Salzburgleitung: 380-kV-Gutachter unter Druck (Allgemein)
Und hier noch eine Episode aus der beliebten Reihe: Geschichten aus dem Intriganten-Stadel. Ein angeblich unter Druck stehende Wissenschaftler hat sich nichts vorzuwerfen, die Druckmacher werden vom wissenschaftlichen Fortschritt überholt.
Am 14.01.2015 brachten die Salzburger Nachrichten die Meldung: 380-kV-Gutachter steht unter Druck.
In der Umweltprüfung für die geplante 380-kV-Freileitung durch Salzburg gerät jetzt ein weiterer Gutachter immer stärker unter Beschuss. Es geht um Auswirkungen auf die Gesundheit von Anrainern, besonders um elektromagnetische Langzeiteffekte. Die Befürworter des Erdkabels haben nun eine Stellungnahme zum umstrittenen umweltmedizinischen Gutachten vorgelegt. "Professor Rainer Frentzel-Beyme aus Bremen, einer der führenden Epidemiologen in Europa, hat sie erarbeitet", sagt IG-Erdkabel-Präsident Theodor Seebacher. Der deutsche Experte stellt zum Beispiel fest, dass die Ausführungen des Gutachters Prof. Manfred Neuberger aus Wien zum Leukämierisiko bei Kindern "tatsächlich völlig überholt" seien. [...]
Wer es nicht besser weiß, muss nach diesen Zeilen glauben, ein Professor aus Bremen habe einem Kollegen aus Wien ordentlich die Leviten gelesen. Bei näherem Hinsehen wird indes schnell deutlich, es geht um mehr, Prof. Neuberger (Jg. 1946) soll auf Betreiben der "IG Erdkabel" als Gutachter systematisch entwertet werden. In der Anti-Mobilfunk-Szene ist diese infame Form der Anfeindung von Wutbürgern gegenüber nicht genehmen Wissenschaftlern seit bald 20 Jahren üblich, was die Sache jedoch nicht anständiger macht. Mit der Diffamierung Neubergers im Streit um die Salzburgleitung verfolgte die "IG Erdkabel" das Ziel, den Wiener Professor gegen den einschlägig bekannten Salzburger Umweltmediziner Dr. Gerd Oberfeld zu ersetzen, der es bereits im Anti-Mobilfunk-Lager zu beträchtlichem Ruhm gebracht hat.
Im konkreten Fall bedient sich die "IG Erdkabel" mit Herrn Frentzel-Beyme (Jg. 1939) eines Professors, der bereits 2003 seines Postens an der Uni Bremen unsanft enthoben wurde. Herr Neuberger blieb neun Jahre länger an seiner Uni (MUW), er wurde erst 2012 emeritiert. Sein Ruf als Wissenschaftler ist fleckenfrei. Anders bei Frentzel-Beyme, der Bremer hat einen Eintrag bei Psiram und auch im IZgMF gibt es diverse Postings, die nicht unbedingt für die Ergebnisoffenheit und Unabhängigkeit Frentzel-Beymes sprechen. Der inzwischen 77-Jährige ist nach seiner Emeritierung immer dann zur Stelle gewesen, wenn es galt, ein Risiko zu attestieren. Damit qualifizierte sich der Bremer Professor für die Beauftragung durch die "IG Erdkabel". Um Frentzel-Beymes Kritik an Neubergers Gutachten objektiv beurteilen zu können, müssten beide Papiere zur Hand sein, was leider nicht der Fall ist (einen gravieren Punkt zugunsten Neubergers nennt jedoch unten der Hintergrund). Subjektiv spricht alles für Prof. Neuberger und gegen Prof. Fentzel-Beyme, auch wenn sich die Salzburger Nachrichten redlich Mühe geben, den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Dies wiederum ist nachvollziehbar, die Medien lieben echte wie vermeintliche Keilereien zwischen Wissenschaftlern, das gibt Stoff für polemische Berichterstattung. Wollte Journalist Thomas Auinger fair berichten, hätte er nicht nur die Verlautbarung der "IG Erdkabel" gebracht, sondern bei Prof. Neuberger nachgefragt, was dieser zu dem Vorwurf "völlig überholt" zu sagen hat.
Hintergrund
Kinderleukämie & Hochspannung: Forscher in UK rudern zurück. Hierbei handelt es sich um dieselbe Forschergruppe (Draper et al.), deren ältere Resultate Prof. Frentzel-Beyme zu seiner Kritik am Neuberger-Gutachten inspirierten.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
gesamter Thread:
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12.07.2015, 23:17
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H. Lamarr,
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H. Lamarr,
13.07.2015, 23:33
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21.07.2017, 13:51
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23.08.2017, 12:20
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