht in einer Pressemitteilung Prof. Kundi.

Der beanstandete Originaltext von Kundi lautet:

Die Meinung des FMK, dass sich im Anstieg der Hirntumorinzidenz zeigen müsste, ob es ein Risiko der Handynutzung gibt, ist nicht richtig. In den Ländern mit up-to-date Hirntumorregistern gibt es in den letzten etwa 10 Jahren massive Anstiege für besonders bösartige Hirntumore. In Österreich existiert ein Hirntumorregister erst seit einigen Jahren und man kann daher für Österreich keine langfristige Untersuchung anstellen.

Ich bin enttäuscht von Prof. Kundi. Denn Berichte über massive Anstiege bei speziellen Hirntumoren geistern schon seit vielen Jahren durch die internationale Anti-Mobilfunk-Szene, insofern käut Kundi nur Bekanntes wieder. Und genau hinsehen darf man bei diesen Berichten nicht. Tut man es doch, fallen einem schnell Ungereimtheiten auf. So verliert z.B. ein "massiver Anstieg", um sagen wir einmal 100 Prozent (Verdopplung), seine Schrecken sobald man erkennt, dass von je 100'000 Personen einer Bevölkerung z.B. nur drei von einem Hirntumor betroffen sind. Nach einer Verdopplung sind es dann sechs Personen. Möglich macht dieses böse Spiel mit Zahlen der Umstand, dass Hirntumore eine seltene Erkrankung sind.

Trickreich auch das Vorgehen, Statistiken der Krebsregister nach Hirntumoren zu durchflöhen, die einen "massiven Anstieg" zeigen, wie dies z.B. in Schweden passiert ist. Dazu muss man wissen, dass es etwa 150 unterschiedliche Typen von Hirntumoren gibt. In Schweden wurde der ersehnte Anstieg bei Tumoren mit dem ICD-Code D43 gefunden. Doch das sind Tumoren unsicheren/unbekannten Verhaltens, bei denen die Ärzte selbst nicht genau wissen, ob es sich um gut- oder bösartige Wucherungen handelt. Sollten durch feinere Diagnosetechniken also Tumoren früher (=häufiger) entdeckt werden, eine klare Zuordnung zu bös- oder gutartig jedoch scheitern, dann landen diese Fälle unter D43. Mobilfunkgegner scheren derartige Einwände nicht. Sie propagierten den Anstieg bei D43 kurzerhand als mobilfunkgemacht, weil eine mehr oder weniger gut passende zeitliche Korrelation zum Aufkommen von GSM, UMTS oder LTE sichtbar ist. Dass eine Korrelation Zufall sein kann und noch lange kein Beleg für einen Kausalzusammenhang ist, das wird geflissentlich übersehen. Und warum Telefonieren mit dem Handy ausgerechnet Tumoren vom Typ D43 verursachen sollte und keinen der 149 anderen Typen, auch dafür haben Alarmisten keine Antwort. Ebenfalls nicht dafür, dass es in Deutschland keine Verdopplung der Hirntumoren gibt, auch nicht mit der Diagnose D43.

Der Artikel auf meinbezirk.at liest sich für mich wie ein Rückzugsgefecht überzeugter Mobilfunkgegner, die nichts Substanzielles in der Hand haben, um ihre Bedenken glaubhaft zu machen. In solchen Fällen wird gerne mit der Angst der Leute vor einer ungewissen Zukunft gespielt. Diese Methode ist alt. Schon vor rund 100 Jahren sorgte sie mit dem berühmten Haarmann-Lied für Gruselschauer:

Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Schabefleisch aus dir.
Aus den Augen macht er Sülze,
aus dem Hintern macht er Speck,
aus den Därmen macht er Würste
und den Rest, den schmeißt er weg.

Hintergrund
Hirntumoren: angeblich starke Zunahme in Schweden
Bösartige Hirntumoren in UK von 1995 bis 2015 mehr als verdoppelt
Verdopplung "aggressiver" Gehirn-Tumoren in Dänemark

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Tags:
Statistik, Hirntumor, Krebsrate, Kundi, D43, Krebsentwicklung, Morphologie

Österreichische Sprachlogik verstehen: Übung 1

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 16.08.2018, 00:57 (vor 2329 Tagen) @ H. Lamarr

Kundi sieht das Problem vor allem darin, dass den hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) große Bevölkerungsgruppen ausgesetzt sind ...

Im Satz oben, er stammt aus der RMA-Pressemitteilung, hapert es an der Semantik: Nicht den Felder werden Bevölkerungsgruppen ausgesetzt – das wäre ja auch zu komisch und ganz schön monumental –, sondern genau umgekehrt werden Bevölkerungsgruppen den Feldern ausgesetzt.

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Schwache Resonanz auf 5G-Alarm in Österreich

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 16.08.2018, 19:26 (vor 2328 Tagen) @ H. Lamarr

Link zum ausführlichen Online-Bericht: www.meinbezirk.at/2807984

Der Bericht auf meinbezirk.at steht seit nunmehr gut 2 Tagen im Netz. Doch die Resonanz ist schwach. Die dort platzierte Umfrage "Soll mit dem Ausbau von 5G gewartet werden?" hat bisher nur bescheidene 18 Teilnehmer gefunden (siehe Bild). Und das, obwohl der Verlag am 14. August extra eine Pressemitteilung mit Link zu dem Bericht herausgebracht hat.

Screenshot vom 16. August 2018, 17:00 Uhr
[image]

Wie immer bei solchen Umfragen dominieren die Bedenkenträger. Das liegt u.a. daran, dass in der Anti-Mobilfunk-Szene jedwede thematisch passende Umfrage unverzüglich kolportiert und die "lieben Mitstreiter" zur Teilnahme aufgefordert werden. Anhand der momentan zehn zustimmenden Teilnehmer ist gut erkennbar, dass Österreichs Anti-Mobilfunk-Szene die mit Abstand kleinste in den drei D-A-CH-Ländern ist, die Musik spielt woanders.

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Tags:
Oesterreich, Umfrage, 5G

5G-Verteufelung in Österreich: Erwartungen nicht erfüllt

H. Lamarr @, München, Freitag, 17.08.2018, 16:02 (vor 2327 Tagen) @ H. Lamarr

Link zum ausführlichen Online-Bericht: www.meinbezirk.at/2807984

Auf mich wirkt dieser Beitrag auf meinbezirk.at ziemlich unausgegoren, als ob Fragmente der Mobilfunkdebatte in eine Dose gegeben, die wie ein Würfelbecher geschüttelt und ausgekippt wurde.

Maßgebend für diesen Eindruck ist der irreführende und unsinnige Titel "5G: Mediziner fordern mehr Untersuchungen von Handystrahlen". Denn im Text geht es dann mitnichten um eine kraftvoll begründete Forderung österreichischer Mediziner, sondern nur kurz um Hardells verunfallten 5G-Appell, der auch noch fälschlich ins Jahr 2015 verschoben wird (richtig: 2017). Statt aufgebrachter österreichischer (niedergelassener) Mediziner kommen in dem Beitrag aufseiten der Bedenkenträger mit den Wiener Profs. Kundi und Mosgöller lediglich zwei der vier bekannten Mobilfunkgegner der Alpenrepublik zu Wort (der dritte ist Prof. Hans-Peter Hutter, der vierte Dr. med. Gerd Oberfeld), die sämtliche Anti-Mobilfunk-Talks des Landes unter sich ausmachen. Kundi ist kein promovierter Mediziner, die anderen schon.

Unterm Strich fordert, im Widerspruch zu dessen Titel, in dem Beitrag allein Prof. Mosgöller "mehr Forschung". Das haut einen nun auch nicht gerade vom Hocker, denn diese Forderung ist zweischneidig, sie kann auch als Arbeitsplatzsicherungsmaßnahme für diesen Krebsforscher an der Uni Wien gesehen werden.

Nein, überzeugend ist das nicht, was RMA da auf wackligen Beinen zuwege gebracht hat. Den zusammen gestückelten Beitrag mit einer Pressemitteilung hervor zu heben weckt Erwartungen, die aus meiner Sicht nicht erfüllt werden.

Hintergrund
Quantenmystik und Biokram
Wie "pseudo" ist die Alternativmedizin?

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Tags:
Oberfeld, Hutter, Hardell, Irreführung, Kundi, MUW, Mosgöller, Kommerz, 5G-Appell

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