Huglfing: Baugenehmigung für Funkmast einstimmig erteilt (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 14.12.2023, 16:55 (vor 161 Tagen)

Huglfing, im Süden Münchens gelegen, war seit 2019 ein vogelwildes Widerstandsnest gegen 5G-Mobilfunk. Doch die Website der ortsansässigen 5G-Rebellen liegt seit geraumer Zeit brach, sie wurde Opfer der normativen Kraft des Faktischen. Am 7. Dezember 2023 konnte der Gemeinderat deshalb widerspruchslos dem seit langen geplanten Funkmast am Hochbehälter die Baugenehmigung erteilen. Ein zweiter Funkmast im südlichen Gewerbegebiet war zuvor schon genehmigt worden.

Gegenüber dem IZgMF äußerte sich Bürgermeister Markus Huber erleichtert. Etwa eineinhalb Jahre sei der Funkmast in der Planung gewesen, wenn er 2024 errichtet und in Betrieb genommen wird, hätten alle Bewohner Huglfings eine bessere Versorgung mit Mobilfunkdiensten. Von der Einstimmigkeit des Beschlusses zeigt sich Huber nicht überrascht, dies sei nach dem langen hin und her absehbar und nur noch eine Sache des Vollzugs gewesen. Da die Planungsphase für alle transparent gehandhabt wurde, hätten Kritiker genug Zeit gehabt, substanzielle Sachargumente gegen das Vorhaben einzubringen. Dies sei nicht geschehen.

Der Funkmast am Hochbehälter ist einer von zwei gemeindeeigenen Standorten, die der private Münchener Standortplaner Hans Ulrich der Gemeinde empfohlen hat. Ulrichs Immissionsgutachten lässt sich hier einsehen, der Erinnerung Hubers zufolge hat es die Gemeinde etwa "überschaubare" 10'000 Euro gekostet. Zum Vergleich: Der 2011 errichtete Hochbehälter für die Trinkwasserversorgung der Gemeinde hat Medienmeldungen zufolge rd. 750'000 Euro verschlungen.

Kryptischer Positionsbenennungen wegen sind Ulrichs Gutachten nichts für schnelle Überflieger. Um damit klar zu kommen, wollen die Gutachten gründlich gelesen werden. Wer das nicht tut und nur passagenweise liest, kann leicht falsche Schlüsse ziehen. So zeigt das Huglfinger Gutachten z.B. die Passage ...

[...] A01 [hierbei handelt es sich mutmaßlich um den jetzt genehmigten Funkmast; Anm. Postingautor] weist in der spezifischen Konfiguration mit einem Prognosewert am Immissionspunkt von 0,8/0,7 V/m gegenüber dem Dachstandort Av1 mit 5,3 V/m eine Reduktion um mehr als 80 Prozent auf. [...]

Die Reduktion um 80 Prozent liest sich eindrucksvoll und ohne Frage ist der Standort A01 dem Standort Av1 immissionstechnisch vorzuziehen. Der Haken daran ist nur für den erkennbar, der weiter vorne in dem Gutachten die Notiz gelesen hat, dass Av1 ein "Fiktiver Vergleichsstandort im Innenbereich" ist. Ganz schön clever: Um sein minimierendes Wirken möglichst plakativ vor Augen zu führen, platziert Ulrich mitten im Ort einen fiktiven Dachstandort (mit sechs Funksystemen zu je 80 W Sendeleistung), der in der nahen Wohnbebauung zwangsläufig eine höhere Immission verursacht, als jeder Standort im Außenbereich. Ob dieser Standort Av1 überhaupt vom Mobilfunknetzbetreiber ursprünglich ins Auge gefasst oder von Ulrich frei erfunden wurde, dem Gutachten lässt sich dies nicht entnehmen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Blendwerk, Trick, Immissionsgutachten, Funktechanalyse, Prognose, Honorar, Ulrich, Huglfing, Goldgrube


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