Wie Mobilfunkgegner mit Erwin Schliephake Ängste schüren (IX) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 17.04.2025, 21:35 (vor 4 Tagen) @ H. Lamarr

2016 - Autoren der sogenannten "EMF-Leitlinie" des Vereins EuropaEM
Über die schwere Geburt der "EMF-Leitlinie 2016" haben wir hier berichtet. Die Leitlinie versteht sich als Therapieansatz für "Elektrosensible", ist in evidenzbasierten Fachkreisen jedoch nicht anerkannt.

In der englischen Originalversion der Leitlinie stößt man auf eine stellenweise deutschsprachige Textpassage:

Neurological effects of radio-frequency radiation

Early studies of RF are difficult to assess because the descriptions of exposure conditions are often insufficient to derive the relevant dosimetric quantities. As early as 1932, Schliephake (82) reported effects that he considered to be non-thermal: „Es treten Erscheinungen auf, wie wir sie bei Neurasthenikern zu sehen gewohnt sind: starke Mattigkeit am Tag, dafür in der Nacht unruhiger Schlaf, zunächst ein eigenartig ziehendes Gefühl in der Stirn und Kopfhaut, dann Kopfschmerzen, die sich immer mehr steigern, bis zur Unerträglichkeit. Dazu Neigung zu depressiver Stimmung und Aufgeregtheit.“ [...]

Die Irreführung beruht im zitierten Textfragment u.a. darauf, dass selektiv zitiert wird, indem bei dem Zitat Schliephakes entscheidende einleitenden Worte fehlen. Mit denen machte er zweifelsfrei deutlich, dass sich seine Beobachtungen nicht auf die Bevölkerung beziehen, sondern auf ungeschütztes technisches Personal von KW-Sendern. Diese für Mobilfunkgegner unvorteilhaften Worte wegzulassen, ist die einfachste Form einer Zitatverfälschung:

[...] Der Gesamtorganismus wird schon im Strahlungsfeld von starken Kurzwellensendern durch die freie Hertzsche Welle deutlich beeinflusst. Das empfinden alle Personen, die längere Zeit hindurch an solchen Sendern ohne genügende Schutzmittel haben arbeiten müssen. Es treten Erscheinungen auf, wie wir sie bei Neurasthenikern zu sehen gewohnt sind [...]

Schlichtweg falsch ist die Behauptung ...

Schliephake reported effects that he considered to be non-thermal.

Denn Schliephake hielt lediglich fest:

Durch Wärmewirkung allein lassen sich diese Erscheinungen nicht erklären.

"Nichtthermische" (non-thermal) Wirkungen erwähnte der Wissenschaftler in seinem Artikel mit keinem Wort. Welcher der vielen Autoren der "EMF-Leitlinie" für diese offensichtliche Verzerrung des Originals verantwortlich ist, lässt sich für Außenstehende nicht beurteilen, wohl aber, dass hier Schliephake interessengelenkt etwas untergeschoben wird. Der Verein Diagnose-Funk hat, wie in Folge IV dieses Stangs nachzulesen ist, ebenfalls fälschlich versucht, Schliephake mit nichtthermischen Effekten in Verbindung zu bringen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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