Gehirntumorraten wollen nicht ansteigen: wirklich? (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 19.12.2019, 00:10 (vor 1802 Tagen) @ Alexander Lerchl

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Bild: Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut

Also gut, dann spiele ich jetzt mal ersatzweise für die "Experten" von Diagnose-Funk den Advocatus Diaboli und wende ein: C71 ist die Summe aller bösartigen Neubildungen des Gehirns. Gemäß ICD10 sind unter C71 folgende zehn Diagnosen zusammengefasst:

C71.0 Bösartige Neubildung: Zerebrum, ausgenommen Hirnlappen und Ventrikel
C71.1 Bösartige Neubildung: Frontallappen
C71.2 Bösartige Neubildung: Temporallappen
C71.3 Bösartige Neubildung: Parietallappen
C71.4 Bösartige Neubildung: Okzipitallappen
C71.5 Bösartige Neubildung: Hirnventrikel
C71.6 Bösartige Neubildung: Zerebellum
C71.7 Bösartige Neubildung: Hirnstamm
C71.8 Bösartige Neubildung: Gehirn, mehrere Teilbereiche überlappend
C71.9 Bösartige Neubildung: Gehirn, nicht näher bezeichnet

Wirft man Männlein und Weiblein in einen Topf, sind es in Deutschland ungefähr 6000 neue Fälle von C71 pro Jahr, wegen der sich ändernden Altersstruktur ist der Wert über die jüngsten 20 Jahre hinweg um ein paar hundert Fälle angestiegen.

[image]Mobilfunkgegnern zufolge zeigen bei den C71-Tumoren besonders die C71.2-Diagnosen (Temporallappen) einen auffälligen Anstieg. Weil diese Region gemäß der Grafik links der Befeldung durch Mobiltelefone besonders stark ausgesetzt ist, erscheint ein Kausalzusammenhang mit den Funkfeldern durchaus plausibel.

Keine Sorge, gleich bin ich fertig. Nehmen wir mal willkürlich an, der Anstieg bei den Fallzahlen für C71.2 läge derzeit bei 600. Diese Annahme muss ich treffen, weil das Krebsregister leider keine Zahlen für die C71-Untergruppen ausspuckt. Dann könnte es doch sein, dass eine Reduktion der Fallzahlen bei einigen beliebigen anderen Untergruppen um in Summe ebenfalls 600 dazu führt, dass der Anstieg bei C71.2 verdeckt (kompensiert) wird, sobald die Betrachtung sich nur auf C71 erstreckt, also auf sämtliche Untergruppen. Dieser Verdeckungseffekt könnte über die gesamte Beobachtungszeit stattgefunden und den stetigen Anstieg bei C71.2 unsichtbar gemacht haben. Da die Verdeckung dabei selbstverständlich zu keiner Zeit so perfekt war wie in meinem erfundenen Beispiel, sondern unvollkommen, sind die Inzidenzkurven u.a. auch deshalb keine waagerecht verlaufenden Geraden, sondern die in der Grafik oben erkennbaren Zickzacklinien.

Sie sind dran, Herr Professor, widerlegen Sie mich nach allen Regeln der Kunst! :-)

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Krebsregister, Gehirn, Überlegung, Temporallappen


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