Elektrosensibilität ist eine ansteckende Krankheit (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 12.02.2015, 23:57 (vor 3571 Tagen)

An der WHO-Arbeitssitzung zum Thema "Elektrosensibilität" im Oktober 2004 in Prag nahmen auch die schweizerischen Mediziner Prof. Reinhold Berz und Prof. Jan Olaf Gebbers teil. Im November 2004 brachten die beiden einen Bericht von der Veranstaltung auf ihrer inzwischen stillgelegten Website www.nirmed.org. Glücklicherweise sind wir in der Lage, diesen Bericht ersatzweise anbieten zu können (PDF, deutsch, 3 Seiten).

Der Bericht zeigt am Ende einige Fotos einer Präsentation, vorgetragen von Prof. Ludek Pekarek (Organisator der WHO-Arbeitssitzung in Prag) und Prof. Vinar von der Universität Prag. Auf einer der abfotografierten Folien ist zu lesen:

Electrohypersensitivitiy is a contagious disease
- The information about its existence is contagious
- Model: Malaria. The plasmodium needs a vector: mosquito
Media is the vector of Electrohypersensitivity

Auf deutsch:

Elektrosensibilität ist eine ansteckende Krankheit
- Ansteckungsherd ist das Gerede über ihr Vorkommen
- Musterfall: Malaria. Die Erreger benötigen Moskitos als Überträger der Krankheit
Bei Elektrosensibilität sind die Medien die Überträger

Bereits 2004 wurde damit das formuliert, was Ende 2012 von einer wissenschaftlichen Untersuchung bestätigt wurde: Medienberichte erzeugen "Betroffene". Dass auf diese Weise nicht nur "Elektrosensible" aus dem Hut gezaubert werden, sondern auch "Windradsensible", ist hier nachzulesen.

So weit so gut.

Frau Weber, überzeugte Elektrosensible aus München-Obermenzing, deutet die frühe Botschaft von der ansteckenden Krankheit EHS erwartungsgemäß ganz anders. Sie erkennt darin eine Bestätigung ihrer Verschwörungstheorie, die Medien würden irgendwie daran gehindert, die absolute Wahrheit über "Elektrosensibilität" zu berichten. Die betagte Dame schreibt unter Bezug auf die oben rot markierte Aussage:

Diese Ausdrucksweise bestätigt, dass es Elektrosensibilität gibt und dass man davon weiß!

Ein ganzes Volk war auf der Straße um für die Pressefreiheit zu demonstrieren! Aber in meinen Augen ist mittlerweile ganz offensichtlich, dass die Presse schon im Vorfeld beeinflusst wird, vielleicht schon gar gewisse Auflagen hat, worüber sie berichten soll/darf oder nicht. Die Pressefreiheit ist also eingeschränkt.

Eigentlich wollte ich dazu nur diesen vielsagenden Smilie :tock: bringen. Doch damit täte ich Frau Weber Unrecht. Denn sie deklariert Ihre versponnene Behauptung ausdrücklich als Meinungsäußerung. Damit ist sie auf der sicheren Seite, denn es ist nicht verboten, schräge Meinungen zu haben. Man läuft damit nur Gefahr, auf Dauer nicht mehr ernst genommen zu werden.

Hintergrund
Fact-Sheet-296-Skandal: Finale Oktober 2004 in Prag

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Ansteckung, EHS, Elektrosensible, Elektrochonder, Electrohypersensitivity

Elektrosensibilität ist keine ansteckende Krankheit

charles ⌂ @, Freitag, 13.02.2015, 10:47 (vor 3570 Tagen) @ H. Lamarr

Dies ist grosse Unsinn.

Wenn Elektrosensitivität ansteckend sein soll, sollte ich auch bereits elektrosensitiv sein, und das ist glücklich nicht der Fall.

Frau Weber als Elektrosensitive ist nicht ernst zu nehmen. Sie ist kein gutes Beispiel.
Die meiste echte Elektrosensitive die mir bekannt sind treten gar nicht in die Öffentlichkeit.

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Charles Claessens
www.milieuziektes.nl

Elektrosensibilität ist eine ansteckende Krankheit

H. Lamarr @, München, Freitag, 13.02.2015, 14:05 (vor 3570 Tagen) @ charles

Wenn Elektrosensitivität ansteckend sein soll, sollte ich auch bereits elektrosensitiv sein, und das ist glücklich nicht der Fall.

Sie sind immun. Auch ich bin immun. Nahezu alle sind immun. Nur eine handvoll Ausnahmen glaubt, "elektrosensibel" zu sein. Andere Ausnahmen glauben z.B. Jesus Christus zu sein. Wahnvorstellungen haben viele Formen, jedes Jahr kommen neue hinzu. Kein Grund zur Aufregung.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Auch Dermatozoenwahn ist eine ansteckende Krankheit

H. Lamarr @, München, Freitag, 13.02.2015, 14:00 (vor 3570 Tagen) @ H. Lamarr

Bei Elektrosensibilität sind die Medien die Überträger

Nicht nur dort ...

Klassisches Beispiel für eine von den Medien verbreitete ansteckende Krankheit ist der Dermatozoenwahn (wahnhafter Ungeziefer-Befall).

"Diagnose-Reflex" schrieb 2011: Andrew Lustig vom Center for Addiction and Mental Health in Toronto schrieb dazu im Fachjournal „Psychosomatics“: „Die Morgellonsche Krankheit ist ein Internet-Phänomen. Durch die vielen öffentlich gemachten Schilderungen von Patienten in den vergangenen paar Jahren sehen wir einen explosiven Anstieg derer, die sich ebenfalls betroffen fühlen – dabei ist der Dermatozoenwahn seit über 300 Jahren bekannt.“

Experten raten gemäß dieser Quelle bei Dermatozoenwahn zu folgendem Ablauf (nach R. Freudenmann, 2002):

1. Es muss nicht gleich der Psychiater sein, der hier als erster konsultiert wird, zumal die Hemmschwelle gerade hier am größten ist. Der erste Ansprechpartner ist und bleibt deshalb der Hausarzt, also der Allgemeinarzt oder hausärztlich tätige Internist.

Er wird zuerst einen Dermatologen heranziehen, um sich abzusichern (auch wenn er schon sehr früh den richtigen Verdacht hegt). Möglicherweise und je nach Ursachen (siehe das entsprechende Schema) können hier auch spezielle internistische Disziplinen, der Neurologe, ggf. sogar bei unklaren Fällen der Mikrobiologe und Parasitologe gefragt sein. Denn es sei unbestritten: Nicht jeder Dermatozoenwahn ist auch ein Wahn, dafür gibt es in der Fachliteratur durchaus Beispiele.

Dieses Eingeständnis wird zwar viele Patienten in ihrer Meinung bestätigen, nämlich, dass es ein organisches Leiden sein muss, doch sind sich die Experten auch darin einig: Wenn es sich um einen Wahn oder eine andere seelische Störung handelt, sollte der Betroffene auch die "Gnade der Einsicht" haben und den richtigen Therapeuten und damit die letztlich einzig erfolgreiche Behandlung wählen. Und das ist der Psychiater mit seiner gezielten Pharmakotherapie (siehe später).

2. Sind sich die hinzugezogenen Ärzte nach Absprache einig, dass es sich um einen Dermatozoenwahn handelt, dürfen sie keinesfalls ("um des lieben Friedens" oder einer erhofften besseren Therapietreue willens) Antibiotika, Antimykotika (Pilzmittel), Insektizide u.ä. verordnen, selbst wenn der Patient immer heftiger darauf drängt oder gar einen (verhängnisvollen) Kompromiss verspricht: einerseits Insektizide, dafür vielleicht auch mal den Psychiater konsultieren.

3. Was aber durchaus möglich, sinnvoll oder gar unverzichtbar sein kann, ist die Pflege etwaiger Hautschäden und die Bekämpfung des (selbst verursachten) Juckreizes. Dazu gehören unter dermatologischer Anleitung Lotionen und fettende Salben, Pflegebäder, ggf. elastische Wickel zum Schutz, bei stärkeren Entzündungen auch kurzfristig Glucokortikoide u.a. Sie dürfen aber nicht den Eindruck erwecken, es handele sich um "Parasiten-Bekämpfungsmittel". Stets muss klar werden, dass hier künstliche Kratz- oder sonst wie ausgelöste Schäden gelindert werden.

4. Handelt es sich um ein Beschwerdebild auf Grund einer körperlichen Grunderkrankung (siehe entsprechendes Schema), gilt es therapeutisch dort anzusetzen. Beispiele: Bei Urämie die Elimination harnpflichtiger Substanzen (z. B. durch die Dialyse, also Blutwäsche), bei Diabetes mellitus; eine Einstellung des Zuckerspiegels, ggf. durch eine gezielte Insulintherapie, bei Vitamin B 12-Mangel eine entsprechende Vitaminsubstitution u.a.

5. Handelt es sich um eine seelische Grunderkrankung, kann die Therapie schon schwieriger werden, da diese Leiden den menschlichen und auch ärztlichen Zugang mitunter erschweren. Die wenigsten Probleme bereiten im Therapeut-Patient-Verhältnis in der Regel depressive Patienten. Sie bekommen die (auch weniger stigmatisierend empfundenen) stimmungsaufhellenden Antidepressiva verordnet (Einzelheiten siehe unten). Mehr Probleme können hingegen Rauschdrogenabhängige (z. B. Kokain oder Weckmittel), Alkoholkranke, Mehrfachabhängige, geistig Behinderte, Demente, Persönlichkeitsgestörte und vor allem für bestimmte Patienten mit einer Schizophrenie oder wahnhaften Störung verursachen. Hier wären nämlich in der Regel antipsychotisch wirkende Neuroleptika die Mittel der ersten Wahl. Und die gelten als ungeliebte Arzneimittel mit z. T. auch durchaus beeinträchtigenden Nebenwirkungen (zumindest die früheren Neuroleptika-Generationen). Außerdem gilt es ein weiteres Hindernis zu beachten: Wer Neuroleptika (also antipsychotisch wirkende Psychopharmaka) nehmen muss, dem wird ja wohl auch eine Psychose (Geisteskrankheit) unterstellt. Also wird die neuroleptische Behandlung abgelehnt, um nicht die dahinter vermutete Psychose (was der Dermatozoenwahn ja letztlich auch ist) akzeptieren zu müssen.

Die manchmal als Alternative gewünschte Psychotherapie, in welcher Form auch immer, hat bei dieser Heilanzeige keine oder nur geringen Behandlungserfolge, am ehesten in Form stützender, betreuender, begleitender Hilfe. Das aber empfiehlt sich ohnehin, als alleinige Therapie aber endet es rasch in Frustration für beide Seiten.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Ansteckung, Diabetes, ICD-10, Dermatozoenwahn, Blutwäsche, Neurologie

Auch Dermatozoenwahn ist eine ansteckende Krankheit

Cordy0, Donnerstag, 30.05.2019, 13:25 (vor 2003 Tagen) @ H. Lamarr

Ist die Expertenmeinung so zu verstehen:

Wenn der Patient über Insekten in der Haut klagt:
Auf keinen Fall dürfen bei Verdacht des Patienten auf Insekten in der Haut Insektenvernichtungsmittel genutzt werden und Insekten kleiner einer Mücke sind zu übersehen.
Wenn im Umfeld weitere Erkrankungen auftreten, ist es ein klares Zeichen für nicht vorhandene Insekten.

Auch Dermatozoenwahn ist eine ansteckende Krankheit

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 30.05.2019, 23:53 (vor 2003 Tagen) @ Cordy0

Ist die Expertenmeinung so zu verstehen:

Wenn der Patient über Insekten in der Haut klagt:
Auf keinen Fall dürfen bei Verdacht des Patienten auf Insekten in der Haut Insektenvernichtungsmittel genutzt werden ...

Ja, wird vom Text des Ausgangspostings gestützt.

... und Insekten kleiner einer Mücke sind zu übersehen.

Nein, wird vom Text des Ausgangspostings nicht gestützt.

Wenn im Umfeld weitere Erkrankungen auftreten, ist es ein klares Zeichen für nicht vorhandene Insekten.

Nein, wird vom Text des Ausgangspostings nicht gestützt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Auch Dermatozoenwahn ist eine ansteckende Krankheit

Cordy0, Freitag, 31.05.2019, 07:54 (vor 2003 Tagen) @ H. Lamarr

Vielen Dank
Insekten, die in der Haut leben sind schnell übersehen, eine Ganzkörperbehandlung kostet etwa 16 EURO und dauert eine Nacht.
Wenn kleine Fasern auf der Haut liegen,
könnten diese zum Beispiel durch ein Zitronensaft- Hanf-Öl
mit einem Watte- Pad abgewischt werden.
Dann könnte auch die schlimme Hautreizung verschwinden.
und noch suchen, wo die kleinen Fasern herkommen
und es dort mit einer Reinigung versuchen.

Eine Behandlung der eingebildeten Krankheit könnte auch helfen.

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