Athem-3: Rechnung möglicherweise ohne Radon gemacht (Forschung)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 11.07.2024, 01:20 (vor 32 Tagen) @ H. Lamarr

Anfang Juni 2024 brachte die "Kompetenzinitiative" eine Kurzvorstellung des Athem-3-Projekts heraus.[...] Kostprobe aus dem Inhalt:

[...] Die beobachteten Signifikanzen zeigen keine akute Gesundheitsbeeinträchtigung, aber liefern die Evidenz dafür, dass Langzeitexposition ein Gesundheits-Risiko mit sich bringt. Diese Studie ist auch aufgrund der geringen Patientenzahlen aussagekräftig genug, da die Gruppen hinsichtlich demographischer Daten, Lebensstilfaktoren und alternativen Risikofaktoren wie Exposition zu (medizinisch indizierten) ionisierender Strahlung vergleichbar waren.

An anderer Stelle heißt es in der Kurzvorstellung:

[...] Im Zusammenhang mit dem Schutz vor ionisierender Strahlung sind Chromosomenschäden die Grundlage biologischer Dosimetrie-Konzepte der Internationalen Atom Energie Behörde (IAEA). Die in ATHEM-3 gefundenen Chromosomenschäden übersteigen die biologischen Grenzwerte der IAEA um ein Mehrfaches. [...]

Filmemacher Scheidsteger und der Rechtsanwalt Tilo Rößler vereinfachen den oben geschilderten Sachverhalt in Videos zu der populistisch plakativen Feststellung, nicht-ionisierende Strahlung verursache die gleichen Chromosomenschäden wie ionisierende Strahlung!

Aber ist das wirklich so?

Die Studiengruppe hat eigenen Angaben zufolge die medizinische Strahlenbelastung der Probandengruppen im Auge gehabt. Was genau, kann man sich hier anschauen. Aber: Die Radon-Belastung (radioaktives Edelgas) der Teilnehmer wurde nicht geprüft. Zerfällt das in allen Böden und Gesteinen in unterschiedlichem Maße vorhandene Uran und Radium, entsteht Radon, das sich im Erdboden ausbreitet und schließlich an die Erdoberfläche gelangt. Durch Undichtigkeiten eines Gebäudes kann Radon in Innenräume von Häusern gelangen und sich dort anreichern (Quelle).

[image]Von den beiden Probandengruppen ist nur bekannt, dass sie in Unterfranken, Bayern, leben, genauere Angaben gibt die Studiengruppe ohne Angabe von Gründen nicht preis. Gemäß Radonkarte des BfS kann es in Unterfranken stellenweise zu Radonkonzentrationen von 100'000 Bq/m³ und mehr kommen. Ob dies ausreicht, die beobachteten Chromosomenaberrationen zu verursachen, müssen andere beurteilen.

Die Radonbelastung jedes Probanden hängt von seinem genauen Wohnort, von baulichen Gegebenheiten und von Gewohnheiten ab. Unter diesen Umständen könnte es wegen der geringen Anzahl der Probanden möglich sein, dass die stärker mit Funk exponierte Gruppe unerkannt auch stärker mit Radon belastet ist und die Beobachtungen der Studie kausal eben darauf zurückzuführen sind. Bekannt ist z.B., dass sich "Elektrosensible", und davon gab es in der stärker exponierten Gruppe vier, zum Schlafen in Kellerräume zurückziehen. Dort ist in mit Radon belasteten Häusern die Konzentration üblicherweise am höchsten.

Qualifizierte Messungen in den Wohnungen/Häusern aller Probanden könnten meinen Verdacht bestätigen oder widerlegen. Da ich Zweifel an der Ergebnisoffenheit der Studiengruppe habe, wäre mMn nur eine amtliche Messung belastbar. Dazu aber müsste die Studiengruppe ihre Geheimniskrämerei aufgeben und mit den Behörden, deren Integrität sie ihrerseits gerne infrage stellt, zusammenarbeiten. Da tut sich für die Studiengruppe eine Zwickmühle auf :lookaround:.

Hintergrund
Biologische Dosimetrie

[Admin: Radonkonzentration auf Kubikmeter berichtigt am 12.07.24]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Radon, Populismus, Chromosomenschäden, Athem3


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