Niedergang und Wiederauferstehung der "UMTS-Studie" (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 06.04.2011, 00:47 (vor 4968 Tagen) @ Kuddel

Hier möglicherweise die Erklärung ,warum die Arbeit noch nicht zurückgezogen wurde

Her Prof. Rüdiger erklärte dazu: Er ...werde im eigenen Namen und nicht im Plural namens auch anderer Mitautoren seine Zurückziehung der Arbeit formulieren.
..er wolle dies bewußt im eigenen Namen tun und nicht zwischen den Mitautoren differenzieren, weil er ohndies mit Verstimmung der Professoren Kuster und Adlkofer rechne....

Es ist zu vermuten, dass letztgenannte "verstimmte" Herren erheblichen Druck auf Herrn Rüdiger ausüben...

Im September 2008 erhielt ich von Prof. Rüdiger das (undatierte) Schreiben (Word-Datei), mit dem er seinen Worten nach am 27. Juli 2008 den Herausgeber von IAOEH um Retraktion der "UMTS-Studie" ersucht hat. Das, was im oben verlinkten Protokoll der 5. Sitzung der Ethikkommission über den Inhalt des Retraktionsersuchens drinsteht, stimmt mit dem Inhalt des Schreibens so ziemlich überein.

- Prof. Rüdiger zieht alleine zurück, allerdings vermerkt er, er habe alle Autoren der Studie über seine Entscheidung informiert.
- Der im Protokoll nachzulesende Formulierungsvorschlag von Prof. Winkler für die Retraktion wurde nicht wörtlich, sondern sinngemäß von Prof. Rüdiger übernommen.

Warum die Zurückziehung der "UMTS-Studie" trotz des Briefes von Prof. Rüdiger nicht geklappt hat ist eines der Rätsel dieser Affäre. In diesem Dokument von Prof. Adlkofer heißt es dazu:

"Zwei Tage nach der Aufforderung des Rektors zur Zurücknahme der Publikationen stellt sich überraschend heraus, dass der Vorsitzende des von ihm berufenen dreiköpfigen Rates für Wissenschaftsethik als Jurist bei einem Unternehmen der Mobilfunkindustrie beschäftigt ist. Da dies mit der bisher angenommenen Unabhängigkeit des Rates nicht in Einklang zu bringen ist, ziehen Prof. Rüdiger und die Technische Assistentin ihre Unterschriften unter die Letters of Retraction unverzüglich zurück."

Glaubhaft ist diese Begründung nicht. Denn selbst wenn der Ethikrat aus den drei Geschäftsführern der größten Mobilfunkbetreiber bestanden hätte, an Rüdigers Begründung der Retraktion - er könne nämlich nicht für die intakte Verblindung bei der "UMTS-Studie" die Hand ins Feuer legen - ändert sich dadurch nicht das geringste. Außerdem gäbe es zu der Zusammensetzung der Ethikkommission noch einiges zu sagen, was den Vorfall mit dem "Juristen der Mobilfunkindustrie" in einem anderen Licht zeigt. Dies jetzt Herauszufieseln ist mir aber zu viel Arbeit.

Ein ziemliches Problem habe ich noch mit den vagen Zeitangaben in obigem Zitat. Da entsteht der Eindruck, Prof. Rüdiger habe schon Ende Juli/Anfang August sein Retraktionsersuchen "unverzüglich" zurück gezogen. So aber kann es nicht gewesen sein, denn noch am 21. September 2008 schrieb mir Prof. Rüdiger:

"Außerdem: Die Retraktion vom 27.7. 2007 [gemeint ist 2008] der einen Arbeit ist aus meiner heutigen Sicht ein schwerer Fehler gewesen, da ich die Daten immer für korrekt gehalten habe - ist aber nun nicht mehr zu ändern."

Tatsache ist also: Am 21.09.2008 war Prof. Rüdiger noch der Meinung, seine Retraktion habe Bestand, nichts deutet zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass er die Retraktion zurücknehmen könnte.

Außerdem weiß ich momentan nicht, wieso Adlkofer in der Mehrzahl von "Letters of Retraction" spricht, mWn hat es nur den einen gegeben, den Prof. Rüdiger an Prof. Drexler (Int Arch Occup Environ Health) in Erlangen geschickt hat. In der mir vorliegenden Word-Datei mit dem Text der Retraktion ist auch von der "Technischen Assistentin" nichts zu sehen, der Text schließt lediglich mit "Yours sincerely, Hugo Rüdiger".

Gemäß dem PDF von Prof. Adlkofer habe Prof. Rüdiger "seine Bereitschaft zur Zurücknahme der Publikationen erklärt". Das kann ich so nicht bestätigen. In der Word-Datei, die mir von Prof. Rüdiger vorliegt, ist von Bereitschaft keine Rede, dort zieht Prof. Rüdiger seine "UMTS-Studie" explizit zurück.

Und zum Nachtisch noch ein kleines Lehrstück in der Kunst der Darstellung:

Im verlinkten Protokoll der Ethikkommission heißt es ja zur Retraktion durch Prof. Rüdiger "... er [Rüdiger] wolle dies bewußt im eigenen Namen tun und nicht zwischen den Mitautoren differenzieren, weil er ohndies mit Verstimmung der Professoren Kuster und Adlkofer rechne".

In Adlkofers PDF wird daraus: "Auch wolle er [Rüdiger] diesen Schritt bewusst nur für seine Person vollziehen und spreche dabei nicht im Namen der anderen Autoren der Studie, rechne vielmehr mit deren Widerstand."

Klingelt's?

Wer sich die Mühe macht, Adlkofers PDF gezielt nach Abweichungen gegenüber anderen publizierten Dokumenten der Wiener Affäre zu durchsuchen, wird aller Voraussicht nach zig derartige Interpretationskunststücke finden. Ich weiß, wovon ich rede, im Zuge unserer gerichtlichen Auseinandersetzung musste ich umfassende Schriftsätze von Prof. Adlkofer (bzw. seiner Anwälte) lesen. Eine zuweilen hoch interessante Beschäftigung ;-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
UMTS-Studie, Adlkofer, Rüdiger, Retraktion, Kuster, IAOEH, Ethikkommission, Niedergang


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