Palling: Arzt will zwei Krebscluster entdeckt haben (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 10.01.2011, 17:29 (vor 5096 Tagen) @ Gast

Heute wieder mal eine Geschichte aus der Welt der Weißkittel.

Auf der Website der BI Palling findet sich ein Link zu einem Ausschnitt aus einer Regionalzeitung (PDF).

Daran gibt es noch nichts zu meckern.

In dem Artikel "Bedenken ernst nehmen" aber macht ein Arzt eine sensationelle Entdeckung, nur weiß er noch nichts davon:

"Ich hatte schon vor Jahren in der Gemeindeverwaltung nach dem Lageplan der vorhandenen Mobilfunkantennen gefragt, da mir in bestimmten Ortsteilen - zum Beispiel Gengham oder Polsing - eine besondere Tumorhäufigkeit bei meinen Patienten auffiel."

Und nun, Herrschaften, suchen Sie bitte die EMF-Datenbank der BNetzA auf und tragen Sie im Feld "Ort" den Namen Palling ein.

Hat das geklappt? Gut! Dann jetzt zur Orientierung um eine Zoomstufe rauszoomen, damit Gengham (rechts von Palling) und Polsing (unterhalb von Palling) sichtbar werden. Nun wieder um eine Stufe hineinzoomen, da die Karte Sender nur ab einem Maßstab von 200 Meter anzeigt (links unten).

Und jetzt kurven Sie bitte rings um Palling, um zu orten, wo Sender stehen, erkennbar an orangefarbenen "Warndreiecken".

Na, klingelt's?

Weit und breit steht dort kein Sender, nur in Gengham steht einer und in Polsing sind es gleich drei. Volltreffer Mittschiffs! Mensch, was für ein unglaublicher Zufall! Oder hat da hat unser Arzt vielleicht doch zwei EMF-Krebscluster gefunden?

Und was heißt das jetzt?

Wenn der Arzt wirklich nicht wusste, wo die Sender stehen, und er in den Dörfern tatsächlich eine Häufung von Krebsfällen im Bevölkerungsquerschnitt feststellte, dann hat er zwei besorgniserregende Krebscluster entdeckt und muss laut Alarm schlagen, wovon bisher jedoch nichts zu hören war.

Aus meiner Sicht ist die Auskunft des Arztes jedoch höchst zweifelhaft. Denn erstens sind die Standorte der Sender vor Ort mühelos mit bloßem Auge zu erkennen und zweitens kann auch der Arzt die Standorte bei der EMF-Datenbank abgefragt haben. Die für seriöse Aussagen so wichtige "Blind"-Bedingung war vor Ort also nicht gewährleistet. Und weil es sich halt anbietet, in einer funkfeindlichen Gemengenlage "dem Volk nach dem Maul zu reden", kann ich mir gut vorstellen, dass der Arzt sich "irgendwie" nicht mehr genau daran erinnern mag, dass es auch anderswo in seinem Tätigkeitsradius ebenso viele Krebsfälle gegeben hat, wie in den beiden Dörfern, die er nannte. Wenn das so ist, und das ganze aus dem hohlen Bauch heraus im Interview gesagt wurde, handelt der Mann mMn fahrlässig, denn er nährt mit seiner unbedachten Äußerung völlig grundlos Furcht vor Sendemasten.

Ein Indiz für "Ungeschicktheit" gibt der Arzt selbst in der zitierten Passage, denn er nennt die beiden Dörfer exemplarisch. Das bedeutet, er kennt noch andere Krebscluster in der Gegend, nur können dort dann (eigentlich) keine Antennen stehen, denn die sind ja nachweislich in Gengham und Polsing. Äh...?!

Mal ganz davon abgesehen, dass die Angaben des Arztes ohne jede Alterstandardisierung ohnehin wertlos sind, weil Krebscluster in den beiden Dörfern eben nicht ungewöhnlich wären, wenn die Betroffen dort schon betagt sind. Ich erwarte von einem Arzt, dass er diese Zusammenhänge kennt und sich öffentlich deshalb zurückhaltend und kompetent äußert anstatt unbewusst zum Mitläufer von Mobilfunkgegnern zu werden.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Mediziner


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