Volltext des Plem-Plem-Alarms: wirre Conclusion (Forschung)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 07.01.2016, 20:39 (vor 3024 Tagen) @ H. Lamarr

Noch habe ich keinen Vollzugriff auf das kolossale Werk, aber ich bin dran.

Voilà! http://www.scielosp.org/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0102-311X2015001202110&lng=en&nrm=iso&tlng=en

Tja ...

Irgendwie vertraut kommt mir die folgende Passage aus dem Paper vor:

The amount of energy one receives when talking for six seconds on a mobile phone is equivalent to being exposed for 24 hours to a mobile phone base station at 100m [...]

Insgesamt werde ich jedoch aus der Schlussfolgerung (Conclusion) der Doktorandin Denize Francisca da Silva nicht recht schlau. Denn einerseits meldet sie, wer (nur) 100 Meter bis 200 Meter weit weg von Basisstationen wohnt und mit Handys rumhantiert wäre anfälliger für psychiatrische Symptome (als weiter weg wohnende). Doch dann rät sie unter anderem vom Gebrauch von Handys unter schlechten Empfangsbedingungen ab und kümmert sich auch sonst nur noch um Endgeräte. Für mich sieht das ganz danach aus, dass Frau da Silva den simplen technischen Zusammenhang zwischen der Funkemission eines Handys und dessen Entfernung zur nächsten Basisstation nicht richtig verstanden hat, denn ihre Ausführungen sind widersprüchlich. Möglich, dass im Fließtext der Studie mehr Substanz steckt, durchgraben will ich mich da aber nicht, denn die Literaturliste zeigt, wie wenig wählerisch die Autoren waren. Ähnlich wie Diagnose-Funk, die ebenfalls nicht Science von Junk-Science auseinander halten können, findet sich dort von Santini über Eger und Wolf & Wolf so ziemlich alles, was es an schlechten Basisstationsstudien auszugraben gibt. Natürlich ist auch die Belo-Horizonte-Studie mit dabei. Die Doktorandin setzt sich damit mMn dem großen Risiko des Schrott-Erhaltungssatzes aus: Wer oben Schrott reinkippt darf sich nicht wundern wenn unten Schrott rauskommt. Fairerweise muss ich jedoch anmerken, in der Literaturliste tauchen auch ordentlich gemachte Studien auf.

Dennoch: Die wirre Schlussfolgerung von da Silva hat mich gehörig abgeschreckt, in diese Studie noch mehr Zeit zu investieren, zumal es sich auch bis Brasilien herumgesprochen haben sollte, dass der Abstand zu einer Basisstation alles andere als ein verlässlicher Indikator für die Funkimmission von Anwohnern ist. Dennoch kopierte da Silva das schlechte Studiendesign der Naila-Studie und arbeitet ohne Messungen rein mit Abstandswerten. Nee, da warte ich lieber auf den Brennpunkt von Diagnose-Funk, um meinen Spaß zu haben.

Hintergrund
Die wichtigsten Fachbegriffe biologischer Mobilfunkstudien
Mobilfunk: Belo-Horizonte-Krebsstudie von Adilza Dode
2004 - Naila-Studie erschüttert Frankenhalle
Santini-Studie
Wolf & Wolf-Studie

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Laien, Junk-Science, Mobilfunkstudien, Studiensammlung, Belo-Horizonte-Studie


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