Comet-Assay (4) (Forschung)

Alexander Lerchl @, Dienstag, 29.09.2009, 14:07 (vor 5556 Tagen) @ Alexander Lerchl

Vierte Unstimmigkeit

An folgendem Beispiel soll gezeigt werden, warum an den Daten der Wiener Arbeitsgruppe grundsätzlich zu zweifeln ist.

Es geht um folgende Publikation:
No effects of intermittent 50 Hz EMF on cytoplasmic free calcium and on the mitochondrial membrane potential in human diploid fibroblasts.
Autoren: Pilger A, Ivancsits S, Diem E, Steffens M, Kolb HA, Rüdiger HW.
Zeitschrift: Radiat Environ Biophys. 43:203-7 (2004).

Aus dem Abstract: "Human fibroblasts were exposed to intermittent ELF-EMF (50 Hz, 1000 microT). Although exposure of fiboblasts to ELF-EMF resulted in a highly significant increase in DNA strand breaks as determined by the comet assay, no effect on JC-1 fluorescence emission or on [Ca2+]i has been observed when comparing exposed with sham-exposed cells."

Während also die Autoren aus Hannover (Kolb, Steffens) keinerlei Hinweise für Effekte auf das intrazelluläre Kalzium bzw. Mitochondrien-Potentiale fanden, wird in der Veröffentlichung von extremen Schäden auf die DNA berichtet.

Die Werte des Comet-Assays sind wie folgt (im Text exakt so angegeben):
Kontrolle (Scheinexposition): 4,08 ± 0,04
Exposition: 16,12 ± 0,08

Im Text wurde angegeben: "Mean values (±SD) were obtained from five independent series of exposure." (Mittelwerte (± SD) wurden aus fünf unabhängigen Experimenten erhalten). (Anmerkung für Statistik-Experten: Es ist wirklich von SD, nicht von SEM die Rede!).

In der Abbildung sind die Abweichungen von den Mittelwerten kaum zu erkennen.

Man kann ausrechnen (SD geteilt durch Mittelwert), dass die Abweichungen extrem gering sind: Die Werte der unabhängigen Experimente unterscheiden sich nur um weniger als 1% (Kontrolle) bzw. sogar nur um weniger als 0,5% (exponierte Zellen).
Diese dramatischen Effekte (knapp Vervierfachung der DNA-Schäden) sind zunächst einmal biologisch unplausibel, da es keinen Mechanismus gibt, der derartige Effekte erklären könnte. Darauf will ich hier aber gar nicht weiter eingehen. Wichtig ist vielmehr, dass die Daten für sich betrachtet vollkommen unplausibel sind, und zwar aus mindestens drei unmittelbar einleuchtenden Gründen:

1. Die extrem geringen Abweichungen von unter 1% bzw. unter 0,5% würden bedeuten, dass sich die Zellkulturen in fünf unabhängigen Experimenten überhaupt nicht unterscheiden. Dagegen sprechen eine ganze Reihe von Faktoren, die sich notwendigerweise von Experiment zu Experiment nicht exakt wiederholen (reproduzieren) lassen, vor allem: Zustand der Zellen, Temperatur im Inkubator, Effekte der Zellteilungen, Pipettierfehler, Zeit, Variation der Expositionsbedingungen und so weiter und so fort. Jeder, der schon einmal mit Zellkulturen zu tun hatte, kann das bestätigen.

2. Es ist völlig unplausibel, dass die Abweichung bei höherem Tailfaktor (0,5%) kleiner als bei den Kontrollen (1%) ist. Anmerkung: Der Assay war nicht im Bereich der Sättigung, was ansonsten eine Erklärung gewesen wäre. Von der AG sind Werte von mehr als 30 berichtet worden.

2. Selbst wenn man (unzutreffend) annimmt, dass sich die Zellkulturen von Experiment zu Experiment auf wundersame Weise exakt gleich verhalten, kommt folgendes Argument hinzu, welches die extrem geringen Abweichungen als nicht erklärbar feststellt: Es wurden, wie üblich, A, B, C, D und E-Zellen bestimmt. Eine (1) E-Zelle mehr oder weniger ändert den Tail-Faktor jedes Einzelwertes bereits um 0,095, das entspricht sowohl bei den Kontrollen (4,08 ± 0,04) als auch bei den exponierten Zellen (16,12 ± 0,08) bereits einer Abweichung, die höher ist als die gesamte Abweichung der 5 Proben!

(Fortsetzung folgt)

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

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Comet-Assay


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