EBI: Irreführung mit "Noch nicht genügend Unterschriften" (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 24.09.2022, 12:09 (vor 813 Tagen) @ H. Lamarr

Wie unberechenbar der Zuspruch zu EBIs sein kann zeigt das Beispiel der EBI "Stop Finning". Nur rd. 70 Tage vor Ablauf der Sammelfrist fehlten dieser EBI noch sage und schreibe 620'000 Unterstützer, um die 1-Mio.-Marke zu überschreiten. Ein Scheitern schien sicher. Am Ende aber stand der Zähler bei 1'202'122.

Nein, so schien es nur, doch so war es nicht. Und die Fehlinterpretation der Zahlen lässt sich getrost der EU in die Schuhe schieben.

Schauen wir uns dazu den Stand der EBI "Stop 5G" im zentralen Sammelsystem der EU an, zeigt uns die Tabelle der Unterstützungsbekundungen bei jedem Land "Noch nicht genügend Unterschriften". Diese Wertung bezieht sich auf die genannte Schwelle, die in mindestens sieben EU-Staaten überschritten werden muss, damit eine EBI mit insgesamt mehr als 1 Mio. Unterstützern von der EU-Kommission anerkannt wird. Der Haken an der Tabelle: Die genannten Zahlen decken ausschließlich die Online-Unterstützung der EBI ab, nicht die Unterstützung auf Papier. Die Wertung "Noch nicht genügend Unterschriften" stützt sich daher besonders gegen Ende der Sammelphase auf eine höchst unsichere Datenbasis, denn inklusive der Unterstützung auf Papier kann es theoretisch sehr wohl Länder geben, die dann ihre Schwelle überschritten haben. Abgesehen von den Organisatoren einer EBI kennt jedoch niemand die Anzahl der Unterstützer auf Papier. Dies ändert sich erst, wenn die EBI innerhalb von maximal drei Monaten nach Sammelende die Unterstützungsbekundungen (online + Papier) bei den nationalen Behörden zur Prüfung auf Gültigkeit einreicht. Die Behörden haben zur Prüfung ebenfalls maximal drei Monate Zeit und informieren die EBI über das Ergebnis. Nach spätestens sechs Monaten weiß die EBI somit, wie viele gültige Unterschriften sie insgesamt gesammelt hat. Jetzt hat die EBI noch einmal maximal drei Monate Zeit, ihre Initiative bei der EU-Kommission einzureichen. Es kann also schlimmstenfalls bis zu neun Monate nach Ende der Sammlung dauern, ehe das zentrale Sammelsystem der EU die tatsächliche Anzahl aller Unterstützungsbekundungen anzeigt und nicht nur die Anzahl der Online-Unterstützer.

Die oben zitierte Aussage, 70 Tage vor Ablauf der Sammelfrist fehlten der EBI "Stopp Finning" noch 620'000 Unterstützer zur magischen 1-Mio.-Marke ist somit deshalb falsch, weil sämtliche Unterstützungsbekundungen auf Papier unbeachtet geblieben sind. Ebenso hat es den sensationellen Zugewinn auf 1'202'122 Unterstützer in nur 70 Tagen nicht gegebenen, diese Anzahl entstand maßgeblich allein dadurch, dass binnen neun Monaten nach Ende der Sammlung zur Anzahl der Online-Unterstützer die Anzahl der Unterstützungsbekundungen auf Papier hinzu kamen. Die EBI "Stopp Finning" mobilisierte 70 Tage vor Sammelende mit der vermeintlichen Schreckensmeldung, es fehlten noch weit mehr als eine halbe Million Unterschriften, ihre Unterstützer zu einer letzten Kraftanstrengung. Mutmaßlich nur deshalb, um sich ein dickeres Polster für die amtliche Prüfung der Unterschriften zu verschaffen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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