Falsche Schlüsse (257): Bis zum Horizont und nicht weiter ... (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 10.02.2024, 18:34 (vor 289 Tagen) @ H. Lamarr

Als die Funktechnik um 1900 herum noch in den Kinderschuhen steckte, vertraten viele Physiker die Ansicht, Funkwellen könnten sich nur geradlinig bis zum Horizont ausbreiten und würden dann im Weltall verschwinden. Auch der deutsche Physiker Ferdinand Braun soll diese Einschätzung geteilt haben. Doch dann trat der Italiener Guglielmo Marconi auf den Plan. Er scherte sich nicht um die Einschätzung der Physiker, sondern war der Überzeugung, Funkwellen würden der Erdkrümmung folgen und deshalb auch Langstreckenverbindungen zulassen. Ein erster Versuch des Italieners, das zu beweisen, scheiterte. Im zweiten Anlauf aber konnte Marconi eigenen Angaben zufolge mit einer auf Neufundland errichteten Empfangsstation über mehr als 3000 km hinweg am 12. Dezember 1901 das aus England gesendete Morsezeichen des Buchstaben "S" empfangen. Wie konnten sich namhafte Physiker nur so irren? Sie irrten sich nicht, nur war seinerzeit die Existenz der "Ionosphäre" nicht bekannt. Die sich geradlinig ausbreitenden Funkwellen (Kurzwelle) werden von dieser Schicht der Atmosphäre in etwa 80 km Höhe über dem Erdboden reflektiert und zurück zur Erde gelenkt. Nur deshalb konnte Marconis Experiment, so es denn erfolgreich war, überhaupt gelingen.

Zusammen mit Georg Graf von Arco und Adolf Slaby gehörte Ferdinand Braun zu den Entwicklern des Konzepts von „fahrbaren Stationen für drahtlose Telegraphie zu militärischen Zwecken“, das 1903 in einer praktischen Umsetzung durch AEG und Siemens & Halske mündete. Das System bestand aus zwei von Pferden gezogenen Wagen („Vorder- und Hinterwagen“), wobei im Vorderwagen alle Sende- und Empfangsapparate sowie eine Batterie, im Hinterwagen Hilfs- und Resevemittel sowie eine Reservebatterie untergebracht waren. Dies ermöglichte in schwierigem Gelände eine Trennung der Wagen, weil die Station auch mit dem Vorderwagen allein betrieben werden konnte. (Quelle)

Der Vorderwagen ist ein Vorläufer des Mobiltelefons (1903).
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Bild: Fotograf unbekannt

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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