"ZentralorganBayern" liked Scheidsteger-Film (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 26.12.2018, 03:39 (vor 2164 Tagen) @ H. Lamarr

Jugend forscht: Dem Griechen Dr. Panagopoulos räumt der Film unangemessen viel Raum ein. Denn verschwiegen wird: Panagopoulos war im Dezember 2013/Januar 2014 in USA zur Anhörung vor dem "Superior Court for the District of Columbia" zwar eingeladen gewesen, seine Aussage wurde vom Gericht jedoch verworfen. Grund: Panagopoulos setzte für seine wissenschaftlichen Experimente, wegen denen er von der Klagepartei als Zeuge geladen wurde, eine dilettantische Expositionsmethode ein. Er befeldete seine Versuchstiere (Fruchtfliegen) einfach mit einem handelsüblichen Handy. Dies wurde von den Beklagten als unwissenschaftlich bemängelt und das Gericht folgte dieser Argumentation. Klaus Scheidsteger erzählt seinen Zuschauern das glatte Gegenteil, er stellt Dr. Panagopoulos als hochqualifizierten Wissenschaftler vor, der in USA als Experte der Klagepartei auftritt. Wer beim Filmschauen aufpasst bemerkt: Panagopoulos fehlt bei den entscheidenden Schlussszenen vor dem Gericht in Washington D.C.! Die anderen Szenen mit ihm sind Fremdkörper im Handlungsstrang, Scheidsteger hätte sie mMn aus Respekt vor den Zuschauern herausschneiden müssen.

Das "ZentralOrganBayern" (ZOB) bietet eigenen Angaben zufolge unabhängigen Journalismus im Dauergefecht gegen Rassismus, Krieg, Vertuschung und mehr. Das stimmt einen erstmal froh. Ein nicht genannter Autor befasste sich schon 2016 auf dieser ZOB-Seite mit Scheidstegers Film "Thank You for Calling". Die Besprechung ist unerwartet wohlwollend, Kritik am Film ist, wenn überhaupt geboten, so marginal, als wäre das Schlimmste, was ein Autotester an einem Testwagen zu bemängeln hat, Größe und Form des Aschenbechers. Das liest sich beim ZOB dann auszugsweise so:

Um es aber gleich zu unterstreichen: “Thank You For Calling” ist keineswegs ein Film der Panik schürt, kein agitaorisches Machwerk! Aber er hat durchaus Schwächen im Detail. So könnten Wissenschaftler insgesamt ein wenig besser mit ihren bisherigen “Erfolgen” oder mit einer klaren Einordnung der Institute, für die sie wirk(t)en, eingeführt werden. Vor allem: der Musikteppich ist manchmal arg aufdringlich. Und klar, der Streifen ist – aber eben in bester Michael-Moore-Tradition – auch ein Stück weit “einseitig” gehalten.

Nun könnte man meinen, die unabhängigen Journalisten des ZOB seien von Scheidsteger ebenso erfolgreich eingeseift worden wie andere Laien, die nichts wissen und deshalb alles glauben müssen, was ihnen der Filmemacher serviert. Doch dem ist nicht so. Die folgende Passage aus dem Artikel macht zweifelsfrei klar, der unbekannte Autor des Artikels muss zuvor die Filmkritik des IZgMF gelesen haben (siehe auch Zitat am Beginn des Postings), konnte sich jedoch nicht zu einer Quellenangabe durchringen:

In der geringen Rezeption, die die Doku von Journalist Klaus Scheidsteger bisher in Deutschland erhielt, wird mitunter auch bemängelt, dass er Experten wie Dr. Panagopoulos in seinem Film zu Wort kommen lässt, obgleich doch die beklagte Mobilfunkindustrie diesen vor dem Superior Court for the District of Columbia als “dilettantisch” zerlegt hätte, weil er “seine Versuchstiere (Fruchtfliegen)…einfach mit einem handelsüblichen Handy” befeldet hätte. Wir sind nun keine Wissenschaftler, nicht einmal besonders profunde Technikexperten, aber wir sehen einen Film stets in einer sehr kritischen Herangehensweise, versuchen – gerade wenn politische oder gesellschaftlich-soziale Fragen direkt oder auch nur indirekt eine Rolle spielen – uns mit den thematischen Hintergründen mehr als via Wiki-Einträgen ein wenig schlau zu machen: und somit ist zu “Thank You For Calling” schon mal formal festzustellen, dass er im Film behandelte handykritische Studien keinesfalls als absolute Beweise darstellt. Ohnedies erklärten die Verantwortlichen auf dem “Beipackzettel” zum Kinostart in Deutschland, dass es weniger ihr Ziel war, “ernsthaften Hinweisen auf mogliche Gesundheitsrisiken” nachzugehen, “sondern vor allem der Frage, warum diese Forschung bisher kaum in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen ist”. Eine absolut nachvollziehbare Frage, wenn man bedenkt, dass inzwischen auf der Welt mehr Handyverträge als Menschen existieren. Und erst recht, wenn man weiss, dass die untersuchte Branche weltweit rund 17 Billionen Dollar pro Jahr umsetzt.

Wir nannten früher solche schön gedrechselten Sätze zugunsten einer von zwei Seiten freundlich Hofberichterstattung. Mir ist unverständlich, wie ein Journalist, der seinen Beruf ernst nimmt, sich so distanzlos beipflichtend über "Thank You for Calling" äußern kann. Es sei denn, der Autor ist Anhänger der Truther-Szene. Allerdings behauptet das ZOB nur "unabhängig" zu sein, wovon auch immer, von kritischem Journalismus ist im Seitenkopf nicht die Rede. Um das ZOB ins hiesige Mediengefüge einordnen zu können, z.B. ob es ein bayerisches Abziehbild von KenFM, der Prawda, der Bayerischen Staatszeitung oder von sonst etwas truthig Angehauchtem ist, fehlen mir Informationen. Da auch Google ungewohnt wenig über dieses Zentralorgan weiß, gehe ich von vernachlässigbarer Bedeutung aus und jetzt schlafen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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