"Kompetenzinitiative": Pionierstudie Mastbruch-Projekt (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 08.04.2023, 16:00 (vor 579 Tagen) @ H. Lamarr

Der Wissenschaftler Igor Belyaev hat das zweite Video ganz für sich allein und erklärt dort auf anspruchsvollem Niveau, wie er Blutproben der Probanden ausgewertet hat.

Die "Kompetenzinitiative" feiert ihre Studie im Frankenland als "Pionierstudie". Dabei gab es das alles schon einmal, nämlich ab 2010 in dem Ortsteil Mastbruch von Paderborn. Das Tolle daran ist: Igor Belyaev war auch damals schon mit dabei, zumindest war dies der Plan. Ebenso Kundi und Mosgöller. Das ist deshalb spannend, weil Belyaev, Kundi und Mosgöller im Hirntumor-Prozess in den USA (Murray et al. vs. Motorola et al.) als Gutachter der Anklage auftreten und die Ansicht vertreten, HF-EMF-Exposition erhöhe das Hirntumorrisiko. Anlässlich des Mastbruch-Projekts, an dem auch noch Adlkofer und Neitzke mitwirkten, ging es zwar nicht explizit um Hirntumoren, aber es ging auch damals schon um DNA-Analysen an Blutproben.

Das Projekt folgte dem Plan, vor Inbetriebnahme eines in Mastbruch geplanten neuen Mobilfunkmasten Blutproben von unmittelbaren Anwohnern zu nehmen und nach Inbetriebnahme des Funkmasten anhand mehrerer Folgeauswertungen zu zeigen, dass die dauerhafte HF-Exposition zu gesundheitlich relevanten Veränderungen im Blutbild führt. Messungen zeigten, dass die HF-Exposition der Probanden nach Inbetriebnahme im Mittel um ca. Faktor 100 zunahm, allerdings auf niedrigem Niveau (vorher rd. 3 µW/m², danach rd. 380 µW/m²).

Belyaev, damals an der Universität Stockholm, sollte zur Bewertung der Genotoxizität an Lymphozyten und/oder Fibroblasten der entnommenen Blutproben deren DNA-Reparaturfähigkeit bestimmen. Mosgöller/Kundi sollten DNA-Schäden mit dem Kleinkerntest (Comet-Assay) an Zellen der Wangenschleimhaut aufspüren und zusätzlich mit dem FRAS-Test (Free Radikal Analytical System) die Konzentration freier Radikale im Serum der Probanden messen. Eine Erhöhung der Konzentration wäre ein Hinweis auf Stress der Probanden gewesen, verursacht durch die HF-Exposition.

Der Start des Projekts und die erste Probennahme wurde mit einer Pressekonferenz gezielt in die Medien getragen. Die Begeisterung und Erwartungen waren hoch. Als aber der erste FRAS-Test nach Inbetriebnahme des Funkmasten an 70 Probanden ergab, dass weder Frauen noch Männer eine relevante Veränderung der Konzentration freier Radikale zeigte, erlosch das Interesse schnell und das Projekt versandete. Adlkofer stellte seinerzeit ernüchtert fest: "[...] So hat sich gezeigt, dass die Strahlenbelastung der einzelnen Studienteilnehmer unabhängig von der Exposition durch die neue Basisstation sehr verschieden ist. Der Grund dafür ergibt sich aus der Tatsache, dass es im täglichen Leben kaum noch strahlenfreie Bereiche gibt und dass deshalb mögliche gesundheitliche Auswirkungen einer Strahlenbelastung keineswegs durch Messung der von einer Basisstation ausgehenden Strahlung erfasst werden können. Dies muss in einer Hauptstudie durch eine entsprechende Änderung des Studienplans berücksichtigt werden." Zu der in Aussicht gestellten Hauptstudie ist es nicht mehr gekommen. Unklar ist auch, ob die geplanten Tests zur Bestimmung der Genotoxizität überhaupt noch durchgeführt wurden oder ob deren Ergebnisse ebenfalls belanglos waren und deshalb stillschweigend unter den Tisch fielen. Leider wurden im Oktober 2022 Belyaev und Mosgöller in Düsseldorf nicht danach befragt.

Worin sich die alte und die neue "Pionierstudie" unterscheiden, lässt sich ziemlich einfach durch Vergleich der preisgegebenen Informationen feststellen. Zum Mastbruch-Projekt nannte Adlkofer einige Daten (siehe Hintergrund), zum Projekt der KO-Ini gibt Moldan im ersten Video ab Minute 15:00 Auskunft. Beim Vergleich der Expositionswerte ist zu beachten, Moldan nennt explizit Spitzenwerte, bei Adlkofer ist unklar, ob Effektivwerte oder Spitzenwerte genannt werden (wahrscheinlich sind es Effektivwerte, da ein Mitarbeiter des Ecolog-Instituts gemessen hat).

Hintergrund
Zusammenfassung Mastbruch-Projekt 2010/2011 von Franz Adlkofer
IZgMF-Forumstrang Bluttests unter dem Funkturm (2010)
IZgMF-Forumstrang Mastbruch? Mastbruch! (2011)

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Motorola, Hirntumor, Kundi, Stiftung-Pandora, Mosgöller, Mastbruch, Belyaev, Blutprobe, Murray


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