HUJs Irrtümer (11): Mit 0,02 W Sendeleistung keine Verbindung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 10.03.2024, 21:52 (vor 246 Tagen) @ H. Lamarr

Behauptung: Der Bernische Baudirektor Christoph Neuhaus bewilligt laufend Baugesuche, in welchen die adaptiven 5G-Sendeantennen zwecks Einhaltung des Strahlungsgrenzwertes mit derart tiefen Sendeleistungen deklariert sind, dass diese als Sendeantennen gar nicht mehr funktionieren können. [...]
Quelle: 5G adaptiv schon bald ein Perpetuum Mobile?
Jahr: 2024

Berichtigung: Im Verlauf seines Beitrags kommt Gigaherz-Jakob zu der Erkenntnis "Mit einer Senderleistung von 0.02Watt eine Datenverbindung über eine Distanz von 2km durch die Luft herstellen zu wollen, ist absolut hoffnungslos."

An seiner Herleitung der sehr schwachen Sendeleistung von 20 mW am Antenneneingang habe ich nichts auszusetzen, vorausgesetzt Jakobs Angaben zu den Beams stimmen. Sicher bin ich mir da nicht, denn die Broadcast-Beams verbraten meines Wissens stets weniger Sendeleistung als die Traffic-Beams (was Jakob nicht berücksichtigt), aber das sei dahingestellt. Mir geht es um Jakobs Einschätzung, mit nur 20 mW Sendeleistung am Antenneneingang (also nicht verwechseln mit der Strahlungsleistung der Antennen) könne eine Sendeantenne "gar nicht mehr funktionieren".

Ich behaupte, seit eh und je lässt sich mit nur 20 mW Sendeleistung eine Mobilfunkverbindung aufbauen. Nachprüfen lässt sich dies in den technischen Recommendations für das steinalte GSM. Dort sind für GSM-Funksysteme 18 "Power Level" (PL, Sendeleistungsstufen) in 2-dB-Schritten anwachsend definiert, z.B. für GSM900 von minmal 5 dBm (PL19=0,003 W) bis maximal 39 dBm (PL2=8 W). Diese Sendeleistungen waren für Autotelefone zulässig. Da GSM-900-Mobiltelefone bekanntlich mit nicht mehr als 2 W (peak) Sendeleistung arbeiten dürfen, war bei diesen Geräten oben schon bei PL5=33 dBm Schluss.

Ein Mobiltelefon im GSM900-Modus kommt also bestenfalls mit 3 mW (peak) Sendeleistung aus, was sicherlich nicht am Rand einer großen Funkzelle stattfindet, sondern unter sehr guten Empfangsbedingungen nahe der Basisstation. Im Linienbus-Messprojekt des IZgMF haben wir diese geringe Sendeleistung (PL19) 4-mal an unseren Testhandys beobachten können. Da spricht nichts dagegen, dass mit 20 mW Sendeleistung läppische 2 km überbrückt werden können.

Ein aufmerksamer Leser wird jetzt einwenden, Jakob redet aber nicht von der Sendeleistung eines Mobiltelefons, sondern von einer Basisstation und die Funkfelddämpfung ist im 900-MHz-Band viel geringer als im 5G-Band 3,6 GHz. Stimmt, und es gibt darüber hinaus noch weitere Einflussgrößen auf die Linkbilanz, auf die uns hier ein Funknetzplaner einst aufmerksam machte. Meine Berichtigung ist deshalb eher explorativ, sie will zeigen, dass Mobilfunkverbindungen günstigenfalls schon mit 3 mW Sendeleistung möglich sind. Im konkreten Fall gehe ich davon aus, dass die Funknetzplaner von Salt im Gegensatz zu Jakob (und mir :-)) sehr genau wissen was sie tun. Und wenn diese Profis eine Strahlungsleistung von 50 W (ERP) beantragt haben, dann werden sie damit ihr Versorgungsziel mit Sicherheit erreichen.

Funknetzplanung ist eine Wissenschaft für sich. Mir geht es darum, die unerträgliche geradezu kindliche Selbstüberschätzung eines greisen Ex-Elektrikers deutlich zu machen, der ernsthaft glaubt, er wisse über die Linkbudgets und Linkbilanzen von Beamforming-5G-Funkverbindungen besser Bescheid als das Personal der Mobilfunknetzbetreiber, das sich beruflich mit dieser Problematik Tag für Tag auseinandersetzen muss. Jede Wette, Elektrikern vertrauen die Betreiber diese anspruchsvolle Arbeit mit Sicherheit nicht an.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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