Fremdschämen: Wenn das Publikum zum Mob wird (Allgemein)
Zwar anderer Schauplatz (Republikaner-Debatte in South Carolina), doch gleiches Ambiente wie auf diversen "Informationsveranstaltungen", in denen Sendemastengegner das Publikum mehrheitlich hinter sich wissen und im Saal verteilte Aufpeitscher die aggressive Stimmung anheizen. So muss ich es nicht mutmaßen, so habe ich es mehr als einmal erlebt. Andere auch. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) weigerte sich z.B. einmal, auf der jährlichen Elektrosmog-Anhörung der "Grünen" im Bayerischen Landtag auf Einladung einen Vortrag zu halten. Zuvor war es an gleicher Stelle zu indiskutablen Beschimpfungen und Verdächtigungen gegenüber einer Referentin des BfS gekommen.
Seiner Polemik wegen wurde Sigi Zwerenz von den Mobilfunkbetreibern vor Jahren zum Anlass genommen, "Informationsveranstaltungen" fern zu bleiben. "Wenn Zwerenz kommt, kommen wir nicht", hieß es von Seiten der Betreiber. Ob es noch heute so ist, weiß ich nicht, die Strategie hatte jedenfalls Wirkung. Veranstaltungen mit sich gegenseitig beipflichtenden Referenten der Mobilfunkgegner gerieten bald in den Ruf, langweilig zu sein, einseitig informierende kontroversenfreie Märchenstunden, bei denen das wichtigste die ausgelegten Kärtchen von Baubiologen/Anti-Mobilfunk-Vereinen waren, die sich vom Publikum Kundschaft/Mitglieder erhofften.
Wer nicht weiß wovon ich rede kann sich hier und dort an Kostproben laben, die den Umgangston von Eiferern in der Mobilfunkdebatte gegenüber Widerspenstigen widerspiegeln.
So, und jetzt Schluss mit der langen Vorrede, die von dem taufrischen Spiegel-Artikel ausgelöst wurde: Wenn das Publikum zum Mob wird. Nachfolgend zwei Auszüge daraus:
South Carolina ist seinem reaktionären Ruf gerecht geworden: Kurz vor der entscheidenden US-Vorwahl trafen sich dort die Republikaner-Kandidaten zur Debatte. Die geriet zum Feuerwerk der Vorurteile, Lügen und Hasstiraden - vor allem wegen des Saalpublikums.
Grölen, brüllen, johlen
Sonst gilt da ja höfliche Zurückhaltung. Doch diesmal lässt Fox News die Zuschauer von der Leine, offenbar um der Live-Show einen ganz besonderen Kick zu geben. Die Strategie geht nach hinten los: Das Publikum wird zum TV-Mob - und offenbart seine hässliche Seite.
Sie grölen, brüllen, johlen. Sie lassen keine Gelegenheit aus, ihren Zu- oder Widerspruch kundzutun, gerne zu den umstrittensten Vorschlägen (Ausländer raus, Kinder zur Arbeit zwingen, alle Staatsfeinde töten). Sie pfeifen die Kandidaten aus, wenn sie nicht rechtslastig genug poltern. Sie jubeln, wenn sie parieren. Sie machen die Moderatoren zur Schnecke. Und Newt Gingrich, der ihrer Sezessions- und Kriegslust am eifrigsten nach dem Munde redet, ehren sie mit Standing Ovations.
"Das war die heftigste Debatte von allen", seufzt der Fox-News-Analyst Juan Williams anschließend. Als einziger Schwarzer unter den Moderatoren - und, den TV-Kameraschwenks nach zu urteilen, in der ganzen Halle - muss der sich am allerlautesten ausbuhen lassen.
"Ich weiß nicht richtig, was ich über diesen Abend sagen soll, außer, dass ich mich jetzt duschen will", kommentiert selbst der konservative Kolumnist Andrew Sullivan, ein alter Debattenveteran. "Selten hat mich die Atmosphäre einer Debatte derart abgestoßen."
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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H. Lamarr,
17.01.2012, 12:35
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Kuddel,
17.01.2012, 20:04
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Kuddel,
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