Schweiz: 40 neue Ohren für Elon Musk in Leuk (Allgemein)
Seit 1974 stehen im Oberwallis am Nordhang des Tals oberhalb von Leuk riesige Satellitenschüsseln, von den Einheimischen die "großen Ohren" genannt. Früher von der Swisscom betrieben, wurde die Erdfunkstelle in den 2000er Jahren an ein US-amerikanisches Unternehmen verkauft. Jetzt will Elon Musk an Ort und Stelle 40 weitere Antennen für Starlink errichten lassen, was der Bevölkerung gar nicht passt. Am 25. September kam der Unmut im Nationalrat an.
Einem Bericht von SRF news zufolge hat die Leuker Ärztin Hanna Schnyder vor allem gesundheitliche Bedenken. Sie verweist auf eine WHO-Studie von Mai 2025: «Diese kam zum Schluss, dass man bei hochfrequenten elektromagnetischen Strahlen keine Entwarnung geben kann. Wir möchten nicht das meist bestrahlte Gebiet der Schweiz werden.» Da es sich bei der besagten Studie um eine Review von Tierstudien handelt, nicht um Humanstudien, ist die besorgte Ärztin möglicherweise Tierärztin. Elf weitere Reviews im Auftrag der WHO ergaben übrigens keine besorgniserregenden Befunde, so dass es 11:1 gegen die Einschätzung der Ärztin steht. Erstaunlicherweise ignoriert sie diese unübersehbare Entlastung jedoch völlig.
Frau Schnyder bestätigt mit ihrer Fehleinschätzung die seit langem bekannte Erkenntnis, dass Mediziner in EMF-Sachfragen erschreckende Kenntnislücken haben und deshalb zu einer verzerrten Risikoeinschätzung neigen.
Bekanntlich stehen Satelliten geostationär am Himmel oder ziehen wie die Starlink-Flotte im erdnahen Orbit am Himmel ihre Bahnen. Das bedeutet in erster Näherung, dass Erdfunkstellen nicht nach unten ins Dorf Leuk abstrahlen, sondern gebündelt immer nach oben. Allein deshalb wage ich zu behaupten, dass Leuk ganz bestimmt nicht zum meist bestrahlten Gebiet der Schweiz werden wird. Die extrem schwache HF-EMF-Exposition durch die Satelliten ist ohnehin nicht der Rede wert.
Eine andere Frage ist, ob 40 weiße Tischtennisbälle mit rd. 2,5 Meter Durchmesser schön anzuschauen sind, denn so in etwa sollen die von Radomen geschützten Antennen aussehen.
Realistischer als das Gesundheitsrisiko ist das Risiko, dass Juri Jossen, ein anderer Arzt aus Leuk sieht. Er sagt zu dem Plan: «Das birgt ein grosses Reputationsrisiko für die Gemeinde, ausserdem gibt es sicherheitspolitische Bedenken.» Er befürchtet, die Satelliten-Anlage könnte in einer kriegerischen Auseinandersetzung zum Ziel werden.
Im Nationalrat der Schweiz hat sich Christophe Clivaz (Grüne Fraktion) unlängst des Themas angenommen. Mit seiner Interpellation (25.4236) stellt er dem Bundesrat sechs Fragen. Denen merkt man stellenweise an, dass sie am grünen Tisch ausbaldowert wurden, deshalb sind sie niedliche Retortenbabys, die den Mitarbeitern im Bundesamt für Kommunikation bestimmt ein freundliches Lächeln entlocken werden:
Die Signalhorn AG hat beim Bundesamt für Kommunikation ein Gesuch um eine Funkkonzession eingereicht. Sie will in Leuk 40 Antennen für das Satellitennetzwerk Starlink errichten. Das Baugesuch wurde am 28. Mai publiziert. Das BAKOM gibt keine Informationen bekannt, ausser dass Versuchskonzessionen nicht veröffentlicht werden.
Das Projekt, das die Errichtung von 40 Antennen vorsieht, birgt Gesundheits- und Umweltrisiken. Zunächst einmal besteht die Gefahr, dass man einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt ist, da diese Antennen starke hochfrequente elektromagnetische Felder erzeugen. Zurzeit gibt es keine Vorgaben zum Schutz der Bevölkerung, dies im Gegensatz zu den Schutzbestimmungen bei Mobilfunkantennen. Aus ökologischer Sicht kommt hinzu, dass der Transport von Satelliten ins All hohe CO2-Emissionen verursacht und Weltraummüll hinterlässt, der immer mehr Probleme mit sich bringt. Die Energie, die für den Betrieb der 40 Antennen nötig ist, entspricht dem Jahresverbrauch von 400 4-Personen-Haushalten.
Vor diesem Hintergrund bitte ich den Bundesrat, die folgenden Fragen zu beantworten:
1. Welche strahlungsbedingten Risiken bestehen für Menschen, Tiere und die Vegetation? Wird dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen?
2. Warum stellt das BAKOM das Antennendiagramm nicht zur Verfügung, damit sich die Intensität der Strahlung und der Strahlungsbereich berechnen lassen?
3. Auf welche Entscheidgrundlagen stützt sich das BAKOM bei der Konzessionserteilung? Werden die Gesundheits- und Umweltrisiken beurteilt? Welche Frist besteht für die Erteilung einer endgültigen Funkkonzession?
4. Falls eine Konzession erteilt wird, werden dann Kontrollen durchgeführt? Wird das BAKOM einen Abbau der Anlage verlangen, falls die Bevölkerung übermässiger Strahlung ausgesetzt ist? Wird die Bevölkerung im Umkreis entschädigt, wenn gesundheitliche Probleme auftreten?
5. Ist angesichts der Tatsache, dass belastbare Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen einer solchen Infrastruktur auf lange Sicht angelegt sind, nicht eine Umkehr der Beweislast nötig?
6. Wie schätzt der Bundesrat die energetischen Auswirkungen einer solchen Infrastruktur ein? Ist eine solche Anlage mit den Zielen in Bezug auf die Energiesuffizienz vereinbar?
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –