Welttag der Elektrosensibilität: Rezeption durch die ÖDP (II) (Elektrosensibilität)
Zum 4. "Welttag der Elektrosensibilität" setzte 2021 die Unterstützung durch die ÖDP abrupt ein und gleich so intensiv, als sei dieser Tag kein Privatvergnügen versprengter "Elektrosensibler", sondern von den Vereinten Nationen ausgerufen worden. Für den 5. Welttag 2022 hatte die Kleinpartei keine Silbe übrig. Den 6. Welttag vor ein paar Tagen begleitete die ÖDP dann wieder mit einer verlogenen Behauptung, verpackt als "Pressemitteilung", dass nämlich "Elektrosensibilität" eine Volkskrankheit sei.
Von wegen Volkskrankheit. In ihrem nach wie vor gültigen Faktenblatt 296 stemmt sich die WHO gegen den unverschämten Populismus der ÖDP indem sie schreibt: Überdies ist EHS weder ein medizinisches Krankheitsbild, noch steht fest, dass es sich um ein eigenständiges medizinisches Problem handelt.
Da "Elektrosensibilität" keine Anerkennung als Krankheit hat, gibt es keine Statistiken, die Auskunft über die Anzahl der Betroffenen geben. Ergo wird das Vakuum von interessierter Seite regelmäßig mit Fantasiezahlen und umgerechneten Umfrageergebnissen geflutet. Diese Zahlen darf man getrost verwerfen. Denn immer dann, wenn "Elektrosensible" leibhaftig oder virtuell in Erscheinung treten sollen, zeigt sich reproduzierbar stets das gleiche Bild einer sehr kleinen Minderheit in der Größenordnung von bundesweit ein paar hundert Personen. Die Behauptung, "Elektrosensibilität" sei eine Volkskrankheit, ist daher nur eine substanzlose Meinungsäußerung. Wusste dies auch der Autor der "Pressemitteilung", ist es sogar eine faustdicke Lüge. Offensichtlich bin ich nicht der einzige, der die "Pressemitteilung" für pure Desinformation hält, denn die Trefferquote in der Medienlandschaft, gemessen von Google-News, ist für die ÖDP wenig schmeichelhaft. Nicht einmal die unsäglich unqualifizierte Hochrechnung auf 4 Mio. "Elektrosensible" in Deutschland ließ einen Journalisten zupacken.
Da es enorm ermüdend ist, dem inhaltlichen Stuss der Ökologischen weiter begründet zu widersprechen und die meisten der haltlosen Behauptungen ohnehin schon im IZgMF-Forum durch die Mangel gedreht wurden, erspare ich mir und den Lesern dieser Zeilen weitere Qualen. Stattdessen gehe ich auf die unverfrorene Verlogenheit der 4-Mio.-Hochrechnung von Thomas Warmbold ein, der in der "Pressemitteilung" als Vorsitzender des Vereins "Gesund vernetzt" und ÖDP-Mitglied vorgestellt wird.
Zur richtigen Bewertung von Warmbolds Ausführungen wäre es freilich anständig gewesen zu erwähnen, dass Warmbold sich für extrem "elektrosensibel" hält und deshalb alle seine Behauptungen unter Vorbehalt zu sehen sind. Warmbold muss als gesellschaftlicher Außenseiter aus eigenem Erleben sehr gut wissen, dass seine Hochrechnung völliger Blödsinn ist. Dennoch tischt er sie ungeniert auf, als wäre sie eine Tatsache. Auch Warmbold muss wissen, dass hierzulande nur zwei nennenswerte Vereine speziell für "Elektrosensible" mit zusammen höchstens 300 Mitgliedern eingetragen sind. Und es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass seine von Umfragen abgeleiteten 4 Mio. "Elektrosensiblen" nicht nur auf Papier, sondern auch in der realen Welt existieren. Gäbe es sie, die Europäische Bürgerinitiative "Stop 5G" hätte nach 1-jähriger Sammlung einen triumphalen Erfolg gefeiert, statt in 27 EU-Staaten mit insgesamt nur knapp 83'000 Anhängern (Mobilfunkgegner, nicht "Elektrosensible"!) das Ziel weit zu verfehlen.
Warmbolds Verein war beim zweiten "Europatreffen der Elektrosensiblen" am 17. Juni 2023 in Belgien der einzige Unterstützer aus Deutschland. Und, haben die Veranstalter mit Millionen Teilnehmern gerechnet? Nein, haben sie nicht, sie waren ehrlich und haben 100 bis 150 Besucher aus ganz Europa erwartet. Auch dies dürfte Warmbold bekannt sein. Der Mann faselt also nicht aus Dummheit von 4 Mio. "Elektrosensiblen" in Deutschland, sondern wider besseren Wissens. Anders gesagt: Er lügt wie gedruckt. Da das nicht verboten ist, kann man weder ihn noch die ÖDP zur Rechenschaft ziehen. Aber: Ich kann darüber schreiben, damit jeder, der mit der ÖDP als Partei seiner Wahl liebäugelt, weiß, worauf er sich einlässt. Allerdings: Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Ex-ÖDP-Chef Klaus Buchner (82) sich völlig aus der Politik zurückzieht. Er hat der Partei den fatalen Anti-Mobilfunk-Kurs diktiert. Doch ohne Buchner dürfte das peinliche Thema bei den mobilfunkbegeisterten jungen Ökologischen schnell den Status einer heißen Kartoffel bekommen .
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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