Kinder und Medienkonsum: Diagnose Blikk (Allgemein)
Die Blikk-Medien-Studie des Bundesministeriums für Gesundheit aus dem Jahr 2017 wurde von dem Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk bis zur letzten Schraube ausgeschlachtet für mehr als ein Dutzend Alarmmeldungen. Kinderärzte hatten 5'500 Kinder und Jugendliche in Deutschland untersucht und sie und ihre Eltern zu ihrem Umgang mit digitalen Medien befragt. Für die Mobilfunkgegner sind die Ergebnisse ein gefundenes Fressen: Zwei- bis Fünfjährige, die elektronische Medien mehr als 30 Minuten am Tag nutzen, zeigen Entwicklungsauffälligkeiten im Bereich der Sprache und können sich weniger gut konzentrieren. Viele sind hyperaktiv, was auch für 7- bis 14-Jährige gilt, die länger als 30 Minuten am Tag mit elektronischen Medien verbringen.
Da die Ergebnisse den Mobilfunkgegnern so gut in den Kram passen, verzichteten sie großzügig auf eine kritische Auseinandersetzung mit der Blikk-Studie. Bei Diagnose-Funk erwacht der Widerstandsgeist reflexartig nur dann, wenn Studien Entwarnendes über Smartphones, Tablets & Co. herausgefunden haben.
Doch zum Ärger des Vereins berichtet Zeit Online jetzt ausgewogen über jüngere Studien, die sich mit dem Konsum digitaler Medien durch Kinder beschäftigt haben. Über Blikk schreibt die Zeit z.B., dabei handle es sich um eine Beobachtungsstudie, die nicht auf wissenschaftlichen Experimenten basiere. Eine Ursache-Wirkung-Beziehung ließe sich aus ihr nicht ableiten. Auch zu der von Mobilfunkgegnern gerne ins Feld geführten Kurzsichtigkeit wegen allzu üppigen Medienkonsums weiß Zeit Online etwas zu berichten. Diese Diagnose habe in den letzten Jahren weltweit enorm zugenommen. Entscheidender als die Nahsicht sei allerdings der Mangel an ultraviolettem Licht. Also schlicht die Tatsache, dass viele Kinder zu wenig Zeit im Freien verbrächten. Und auch die Gene spielten eine Rolle (Nature Genetics: Tedja et al., 2018). Öfter mal rausgehen könne hier schon helfen.
Und so geht es bei Zeit Online angenehm unaufgeregt weiter, manches was Mobilfunkgegner zum Drama hoch spielen wird bestätigt, anderes hingegen nicht. Wer sich nicht ständig mit dem Thema beschäftigt und nur mal schnell einen unverkrampften Überblick auf den Stand des Wissens erhaschen will, der ist mMn mit dem Artikel gut bedient.
... zum Artikel Ach komm, nur die eine Folge noch! auf Zeit Online
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –