Fachbuch der Radiologie (1985): 7 bis 16 Jahre nach Röntgen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 30.10.2016, 21:59 (vor 2944 Tagen) @ H. Lamarr

In Einzelfällen konnten auch ionisierende Strahlen als Ursache für einen Hirntumor erkannt werden. Im Vordergrund stehen Meningiome mit 23 in der Weltliteratur beschriebenen Fällen, gefolgt von Fibrosarkomen (5 Fälle) und einem Retikulosarkom (SCHMITT 1979). Bei Affen wurden auch ein Glioblastom, ein malignes Lymphom und ein Fibrosarkom beobachtet (KENT u. PICKERING 1958). In fast allen Fällen war der Anlaß zur (hoch dosierten) Bestrahlung ein maligner Primärtumor gewesen. Die Latenzzeit betrug bei Meningiomen rund 25 Jahre, bei Sarkomen 7 1/2 Jahre (W AGA u. HANDA 1976).

Zwei große epidemiologische Studien zur radiogenen Entstehung von Hitntumoren wurden veröffentlicht (ALBERT et al. 1966; MODAN et al. 1974). ALBERT et al. fanden 2 Astrozytome bei 1908 Personen, die wegen einer Pilzerkrankung der Kopfhaut (Tinea capitis) bestrahlt wurden, ebenso sahen sie geistige Störungen und bleibende Haarwachstumsschäden. MODAN et al. (1974) werteten die Daten von ungefähr 11000 Kindern bis zu 15 Jahren aus, die bei der Einwanderung nach Israel einer Epilationsbestrahlung wegen Tinea capitis unterzogen wurden. Sie stellten zwei nicht bestrahlte ebenfalls retrospektiv ausgewertete Kontrollgruppen gegenüber. Die Bestrahlung erfolgte mit 75-100 kV-Röntgenstrahlen und 350-400 R auf 5 Felder, die Dosis im Gehirn wird mit rund 140 rad berechnet. Die bestrahlte Gruppe hatte ein signifikant höheres Risiko zur Entwicklung von malignen und benignen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich, besonders im Gehirn, der Parotis und der Schilddrüse. Mit einer Latenzzeit von 7 - 16 Jahren traten 0,7/1000 Hirntumoren auf. Die Autoren halten ihren Bericht für den ersten definitiven Nachweis der Rolle der ionisierenden Strahlen in der Ätiologie von Hirntumoren (außer Meningiomen).

Handbuch der medizinischen Radiologie

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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