Schweiz: FDP fordert Regierung auf, Weg für 5G frei zu geben (Allgemein)
Mit der Motion 20.3237 forderte am 4. Mai 2020 die FDP-Fraktion im Schweizer Nationalrat die Regierung auf, jetzt die Rahmenbedingungen für einen raschen Aufbau der 5G-Netze zu schaffen. Die Regierung der Schweiz (Bundesrat) sprach sich am 19. August 2020 für eine Annahme der Motion aus.
Am Nationalrat eingereichter Text der Motion
Der Bundesrat wird aufgefordert, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen und Entscheidungen zu treffen, um die Einführung der fünften Generation des Mobilfunkstandards (5G) zu ermöglichen. Das Ziel ist dabei anzustreben, dass es den Anbietern innerhalb der nächsten fünf Jahre möglich ist (d.h. bis 2024), ein qualitativ hochwertiges nationales 5G-Netz zu möglichst geringen Kosten aufzubauen. Die zu ergreifenden Massnahmen wurden in der vom UVEK beauftragten Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Strahlung" in ihrem Bericht mittels verschiedener Optionen deutlich aufgezeigt. Zudem soll der Bundesrat zusammen mit der Branche die breite Bevölkerung über die künftige Mobilfunk-Generation sachgerecht informieren.
Begründung
Die COVID-19 Krise hat gezeigt, wie notwendig ein hochqualitatives Telekommunikationsnetz sowohl für die Arbeitswelt als auch für das Privatleben ist. Nur hinkt die Schweiz bei der Modernisierung ihres Netzes hinterher. Die Mobilfunk-Lizenzen wurden vor mehr als einem Jahr vergeben (07.02.2019). Dennoch kommt der Aufbau des 5G-Netzes nicht voran. Die Kantone und die Telekombranche brauchen wieder Rechtssicherheit. Ebenfalls ist die Suche nach Antennenstandorten ein zentraler Aspekt. Der Bundesrat muss handeln, wenn wir die Vorteile einer raschen Einführung des 5G-Standards für unsere Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze nutzen wollen. Er hat dies in seiner Strategie "Digitale Schweiz" erkannt. Diese Technologie ermöglicht höhere Übertragungsraten und kürzere Reaktionszeiten bei gleichzeitiger Erhöhung der Energieeffizienz pro übertragener Dateneinheit. 5G hat ein grosses Potenzial in einer Vielzahl von Bereichen: E-Health, Smart farming, Virtual und Augmented Reality, autonome Fahrzeuge, industrielle High-Tech-Produktion, Drohnen usw.
Rund 90 Prozent der Strahlung, der wir ausgesetzt sind, stammt von unseren eigenen Mobilfunk-Geräten und nicht von der Sende-Antenne. Durch einfache Verhaltensweisen kann diese Exposition deutlich reduziert werden: z.B. dank der Benutzung der Freisprechanlage oder indem Telefongespräche bei schlechtem Empfang vermieden werden.
Der Bundesrat soll sich dafür einsetzen, dass die Bevölkerung angemessen über alle Facetten von 5G sachgerecht informiert wird. Eine transparente Information seitens des Bundes ist mehr denn je notwendig. Fehlende Information führt zur Entstehung von Verschwörungstheorien, wie dies die COVID-19 Krise gezeigt hat.
Bislang hat sich der (erstbehandelnde) Nationalrat noch nicht mit der Motion befasst. Sollte dieser die Motion annehmen, muss sie anschließend durch die zweite Kammer des Parlaments (Ständerat). Dort sind zuletzt ähnliche Vorstöße zugunsten von 5G knapp gescheitert.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Schweiz: FDP fordert Regierung auf, Weg für 5G frei zu geben
Mit der Motion 20.3237 forderte am 4. Mai 2020 die FDP-Fraktion im Schweizer Nationalrat die Regierung auf, jetzt die Rahmenbedingungen für einen raschen Aufbau der 5G-Netze zu schaffen. Die Regierung der Schweiz (Bundesrat) sprach sich am 19. August 2020 für eine Annahme der Motion aus.
Am 25. September 2020 beantragte Marionna Schlatter (Grüne) die Ablehnung der Motion.
Am 17. Juni 2021 nahm der Nationalrat entgegen dem Plädoyer Schlatters die Motion mit 97 gegen 76 Stimmen an.
Jetzt liegt die Motion in der zweiten Kammer des Schweizer Parlaments (Ständerat). Dort ist momentan deren Behandlung in der Herbstsession 2021 nicht in Sicht.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Schweiz: FDP fordert Regierung auf, Weg für 5G frei zu geben
Bislang hat sich der (erstbehandelnde) Nationalrat noch nicht mit der Motion befasst. Sollte dieser die Motion annehmen, muss sie anschließend durch die zweite Kammer des Parlaments (Ständerat). Dort sind zuletzt ähnliche Vorstöße zugunsten von 5G knapp gescheitert.
Der Nationalrat hat die Motion 20.3237 am 17. Juni 2021 mit 97 zu 76 Stimmen bei 18 Enthaltungen
angenommen.
Die Motion wurde am 13. Juni 2023 vom Ständerat mit folgender Änderung angenommen: Der Bundesrat wird aufgefordert, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen und Entscheidungen zu treffen, um die Einführung der fünften Generation des Mobilfunkstandards (5G) zu ermöglichen, ohne dabei die in der NISV vorsorglichen Anlagegrenzwerte zu ändern.
Am 21. September 2023 wurde die geänderte Motion auch vom Nationalrat mit 121 zu 43 Stimmen bei 11 Enthaltungen angenommen.
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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Fragen zur konkreten Umsetzung der Motion 20.3237
Der Bundesrat wird aufgefordert, die notwendigen Massnahmen zu ergreifen und Entscheidungen zu treffen, um die Einführung der fünften Generation des Mobilfunkstandards (5G) zu ermöglichen, ohne dabei die in der NISV vorsorglichen Anlagegrenzwerte zu ändern.
Wie soll das konkret ohne Lockerung der Anlagegrenzwerte umgesetzt werden? Nationalrat Michael Töngi (Grüne Partei der Schweiz) stellte dazu der Schweizer Regierung (Bundesrat) am 27. September 2023 sechs Fragen. Seine diesbezügliche Interpellation 23.4099 fand die Unterstützung seiner beiden Fraktionskolleginnen Isabelle Pasquier-Eichenberger und Marionna Schlatter sowie von Ursula Schneider Schüttel (Sozialdemokratische Partei der Schweiz):
Bundesrat Albert Rösti gab in der Diskussion zum Vorstoss 20.3237 bekannt, dass nach vielen Jahren Praxiserfahrung eine Anpassung der Berechnungsmethoden für die Beurteilung der Strahlenbelastung im Umfeld von Mobilfunkantennen gewünscht sei. Die gemessenen Strahlungswerte seien oftmals tiefer als die berechneten Werte in den Baugesuchsunterlagen und es beständen deshalb Reserven.
Die Vollzugsbehörden im Kanton Tessin kamen bei repräsentativen Überprüfungen im Jahr 2006 zum gegenteiligen Ergebnis. Im Umfeld von Antennen seien die berechneten Strahlungswerte oftmals tiefer als die im Betrieb gemessenen Werte. Das beruhe auf dem Umstand, dass die einfachen Berechnungsmethoden physikalische Eigenschaften von Funkstrahlung wie Reflexionen Beugungen etc. nicht berücksichtigen. Die Physik hat sich nicht verändert und es besteht keine Unkenntnis der Situation bei konventionellen Antennen. Bei den neuen adaptiven 5G-Antennen hingegen schon.
1. Liegen inzwischen unabhängige und aktuelle wissenschaftliche Vergleichsstudien vor, welche die langjährige Praxis bei der Beurteilung von berechneten Strahlungswerten in Baugesuchen in Frage stellen und sich allfällige Lockerungen rechtfertigen?
2. Liegen Vergleichsstudien von Behörden vor, welche die neuen adaptiven 5G-Mobilfunkantennen bezüglich der Übereinstimmung von in Baugesuchen berechneten Strahlungswerten und gemessenen Werten beurteilen?
3. Führen angepasste Berechnungsmethoden und Parameter in Baubewilligungsverfahren dazu, dass Mobilfunkanlagen stärker strahlen dürfen und damit die Anwohner höher als bisher belastet werden? Dies betrifft insbesondere die (fiktive) Annahme höherer Dämpfungswerte von Gebäudehüllen.
4. Wird mit den Anpassungen auch das Ziel verfolgt, dass die kantonalen Vollzugsbehörden weniger Aufwand bei der Bewilligung und Kontrolle von Mobilfunkanlagen haben?
5. Trifft es zu, dass Abnahmemessungen bei Mobilfunkanlagen nach vorgängiger Anmeldung und in enger Absprache mit den Betreibern und deren Beauftragten erfolgen? Was für Daten zur Anzahl durchgeführter Kontroll- wie auch Abnahmemessungen bei adaptiven 5G-Anlagen liegen den Bundesbehörden diesbezüglich von den kantonalen Behörden vor? Welche Stelle führt eine Übersicht?
6. Wäre die Offenlegung der Ergebnisse von unangemeldeten Kontrollmessungen der Vollzugsbehörden und insbesondere von Langzeitmessungen wünschenswert?
Kommentar: Leider nennt der mobilfunkkritische Nationalrat Michael Töngi keinen Link zu der Untersuchung im Tessin (2006) und auf die Schnelle konnte ich diese im www auch nicht finden. Eine Bewertung des Ausmaßes der Unterschiede von berechneter und gemessener Immission ist damit nicht möglich. Dies aber wäre von Interesse, denn HF-Messungen unterliegen einer erweiterten Messunsicherheit von ±45 Prozent. Von Belang sind deshalb nur Messwerte, welche einen berechneten Wert um mehr als 45 Prozent überschreiten. Außerdem: 2006 gab es kein LTE und schon gar nicht 5G, sondern GSM und UMTS. Es wäre denkbar, dass die beiden zeitgemäßen Mobilfunksysteme bessere Übereinstimmung zwischen berechneter und gemessener Immission zeigen und die Ergebnisse von 2006 deshalb heute irrelevant sind.
Auf Töngis Fragen sollte der Bundesrat bis Dezember 2023 geantwortet haben.
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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Antworten zur konkreten Umsetzung der Motion 20.3237
Am 22. November 2023 beantwortete die Regierung der Schweiz die Fragen Töngis wie folgt:
(Töngi) 1. Liegen inzwischen unabhängige und aktuelle wissenschaftliche Vergleichsstudien vor, welche die langjährige Praxis bei der Beurteilung von berechneten Strahlungswerten in Baugesuchen in Frage stellen und sich allfällige Lockerungen rechtfertigen?
Bundesrat: Im Jahr 2006 hat die Tessiner Fachhochschule Supsi die zur Überprüfung der Grenzwerteinhaltung berechnete Strahlung von Mobilfunkantennen mit der in der Realität gemessenen Strahlung verglichen. Im Vergleich zu den Berechnungen waren die gemessenen Werte in 20 % der Fälle höher, in 65 % tiefer und ansonsten in der gleichen Grössenordnung. Eine neuere Auswertung von Messungen an über 1700 Orten im Kanton Zürich seit 2018 kam zu ähnlichen Ergebnissen. Die Messungen zeigen auch, dass die Strahlung unterhalb der Antenne in der Realität stärker abgeschwächt wird, als dies bei der Berechnung angenommen wird.
2. Liegen Vergleichsstudien von Behörden vor, welche die neuen adaptiven 5G-Mobilfunkantennen bezüglich der Übereinstimmung von in Baugesuchen berechneten Strahlungswerten und gemessenen Werten beurteilen?
Die zuständigen kantonalen und städtischen Behörden prüfen die Ergebnisse von Abnahmemessungen von adaptiven 5G-Antennen im Einzelfall, eine gesamthafte Auswertung liegt nicht vor.
3. Führen angepasste Berechnungsmethoden und Parameter in Baubewilligungsverfahren dazu, dass Mobilfunkanlagen stärker strahlen dürfen und damit die Anwohner höher als bisher belastet werden? Dies betrifft insbesondere die (fiktive) Annahme höherer Dämpfungswerte von Gebäudehüllen.
In Situationen, in welchen die Berechnung die Belastung im Vergleich zur Realität bislang überschätzt hat, könnte in zukünftigen Verfahren die Sendeleistung erhöht werden. Auch mit angepasster Berechnungsmethode müssen die Grenzwerte jedoch eingehalten werden.
4. Wird mit den Anpassungen auch das Ziel verfolgt, dass die kantonalen Vollzugsbehörden weniger Aufwand bei der Bewilligung und Kontrolle von Mobilfunkanlagen haben?
Der Aufwand dürfte für die Behörden etwa gleich bleiben. Die Anpassungen sollen ermöglichen, dass die Berechnungsmethode möglichst gut mit der Realität übereinstimmt. Damit können die real am höchsten belasteten Orte im Umkreis der Mobilfunkantenne zuverlässiger erkannt werden.
5. Trifft es zu, dass Abnahmemessungen bei Mobilfunkanlagen nach vorgängiger Anmeldung und in enger Absprache mit den Betreibern und deren Beauftragten erfolgen? Was für Daten zur Anzahl durchgeführter Kontroll- wie auch Abnahmemessungen bei adaptiven 5G-Anlagen liegen den Bundesbehörden diesbezüglich von den kantonalen Behörden vor? Welche Stelle führt eine Übersicht?
Die Strahlung von Antennen schwankt im Tagesverlauf, je nachdem wie viele Gespräche und Daten übertragen werden. Für die Bewilligung ist die maximale Sendeleistung massgebend. Die meiste Zeit ist die abgestrahlte Sendeleistung tiefer als bewilligt. Um zu prüfen, ob die Grenzwerte eingehalten werden, muss das Messresultat auf die bewilligte Sendeleistung hochgerechnet werden. Dazu braucht es Angaben der Betreiber zur aktuellen Sendeleistung während den Messungen. Kontroll- und Abnahmemessungen werden von den zuständigen kantonalen oder städtischen Behörden veranlasst. Eine entsprechende Übersicht, beispielsweise in Form von Statistiken, liegt den Bundesbehörden nicht vor.
6. Wäre die Offenlegung der Ergebnisse von unangemeldeten Kontrollmessungen der Vollzugsbehörden und insbesondere von Langzeitmessungen wünschenswert?
Für den Vollzug und die Frage der Offenlegung von Messresulaten von einzelnen Anlagen sind die Kantone oder Gemeinden zuständig. Die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Tessin und Zürich publizieren aus eigener Initiative auf ihren Websites bereits seit einigen Jahren Resultate von Langzeitmessungen und zum Teil auch von Abnahmemessungen zur Grenzwertüberprüfung. Der Kanton Aargau hat 2022 im Rahmen eines Pilotprojektes Langzeitmessungen bei einer adaptiven 5G-Antenne durchgeführt und die Ergebnisse im Magazin «Umwelt Aargau» vom Mai 2023 sowie auf seiner Website veröffentlicht. Der Bund führt im Rahmen eines schweizweiten Monitorings seit 2021 systematische Messungen der Strahlung durch. Erhoben wird die Belastung in der allgemein zugänglichen Umwelt, in privaten Innenräumen und ab 2023 mit Hilfe von stationären Dauermessungen. Der Monitoringbericht wird auf der Website des Bundesamtes für Umwelt publiziert.
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Zusätzlich beantwortete der Bundesrat zeitgleich auch Fragen der Nationalrätin Anna Giacometti (FDP), welche sie am 28. September 2023 in ihrer Interpellation 23.4120 zur Umsetzung der Wasserfallen-Motion stellte:
(Giacometti) 1. Wie sieht der Zeitplan für die Umsetzung der Motion aus?
Bundesrat: In einem ersten Schritt sollen 2024 Empfehlungen des Bundes zur Berechnung der Strahlung von Mobilfunkantennen angepasst werden. In einem zweiten Schritt wird das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) prüfen, wie die aufgrund des technischen Fortschritts immer häufigeren Anpassungen an Mobilfunkanlagen mit weniger Verfahrensaufwand abgewickelt werden können. Dabei wird eine Anpassung der Verordnung über den Schutz vor nichtionsierender Strahlung (NISV; SR 814.710) ins Auge gefasst.
2. Ist sich der Bundesrat bewusst, dass der Aufbau des 5G-Netzes für den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in den Berggebieten und Randregionen entscheidend ist?
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass es in allen Regionen eine zuverlässige Breitbandinfrastruktur braucht, damit die Bevölkerung und Wirtschaft auch in Berg- und Randregionen von der Digitalisierung profitieren kann. Dabei spielt auch der weitere Ausbau mit leistungsfähigen Mobilfunkdiensten eine zentrale Rolle.
In diesem Sinne zeigt der Bericht des Bundesrates «Hochbreitbandstrategie des Bundes» vom 28. Juni 2023 auf, wie ein schnelles Internet auch in Regionen realisiert werden kann, in denen sich ein Ausbau der Festnetzinfrastruktur nicht lohnt. Die Hochbreitbandstrategie des Bundes soll den Breitbandausbau in Randregionen und strukturschwachen Gebieten stärken und damit deren Standortattraktivität erhöhen.
3. Ist der Bundesrat bereit, bei der Einführung des neuen 5G-Standards alle Landesteile mit gleicher Priorität zu behandeln?
Der Bundesrat setzt sich dafür ein, dass bei Entscheidungen und der Umsetzung der notwendigen Massnahmen im Zusammenhang mit der Motion der FDP-Liberale Fraktion (20.3237) alle Landesteile gleich behandelt werden.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Supsi-Untersuchung unter Verschluss
Bundesrat: Im Jahr 2006 hat die Tessiner Fachhochschule Supsi die zur Überprüfung der Grenzwerteinhaltung berechnete Strahlung von Mobilfunkantennen mit der in der Realität gemessenen Strahlung verglichen. Im Vergleich zu den Berechnungen waren die gemessenen Werte in 20 % der Fälle höher, in 65 % tiefer und ansonsten in der gleichen Grössenordnung.
Im www konnte ich den Volltext der Supsi-Untersuchung nicht ausfindig machen, sondern nur den Abstract. Vielversprechende Links zum Volltext gibt es zwar, doch die sind inzwischen mausetot und so wichtig ist er mir nicht, dass ich ihn für 13,70 Euro als PDF erwerbe.
Unter Mobilfunkgegnern scheint das Papier jedoch zu kursieren. Denn im Urteil 1C_100/2021 vom 14. Februar 2023 des Schweizer Bundesgerichts findet sich eine Textpassage, die wenigstens rudimentär über den Inhalt der Supsi-Untersuchung Auskunft gibt, die ursprünglich 2006 in Ausgabe 23 des Bulletin SEV/VSE veröffentlicht wurde. Wie dem folgenden Textauszug zu entnehmen ist, schloss sich das Gericht der Interpretation des Papiers durch Mobilfunkgegner in Steffisburg (Beschwerdeführer) allerdings nicht an. Da falsche Interpretationen technischer Sachverhalte eine bekannte Spezialität von Hans-U. Jakob sind, mutmaße ich, dass der Gigaherz-Präsident im Besitz des Papiers ist. Bestätigt wird diese Mutmaßung hier:
[...] Insofern hat das BAFU Unterschieden zwischen konventionellen und adaptiven Antennen im Rahmen der Vollzugsempfehlung Rechnung getragen, die es in der Praxis umzusetzen gilt.
Dass diese Empfehlungen untauglich wären, vermögen die Beschwerdeführenden nicht aufzuzeigen. Dabei braucht nicht erörtert zu werden, inwiefern auf den von ihnen in diesem Zusammenhang vorgebrachten Beitrag von A. SALVADÈ ET AL. (Emissionen von Mobilfunkbasisstationen, Vergleich berechneter Werte mit Messungen vor Ort, in: Bulletin SEV/VSE 23/06) betreffend eine Studie der Fachhochschule der italienischsprachigen Schweiz (Supsi) überhaupt abgestellt werden kann. Aus diesem ergibt sich jedenfalls nicht, dass knapp 40 % aller Anlagen die Grenzwerte an OMEN mit einer rechnerischen Ausschöpfung des Anlagegrenzwerts von unter 80 % überschritten, wie die Beschwerdeführenden meinen. Vielmehr ist dem Beitrag zu entnehmen, dass sich die Studie insgesamt auf 91 Antennen und 400 OMEN bezogen habe und die gemessenen Werte im Allgemeinen tiefer gewesen seien als die berechneten Werte. Bei insgesamt 22 Messpunkten sei eine Grenzwertüberschreitung festgestellt worden, wobei knapp 30 % aller Grenzwertüberschreitungen bei OMEN festgestellt worden seien, bei denen die rechnerische Prognose zwischen 60 % und 80 % des Grenzwerts gelegen habe, was fünf Anlagen bzw. sieben Messpunkten entspreche. Dies wird unter anderem auf die Rechnungsmethode (Vereinfachung der Realität, z.B. indem Reflexionen oder Dämpfungen unberücksichtigt blieben) zurückgeführt. Reflexionen an Gebäuden und Geländeunebenheiten haben auch gemäss BAKOM einen Einfluss auf die Feldverteilung (BAKOM, Testkonzession und Messungen adaptive Antennen [GS-UVEK-325.1-9/2/1], Bericht, 24. September 2020 [nachfolgend: BAKOM, Bericht Testkonzession und Messungen], S. 33). INFRAS schreibt im bereits genannten Bericht (vgl. oben E. 7.1) zudem, dass Reflexionen der Strahlung, zum Beispiel an Fassaden oder Dächern, zu substanziellen Abweichungen der tatsächlichen von den berechneten Feldstärken führen könnten (INFRAS, a.a.O., S. 16). Daher dürfen insbesondere zu erwartende Reflexionen an grossen Flächen im Rahmen der rechnerischen Prognose nicht unberücksichtigt bleiben (analog zu Lärmmodellierungen, vgl. INFRAS, a.a.O., S. 27 ff.) bzw. ist die rechnerische Prognose - soweit technisch und im Rahmen eines verhältnismässigen Aufwands möglich - weiterzuentwickeln und neuen Gegebenheiten anzupassen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass das BAFU in seiner Antwort vom 21. Oktober 2022 selber festhält, adaptive Antennen könnten, im Unterschied zu konventionellen Antennen, ihr Abstrahlungsmuster auf die beste Signalübertragung - auch unter Ausnutzung von Reflexionen - ausrichten. Ein Eingehen auf die weiteren Ausführungen und Rügen der Beschwerdeführenden erübrigt sich damit. [...]
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Supsi-Untersuchung: Volltext jetzt auf E-Periodica verfügbar
Im www konnte ich den Volltext der Supsi-Untersuchung nicht ausfindig machen, sondern nur den Abstract. Vielversprechende Links zum Volltext gibt es zwar, doch die sind inzwischen mausetot ...
Das war der Stand am 23. November 2023, der heute nicht mehr gilt. Denn E-Periodica, ein Dienst der ETH-Bibliothek, Zürich, hat am 2. Dezember 2023 freundlicherweise die Supsi-Untersuchung (2006) aus seinem Bestand öffentlich als PDF zugänglich gemacht:
Emissionen von Mobilfunkbasisstationen. Vergleich berechneter Werte mit Messungen vor Ort (Volltext, 4 Seiten, deutsch)
Dauerhaft gültiger Link: https://doi.org/10.5169/seals-857748
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