Ladatio auf Karl Richter zu dessen 80. Geburtstag (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 04.11.2018, 15:38 (vor 2017 Tagen) @ H. Lamarr

"Richter mag Lobhudeleien und steile Etikette nicht", schreibt im Oktober 2016 Richters Ex-Kollege und Anti-Mobilfunk-Mitstreiter Peter Ludwig in seiner Laudatio auf den Jubilar. Wenige Zeilen später lobt er Richters Wirken in der Mobilfunkdebatte dann doch über den grünen Klee:

[...] Aber die Arbeit nimmt in seinen Ruhestandsjahren nicht ab. Richters Wirken trägt seit längerem entscheidend dazu bei, dass eine der drängendsten (und zugleich verdrängtesten) Fragen unserer Zeit mittlerweile auch interdisziplinär wahrgenommen wird.

Ein Sendemast, unweit vom Wohnhaus der Richters, war Anlass, sich in die Forschung zu Auswirkungen steigender Strahlenbelastung einzuarbeiten. Richter ergreift Partei für Betroffene, sieht die eklatanten Widersprüche gegenwärtiger Mobilfunk-Politik, die trotz des verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisstands die herrschenden industriegefälligen Grenzwertbestimmungen dogmatisiert. Damit verbunden sind Fragen von Menschen- und Bürgerrechten, eines zeitgemäßen Gesundheits- und Umweltschutzes, von Einschränkungen und Chancen unabhängiger Forschung, und weitere brisante gesellschaftspolitische Herausforderungen.

So war er lange Zeit Sprecher im Bündnis saarländischer Bürgerinitiativen Mobilfunk. Um den bürgerschaftlichen Einsatz zu verstärken, wurde er im Jahr 2007 Mitbegründer und Vorstand der Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e.V. Die internationale interdisziplinäre Fachinitiative von Wissenschaftlern, Ärzten, Juristen, Technikern setzt sich landes- wie weltweit für ein neues Bewusstsein der Gesundheits- und Umweltrisiken steigender Funkbelastung ein.

Richter appelliert in aktuellen Veröffentlichungen an die Politik und Industrie: „Die Einheit von naturwissenschaftlich-technischer, geisteswissenschaftlich-ästhetischer und demokratischer Kultur ist längerfristig der einzige Garant eines zukunftsfähigen Fortschritts … Wer zum Beispiel Mobilfunkgefährdung verdrängt, um sich schließlich über explodierende Gesundheitskosten zu wundern, hat die wichtigste Frage der Demokratie aus den Augen verloren: Was uns zu Menschen macht und eine menschenwürdige Zukunft ermöglicht!“

Er weiß, dass er sich damit äußerst ungemütlich macht. Deutsche Industrie-Wissenschaftler und Lobbyisten suchen seine Freundschaft nicht. Das Geschäft mit gegenwärtigen Funktechnologien ist ein gigantischer Multi-Milliarden-Markt.
Aber er weiß sich auch inzwischen zahlreichen internationalen wie nationalen KollegInnen unterschiedlichster Fachrichtungen verbunden, die unabhängige Risiko-Forschung und Vorsorgepolitik für dringlich halten. Nicht um Abschaffung des Mobilfunks, sondern um dessen Gesundheits- und Umweltverträglichkeit geht es. Insbesondere die Sorge um die Zukunft, um die jüngeren Generationen, die mit permanenten Strahlenherden - Handys, Smartphones, Tablets, WLAN & Co. - aufwachsen, treibt Richter um. [...]

Kommentar: Naja. Die Schattenseiten des alten Herren sind im IZgMF-Forum hinreichend dokumentiert, ich mag sie jetzt nicht wiederholen. Nur soviel: Wenn ein Literaturprofessor glaubt, in der Mobilfunkdebatte öffentlich mitmischen zu können, dann kommt dabei in etwa dasselbe raus, als wenn ein Nachrichtentechniker glaubt, seine zusammegegoogelte Biografie über Johann Wolfgang von Goethe auf der Frankfurter Buchmesse vorstellen zu müssen. Aus meiner Sicht hätte Richter sich manche tiefe Schramme im Lack seiner Spätkarriere ersparen können, hätte er nicht in fachfremden Revieren gewildert, sondern wäre er bei seinem Leisten geblieben.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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