EBI "Stop 5G": Zwischenstand 10 von 11 (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 01.01.2023, 19:43 (vor 687 Tagen) @ H. Lamarr

Im Dezember 2022 erholte sich die EBI "Stop 5G" auf niedrigem Niveau und konnte neue Allzeittiefs wie im November vermeiden (Bild 1). Die Anzahl der im Monat Dezember täglich in der EU gewonnener Unterstützer stieg von zuletzt im November durchschnittlich 72 auf jetzt 100, was ein durchaus positiver Trend ist. Da die EBI jedoch nur an drei von bisher 306 Tagen des Sammelzeitraums das durchschnittliche Tagessoll von 1375 Unterstützungen pro Tag erreichte oder überschritt, sind selbst 100 Unterstützer pro Tag nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wollte die EBI am 31. Dezember 2022 das Ziel von mindestens 1 Mio. Unterstützer noch erreichen, bräuchte sie für die kurze Restlaufzeit der Sammelphase (rd. 60 Tage) nicht 100 Online-Unterschriften pro Tag, sondern mindestens 7578.

Bild 1: Online-Teilnahme an der europäischen Bürgerinitiative "Stop 5G" (Stand: 31.12.2022).
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Die vier Länder, die im Dezember der EBI am meisten Unterstützungsbekundungen einbrachten, sind in Bild 2 erkennbar. Primus war ohne Wenn & Aber Spanien, das Land brachte der EBI im Dezember online 1655 Unterschriften ein.

Bild 2: Diese vier Länder brachten der EBI "Stop 5G" im Dezember die meisten Stimmen (online).
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Rangfolgen in der Nationenwertung

Tabelle 1: Geordnet nach Ländern.......................Tabelle 2: Geordnet nach Anzahl der Unterstützer
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Tabelle 3: Geordnet nach Prozentsatz
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Ländervergleich (Stand: 31.12.2022)

Bild 3: Schwellenwerterreichung pro Land (lineare Skalierung).
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Bild 4: Schwellenwerterreichung pro Land (logarithmische Skalierung).
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Bild 5: Anzahl Unterstützer pro Land (logarithmische Skalierung).
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Bei den Bildern 4 und 5 ist zu beachten, dass die Y-Achse infolge der logarithmischen Skalierung nicht mit null beginnt, sondern mit einem niedrigen Wert. Dies führt z.B. in Bild 5 dazu, dass dort die vier Länder fehlen, in denen bislang weniger als 100 Personen die EBI unterstützen. Welche Länder dies sind ist in Tabelle 2 am Tabellenende erkennbar.

Pernille Schriver: Aktuelle Lageeinschätzung aus dem Führerbonker

Die Podcast-Reihe CitizenCentral der EU wirft ein Schlaglicht auf europäische Bürgerinitiativen. In jeder Folge erzählen Organisatoren und Unterstützer von Initiativen, warum ihre Initiative wichtig ist, wie sie auf EU-Ebene auf sich aufmerksam machen und geben Tipps, wie sie mehr Einfluss auf die Politik nehmen können, die unser Leben beeinflusst. Kürzlich interviewte Manex Rekarte Cowie von CitizenCentral die Organisationschefs von drei EBIs im Sammelstadium, Nummer drei war Pernille Schriver von der EBI "Stop 5G". Wann genau die Interviews stattfanden geht aus den Quellen nicht hervor, wahrscheinlich fanden sie Ende November oder Anfang Dezember statt. Manex' Fragen und die Antworten kann man sich hier anhören und hier im Transkript nachlesen (beides englisch). An der Befragung von Kirsten Kossen, sie managt die EBI "Good Clothes, Fair Pay" und Ronan Evain, er lenkte die EBI "Win it on the Pitch" hatte die EU-Kommission nichts auszusetzen. Nur bei Pernille Schrivers "Stop 5G" sah sich die Kommission genötigt, sich mit einem Haftungsausschluss zu distanzieren:

The Commission does not in any way confirm the factual correctness of the content of the ‘Stop 5G’ initiative, which is the sole responsibility of the group of organisers. In fact, a number of the claims made in this initiative run contrary to the body of scientific evidence available to the Commission, and to the assessments made by the International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP), the body mandated by the World Health Organisation to assess the risks for health.

[Übersetzung: Die Kommission bestätigt in keiner Weise die sachliche Richtigkeit des Inhalts der Initiative "Stop 5G", die in der alleinigen Verantwortung der Organisatoren liegt. Tatsächlich stehen einige der in dieser Initiative aufgestellten Behauptungen im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die der Kommission vorliegen, und zu den Bewertungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP), dem von der Weltgesundheitsorganisation mit der Bewertung der Gesundheitsrisiken beauftragten Gremium.

Ihren Warnschuss hätte sich die Kommission mMn auch ziemlich risikolos schenken können, denn alles deutet zwei Monate vor Ablauf der Sammelfrist darauf hin, dass sich die Kommission mit den Anliegen der EBI "Stop 5G" nicht wird befassen müssen.

Das Misstrauen der Kommission gegenüber Mobilfunkgegnern und -kritikern ist jedoch nicht der maßgebliche Grund für diesen Textabschnitt hier. Dieser ist vielmehr Schrivers Antwort auf eine brenzlige Frage des Interviewers. Im Oktober war Schriver noch Überraschungsgast bei der Düsseldorfer Veranstaltung der sogenannten Kompetenzinitiative gewesen, dort wurden ihr jedoch nur belanglose Fragen gestellt. Besser machte es Manex ab Minute 22:03 (englisches Original des Dialogs in den oben verlinkten Quellen):

Manex: Sie haben noch Zeit, Unterschriften zu sammeln, aber glauben Sie, dass die Million Unterschriften erreichbar ist?

Pernille: Nun ja, es sieht so aus, als müssten wir zur Kenntnis nehmen, die Million vielleicht nicht erreichen zu können. Es ist schwierig, aber es gibt immer mehr Menschen, die sich dessen bewusst sind, und es gibt eine wachsende Zahl von Organisationen, die zusammenarbeiten. Das ist eigentlich einer der positiven Aspekte. Im Rahmen der EBI sind wir außerdem dabei, einen Zusammenschluss europäischer Organisationen mit dem Namen "Europeans for Safe Connections" zu gründen. Ich bin der Meinung, dass wir besser dagegen ankämpfen und unsere Politiker und Ärzte besser aufklären können, wenn wir zusammenarbeiten.

Aus meiner Sicht ist Pernille weltfremd. Denn nehmen wir an, das Interview fand Ende November statt. Dann hätte die EBI für die Restlaufzeit von rd. 90 Tagen mindestens 5100 Unterschriften allein online täglich einsammeln müssen, um das Millionenziel noch zu erreichen. Tatsächlich schaffte die EBI im November jedoch nur einen Tagesschnitt von 72, das sind um rd. den Faktor 70 zu wenig Unterschriften. Inklusive der Unterschriften auf Papier verdoppelt sich dieses Defizit auf knapp 10'000 Unterschriften pro Tag. Unter diesen Umständen davon zu reden, das Ziel "vielleicht nicht" zu erreichen, halte ich für verträumt. Der unerwartet starke Zuspruch zu der drögen "Bundestagspetition" von Eduard Messmer hat im April 2019 zwar gezeigt, dass die kleine Anti-Mobilfunk-Szene auf verschlungenen Pfaden starke unbekannte Bündnispartner mobilisieren kann, mutmaßlich aus staatskritischen/staatsfeindlichen Kreisen, doch der ältere Fall liegt etwas anders. Besagte Petition konnte auch per Post und Telefax unterstützt werden, lief jedoch praktisch exklusiv online. Dies begünstigt die Mitwirkung gut organisierter Protestgruppen, die z.B. auf Telegram zur massenhaften Mitzeichnung aufrufen. Zwei Monate vor Ende der 12-monatigen Sammelphase hat die EBI jedoch nur rd. 45'300 Unterschriften online gesammelt und es gibt (noch) keine Anzeichen einer größeren Manipulation. Dass diese nicht online geschieht, sondern den Unterschriften auf Papier vorbehalten wird halte ich für unwahrscheinlich. Klarheit über die tatsächliche Summe der gültigen Unterstützungsbekundungen (online + Papier) wird es schlimmstenfalls erst neun Monate nach Ende der Sammelphase geben, wenn alle Beteiligten (EBI, nationale Behörden) die ihnen zugestandenen Fristen voll ausschöpfen.

Auch von dem Plan, eine weitere europäische Dachorganisation für organisierte Mobilfunkgegner zu gründen (Europeans for Safe Connections) halte ich nichts. Dieses Vorhaben zeigt lediglich, den bereits vorhandenen Dachorganisationen wird kein Vertrauen entgegen gebracht und die nationale Zersplitterung in mehr oder weniger verfeindete Gruppen setzt sich auf internationaler Ebene fort. Die Szene benötigt meiner Einschätzung nach keine weitere Dachorganisation, sondern viel dringender qualifiziertes integres Personal ohne Interessenkonflikte. Davon aber ist weit und breit nichts zu sehen. Auch die Organisationsgruppe der EBI "Stop 5G" hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. So wie es jetzt aussieht, wird diese EBI weder das Primärziel 1 Mio. Unterstützer treffen noch in einem einzigen der 27 EU-Länder das Quorum (Schwellenwert) erreichen. Dies deutet auf eine kapitale Fehleinschätzung der EBI-Erfolgsaussichten hin. Gut vorstellbar, dass eine aus den Sümpfen nationaler Anti-Mobilfunk-Organisationen gewachsene europäische Dachorganisation wieder nur zu dem altbekannten Augentinnitus führt: Pfeifen, wohin man schaut :-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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