Sicherheitsabstand auf fast 50 Prozent reduziert (Allgemein)
Spannend wird es mit den Sicherheitsabständen werden. Denn momentan hat eine der drei 80°-Antennen 6,82 Meter horizontalen Sicherheitsabstand. Und der standortbezogene Sicherheitsabstand in Hauptstrahlrichtung beträgt sogar 15,72 Meter horizontal und 3,72 Meter vertikal. Wenn sich daran bis zum Bezug der Wohnungen in dem Neubau nichts ändert, werden die Bewohner der dem Masten gegenüber liegenden Wohnung im 5. Stock nach meiner Einschätzung unzulässig befeldet.
Die BNetzA und der Betreiber des Sendemasten haben schnell reagiert. Die neue Standortbescheinigung wurde bereits am 23. Dezember 2015 ausgestellt und zeigt jetzt merklich moderatere Werte:
Der horizontale Sicherheitsabstand der 80°-Antenne wurde von 6,82 Meter auf 4,26 reduziert.
Noch deutlicher wurde der standortbezogene Sicherheitsabstand reduziert. Er fiel in horizontaler Richtung von 15,72 Meter auf 8,12 Meter und in vertikaler Richtung von 3,72 Meter auf 2,03 Meter.
Google Earth war so freundlich, die Baustelle neben dem Sendemasten zu fotografieren, so dass die Abstände nicht mehr geschätzt, sondern gemessen werden können (Bild).
Abstand Sendemast zum neuen Nachbargebäude. Zwischen beiden Gebäuden befindet sich derzeit eine Baustellenzufahrt.
Bild: Google Earth
Auf dem Flachdach des Gebäudes mit dem Antennenträger ist der Schattenwurf der Antennen gut zu erkennen. Dies lässt es zu, den Abstand nicht auf den Mittelpunkt des Stahlmasten bezogen zu messen, sondern (genauer) den Abstand des 80°-Antennenpanels (Vorderseite) zur Außenmauer des angrenzenden Neubaus (gelbe Linie). Dieser Abstand beträgt 6,10 Meter. Zum Mittelpunkt des Masten sind es 6,90 Meter.
Das heißt, es bleibt spannend. Denn jetzt ist zwar das Problem mit der 80°-Antenne beseitigt worden, doch der standortbezogene Sicherheitsabstand, dieser berücksichtigt auch die Funkeinwirkung umliegender Sendemasten, reicht noch immer rund 2 Meter tief in den Neubau hinein. Dies wirft erneut Fragen auf, ob sich in dieser 2-Meter-Zone ein Mensch dauerhaft im Freien aufhalten kann (Balkon) und ob es zulässig ist, den Sicherheitsabstand zu überschreiten, wenn die Dämpfung der Bausubstanz das Funkfeld garantiert auf Werte unter Grenzwert abschwächt.
Aus meiner Sicht ist die Situation, dass in unmittelbarer Nähe eines bestehenden Antennenträgers ein Neubau hochgezogen wird, unbefriedigend gelöst. Denn es darf schon wegen der Bauarbeiter nicht sein, dass Neubauten in den Sicherheitsabstand ragen und es dem Zufall überlassen ist, ob jemandem der zu geringe Abstand auffällt und dies der BNetzA meldet. Die Verantwortung den Betreibern der Mobilfunknetze zuzuschieben, wie es anscheinend derzeit der Fall ist, ist bürokratisch möglich, die praktische Umsetzung zeigt, wie der konkrete Fall deutlich macht, jedoch Schwächen. Das bauliche Umfeld von rd. 70'000 Standorten von Sendemasten in Deutschland ständig im Blick zu haben ist gegenwärtig nur umständlich und damit teuer zu bewerkstelligen, würde Google Earth seine Bilder z.B. 2-mal jährlich aktualisieren, wäre wahrscheinlich ein Automatismus möglich, doch dies ist Zukunftsmusik.
Einfacher wäre es mMn, dürfte der Sicherheitsabstand einer Antenne eine Grundstücksgrenze nicht überschreiten. Dies war im konkreten Beispiel der Fall und dieser Fehler wurde korrigiert. Schwieriger wird es bei den standortbezogenen Sicherheitsabständen. Da diese die Immission durch umliegende Sendemasten berücksichtigen, diese Immission jedoch im Zuge des Netzausbaus einem steten Wandel unterzogen ist, müsste sich jeder neue Sendemast rückwirkend auf alle standortbezogenen Sicherheitsabstände von Bestandsmasten in der Umgebung auswirken. Dies aber ist offenbar nicht der Fall, denn sonst müsste die BNetzA ungefähr 70'000 Standortbescheinigungen ständig aktualisieren. Wie aber ist es dann? Um Auskunft dazu haben wir die BNetzA heute gebeten.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
gesamter Thread:
- Mein Nachbar, der Sendemast in 6 m Abstand -
H. Lamarr,
06.12.2015, 23:20
- Unerkannt in EMF-Verbotszonen leben: Kann das sein? -
H. Lamarr,
07.12.2015, 13:00
- UMTS: 10 kW/m² gemessen, und trotzdem Grenzwertkonform - H. Lamarr, 15.01.2016, 22:02
- Mein Nachbar, der Sendemast in 6 m Abstand - Kuddel, 07.12.2015, 21:16
- Sicherheitsabstand auf fast 50 Prozent reduziert -
H. Lamarr,
27.03.2016, 13:19
- Kritischer Standort wurde um 15 m verschoben - H. Lamarr, 13.12.2023, 20:33
- Unerkannt in EMF-Verbotszonen leben: Kann das sein? -
H. Lamarr,
07.12.2015, 13:00