Freiburger Appell - merkwürdige Begleitumstände (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 13.10.2012, 01:31 (vor 4428 Tagen) @ H. Lamarr

Der Original Freiburger Appell wurde erstmals am 9. Oktober 2002 von Igumed veröffentlicht, ein paar Tage später am 20. Oktober erschien er noch einmal, diesmal in der Zeitschrift UMG.

Jörg W., damals quirliger Betreiber der Website elektrosmognews, inszenierte die mediale Seite des Freiburger Appells im Stil eines Countdowns für ein Großereignis, vergleichbar der Landung der ersten Menschen auf dem Mond. Hier eine Kostprobe vom 21. Oktober 2002:

Freiburger Appell: Die Unterschriftensammlung hat begonnen!

Jetzt alle mitmachen bei der Grossaktion - jede Unterschrift zählt! Freiburger Appell: Die Unterschriftensammlung hat begonnen!

Der gestern veröffentlichte Freiburger Appell stößt auf ein gewaltiges Echo, sowohl bei Journalisten als auch bei Ärzten, Bürgerinitiativen, Unterstützergruppen, Umweltverbänden und interessierten Einzelpersonen.

Jetzt hat die europaweite Unterschriftensammlung begonnen.

Stündlich schließen sich weitere Ärzte, Wissenschaftler und Unterstützer aus ganz Europa dem Appell an!

Macht alle aktiv mit! Jede Unterschrift zaehlt, auch Deine! Verlasst Euch nicht auf die Anderen! Denkt nicht, die Anderen werden das schon machen! Ihr seid die Anderen!

Die Mobilfunkindustrie versucht derzeit, die derzeitigen Grenzwerte auf EU-Ebene für alle EU-Mitgliedsstaaten verbindlich zu zementieren! Wenn das gelingt, werdet Ihr keine Chance haben, Euren Sender in den nächsten 5 Jahren loszuwerden! Nur massiver Druck von unten kann das verhindern, und da kommt es auf JEDEN EINZELNEN an!!!

Am 17. Februar 2003 lieferte Jörg W. sein Meisterstück ab. Denn die Effekthascherei, mit der er die Auszählung der (deutschen) Fragebögen des Freiburger Appells ankündigte, sie ist unvergleichlich:

Großes Medieninteresse: Öffentliche Auszählung zum "Freiburger Appell" am 22.02. mit Pressekonferenz

Presse, Rundfunk und Fernsehen zeigen großes Interesse

Öffentliche Auszählung für Deutschland am 22. Februar, 14 Uhr in Gründau-Gettenbach mit anschließender Pressekonferenz

Wichtiger Termin für Presse, Rundfunk, Fernsehen:

Am Samstag, den 22. Februar 2003 findet um 14 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus Gründau-Gettenbach die Auszählung der deutschen Unterschriftslisten zum Freiburger Appell statt. Viele Medienredaktionen zeigen großes Interesse und haben bereits ihre Teilnahme angekündigt.

Die Auszählung ist öffentlich, anschließend findet eine Pressekonferenz für Presse, Rundfunk und Fernsehen statt.

Was Google heute über diesen denkwürdigen Tag, den 22. Februar 2003, zum Thema findet, ist allerdings ernüchternd.

Am 24. Februar 2003 berichtete Jörg W. über das Ergebnis der Auszählung:

Wie das hese-Project mitteilt, haben mit heutigem Datum bereits weit mehr als 1.000 Ärzte den Freiburger Appell unterzeichnet, davon ca. 1.000 allein aus Deutschland.

Die Unterschriftenaktion hat im Ausland erst vor kurzem begonnen, dennoch liegen bereits ca. 3.000 Unterstützer-Unterschriften aus dem Ausland vor und weitere 32.000 aus Deutschland.

Und was sind jetzt die merkwürdigen Begleitumstände?

1) Innerhalb von nur 4 Monaten und 2 Tagen sollen angeblich 32'000 Unterschriften in Deutschland gesammelt worden sein. Wie mag das nur funktioniert haben? Wer die Szene kennt, weiß, dass eine solche Resonanz in dieser kurzen Zeit absolut untypisch ist. Es ist in keiner Weise ersichtlich, wie hese, damals gerade eben frisch gegründet und weitgehend unbekannt, diese Unterschriftenaktion so erfolgreich organisiert haben will.

2) Das hese-project verkündete bereits am 13. Januar 2003, die Anzahl der Unterstützer des Appells läge bei mehr als 30'000. Doch wie konnte hese dies schon am 13. Januar wissen? Die (noch dazu öffentliche) Auszählung der Fragebögen fand schließlich erst am 22. Februar 2003 statt! Damals schon arbeiteten hese und der sogenannte HLV Hand-in-Hand (Beleg), und so wie es aussieht, war die vom HLV gestemmte öffentliche Auszählung nichts weiter als eine Inszenierung, mit der man (vergeblich) hoffte, Aufmerksamkeit bei den Medien zu erregen.

3) Wenn in 4 Monaten und 2 Tagen im In- und Ausland 35'000 Unterschriften gesammelt werden konnten, jedoch rund zwei Jahre später die Zeitschrift UMG Ausgabe 4/2005 von (nur) 36'000 Unterschriften spricht, dann muss es nach dem (fragwürdig dramatischen) Anfangserfolg einen ebenso dramatischen Einbruch bei den Mitzeichnern gegeben haben. Erklärungen dafür gibt es keine. Da die Unterschriftenlisten keinen Stichtag nennen, hätte (theoretisch) bis zum Jüngsten Tag weiter gesammelt werden können. Doch das Feuer des Freiburger Appells erlosch, warum auch immer, bereits im Frühjahr 2003 abrupt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
IGUMED, Unterschriftenaktion, Verbandszeitschrift, UMG, Aufmerksamkeit


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