Menschen mit EHS anerkennen und schützen (Elektrosensibilität)

Gast, Freitag, 04.07.2025, 17:29 (vor 54 Tagen)
bearbeitet von Gast, Freitag, 04.07.2025, 17:51

Der schweizerische Nationalrat Raphaël Mahaim (Grüne) hat am 20. Juni 2025 die Interpellation 25.3876 eingereicht, mit der er der Regierung sechs Fragen stellt:

1. Ist der Bundesrat bereit, elektromagnetische Hypersensibilität (EHS) als ernsthaftes umweltbedingtes Gesundheitsproblem anzusehen und als umweltbedingte Krankheit oder Behinderung rechtlich anzuerkennen?

2. Welche Versicherungsmöglichkeiten sieht er für Betroffene von EHS, die aufgrund der Symptomatik arbeitsunfähig werden?

3. Wie bewertet der Bundesrat die Rolle des Mednis-Projekts hinsichtlich einer rechtlichen Anerkennung von EHS?

4. Ist er bereit, die Ergebnisse der zahlreichen Studien zu EHS zu nutzen, insbesondere in Bezug auf Diagnosekriterien, Behandlungsansätze und Präventionsmassnahmen?

5. Welche Massnahmen ergreift der Bundesrat, um sicherzustellen, dass das medizinische Personal über EHS informiert und für den Umgang mit Betroffenen sensibilisiert wird? Ist er sich bewusst, dass EHS wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen wird, da die Belastung der Bevölkerung durch nichtionisierende Strahlung stetig zunimmt?

6. Teilt der Bundesrat die Ansicht, dass die frühzeitige Erkennung und Prävention von EHS langfristig zu einer Senkung der Folgekosten im Gesundheitswesen führen könnten?

Spätestens mit Mahaims Begründung (unten) wird deutlich, was EHS anbelangt, ist der Politiker noch so hellgrün hinter den Ohren, dass es nicht allzu schwierig gewesen sein dürfte, ihn zu instrumentalisieren. Der Bundesrat kann sich auf die hinlänglich bekannten wissenschaftlichen Positionen berufen und wird deshalb mit Mahaims Interpellation keine Mühe haben. Der Vorstoß missachtet nicht nur den Stand der Wissenschaft, sondern auch die Rechtsprechung der Gerichte, was ihn mMn als respektlosen Versuch einer rein interessengesteuerten politischen Einflussnahme identifiziert:

EHS oder das Syndrom der Intoleranz gegenüber elektromagnetischen Feldern stellt für Betroffene ein ernsthaftes Gesundheitsproblem dar. Schätzungen zufolge leiden in der Schweiz bereits rund 800 000 Menschen in unterschiedlichem Ausmass an Symptomen, die auf elektromagnetische Strahlung zurückzuführen sind (Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Tinnitus, Erschöpfung oder Hautreizungen) und zu sozialer Isolation, Arbeitsunfähigkeit und erheblichen finanziellen Belastungen führen.

Halten sich die Betroffenen in weissen Zonen oder in Umgebungen auf, die besonders gut vor elektromagnetischer Strahlung geschützt sind, zeigen sie häufig keine Symptome mehr.

Obwohl die WHO, das Europäische Parlament, verschiedene nationale Behörden (z. B. in Schweden oder Frankreich) und zahlreiche Gesundheitsfachleute das Phänomen EHS bestätigen, so ist es in der Schweiz trotz Mednis-Projekt bis heute rechtlich nicht anerkannt.

Mahaims Versuch, lobbyistisch zugunsten von überzeugten Elektrosensiblen und den damit verbundenen Geschäftsmodellen tätig zu werden, wird im Nationalrat exklusiv von seiner Parteikollegin Marionna Schlatter unterstützt. Der Nationalrat hat 200 Sitze, auf 23 davon sitzen Grüne.

Der Grüne kolportiert, was überzeugte Elektrosensible munkeln & raunen, Fakten sucht man in seiner Interpellation vergeblich. So nimmt die Funkbelastung der schweizer Bevölkerung eben nicht stetig zu, wie dem aktuellen (dritten) amtlichen Bericht zu nichtionisierender Strahlung in dem Alpenstaat unschwer zu entnehmen ist.

Hintergrund
Schweden-Mythos: Elektrosensibilität keine anerkannte Erkrankung
Das Märchen, EHS ist in Schweden anerkannt
Faktencheck: Hat die EU Elektrosensibilität wirklich anerkannt?
Leszczynski: EHS medizinisch noch nicht seriös diagnostizierbar
Es spukt wieder: 800'000 "Elektrosensible" in der Schweiz
MedNIS: Kohortenstudie ist keine Kausalitätsstudie
Teure Elektrosensible: bis zu 14-mal höhere Behandlungskosten

Menschen mit EHS anerkennen und schützen

H. Lamarr @, München, Montag, 25.08.2025, 18:13 (vor 2 Tagen) @ Gast

Der schweizerische Nationalrat Raphaël Mahaim (Grüne) hat am 20. Juni 2025 die Interpellation 25.3876 eingereicht, mit der er der Regierung sechs Fragen stellt:

Der Bundesrat beantwortete am 20. August 2025 die sechs Fragen wie folgt. Überraschungen gibt es keine:

1. Dem Bundesrat ist bekannt, dass gemäss diversen Studien sich rund ein bis zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung als elektrosensibel bezeichnen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der empfundenen Elektrosensibilität und der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern lässt sich aber bisher wissenschaftlich nicht nachweisen. Auf Grund dessen liegt auch keine spezifische ICD-Klassifizierung (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Elektrosensibilität vor. Dem Bundesrat ist bewusst, dass die Symptome das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen können. Die ärztlichen Konsultationen bei Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit werden bereits heute von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet. Aus Sicht des Bundesrates braucht es dazu keine weiteren rechtlichen Regelungen.

2. Sofern sich aus der Elektrosensibilität eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, 830.1) ergibt, welche erwiesenermassen eine langdauernde Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit zur Folge hat, so klärt die Invalidenversicherung (IV) den Anspruch auf Leistungen wie Eingliederungsmassnahmen oder Rente ab.

3. Das Projekt MedNIS hat primär zum Ziel eine bessere medizinische Beratung von Menschen, die ihre Symptome auf nichtionisierende Strahlung von Strom- und Funkanwendungen im Alltag zurückführen, zu erreichen. Darüber hinaus sollen durch die Erhebung von Daten bei Personen mit Elektrosensibilität sowohl die Patientenbegleitung wie auch die Forschung verbessert werden. Ziel ist es, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in diesem Bereich zu erweitern und die Information und das Wissen über elektromagnetische Hypersensibilität bei Ärzten, in der Allgemeinbevölkerung und bei den Betroffenen selbst zu verbessern.

4. Dem Bundesrat sind die Resultate der zahlreichen Forschungsarbeiten bekannt. Das Ziel des Projektes MedNIS ist es auch, die Forschung zu Elektrosensibilität voranzubringen und medizinische und wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen, um Betroffene besser behandeln zu können. Ein Forschungsmandat begleitet daher das MedNIS-Projekt wissenschaftlich. Eine Langzeitstudie zielt darauf ab, das Verständnis von Elektrosensibilität zu verbessern und die medizinische Versorgung Betroffener zu optimieren.

5. Der Bundesrat ist sich der Wichtigkeit und Bedeutung bewusst. Das Projekt MedNIS basiert genau auf diesem Ansatz, dass die Hausärzte besser über die Thematik informiert sind und mit den Konsiliarärzten Ansprechpersonen haben, an die sie die Patientinnen und Patienten verweisen können. Zudem ist ein regelmässiger Austausch mit den Organisationen von Betroffenen mit Elektrosensibilität wichtig, um ein praxisnahes Vorgehen beizubehalten.

6. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Schutz der Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung in der Schweiz durch das im Umweltschutzgesetz verankerte Vorsorgeprinzip ausreichend gewährleistet ist. Insbesondere tragen die in der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) festgelegten vorsorglichen Grenzwerte (sogenannte Anlagegrenzwerte) für ortsfeste Anlagen an Orten mit empfindlicher Nutzung dazu bei, das Risiko möglicher, bislang nicht eindeutig nachgewiesener Gesundheitsfolgen einer langfristigen Exposition zu verringern. Das Bundesamt für Gesundheit veröffentlicht zudem auf seiner Webseite Empfehlungen, wie die Strahlenbelastung beim Gebrauch von Geräten, die elektromagnetische Strahlung aussenden, individuell reduziert werden kann (www.bag.admin.ch > Themen > Umwelt & Gesundheit > Strahlung, Radioaktivität & Schall > Elektromagnetische Felder (EMF), UV, Laser und Licht > Faktenblätter NIS). Eine frühzeitige und angemessene Versorgung führt bei chronischen Erkrankungen generell zu einer Kostenreduktion bei der Behandlung. Spezifische Daten und Studien, die dies auch bei elektrosensiblen Personen zeigen, sind dem Bundesrat keine bekannt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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