Freiburger Appell 2009: Einsturz eines Eckpfeilers (Allgemein)

Alexander Lerchl @, Samstag, 26.09.2009, 08:17 (vor 5541 Tagen) @ Doris

Denn für keines der betrachteten Symptome und Krankheitsbilder (Alzheimer's disease, dementia, sleep disturbances, tinnitus, cerebrovascular disease, ischemic heart-diseases, headache, migraine) konnte bei der Auswertung ein gegenüber 1993 - dem Beginn des Digitalfunks in Deutschland - "dramatischer Anstieg" der Fallzahlen festgestellt werden. Ausgewertet wurden dazu national und international zugängliche Datenbestände. Die Autoren schließen daraus, dass die Behauptungen des Freiburger Appells mit hoher Wahrscheinlichkeit keinerlei Entsprechung in der tatsächlichen Entwicklung der Volksgesundheit haben. Leider ist der Artikel deutscher Autoren in englisch und noch dazu kostenpflichtig. Ein Ärgernis, denn so können substanzlose oder -arme Ärzteappelle zu vermeintlichen EMF-Risiken weiterhin auf "breites" Interesse stoßen.

Diese Arbeit, auf die bereits im FGF-Infoline vor einer Woche hingewiesen wurde, hätte ich auch gerne im Original gelesen.

Was mich daran irritiert, ist, dass seit 1993 ! anscheinend kein "dramatischer" Anstieg von den o.g. Krankheiten zu verzeichnen sei. Und bei Alzheimer/Demenz kann das ganz sicher nicht zutreffen, nach all den Meldungen der letzten Jahre und auch die steigenden Zahlen zu Schlafstörungen und Kopfschmerzen/Migräne und auch Tinnitus stehen immer wieder im Mittelpunkt diverser, durchaus seriös erscheinender Diskussionen. Ob der Anstieg dramatisch ist, mag ja dahingestellt sein, ob er in direktem Zusammenhang mit der Mobilfunktechnologie steht mag auch dahingestellt sein.

Aber diese Aussage der Studie ist für mich überhaupt nicht glaubwürdig.

Die Arbeit ist, soweit ich das beurteilen kann, sehr gut durchgeführt worden. Im Bereich Alzheimer sind 20 internationale Studien ausgewertet worden. Es ergab sich kein sichtbarer Trend im Zeitraum 1993 - 2003. Die Erkrankungsraten (bis 22% bei >85-jährigen in Kanada) sind allerdings altersbedingt sehr unterschiedlich. Jedenfalls ist, wie die Autoren zutreffend feststellen, kein "dramatischer Anstieg" festzustellen, der so oft und gern postuliert wird.

Besonders beeindruckend sind die Daten zu Todesfällen durch Herzinfarkte und Schlaganfälle bei jungen Menschen (15-44 Jahre). Auch hier ist ja der Freiburger Appel sehr deutlich:

"Wir beobachten in den letzten Jahren bei unseren PatientInnen einen dramatischen Anstieg schwerer und chronischer Erkrankungen, insbesondere
• Lern-, Konzentrations- und Verhaltensstörungen bei Kindern (z.B. Hyperaktivität)
Blutdruckentgleisungen, die medikamentös immer schwerer zu beeinflussen sind
Herzrhythmusstörungen
Herzinfarkte und Schlaganfälle immer jüngerer Menschen
• hirndegenerative Erkrankungen (z.B. Morbus Alzheimer) und Epilepsie
• Krebserkrankungen wie Leukämie und Hirntumore"

Ja, nur wenn man sich die Daten ansieht, sieht man nicht nur keinen Anstieg (1993 - 2006), sondern sogar einen deutlichen Abfall. Das wird natürlich niemanden aus der 1G-Kritikerfront beeindrucken, da mache ich mir keine Illusionen.

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

Tags:
Alzheimer, Blendwerk, Illusion, ADHS, Herzinfakt, Herzrhythmusstörung, Todesfälle


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