James C. Lin: IARC-Ausschluss von Ahlbom war ungerecht (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 16.10.2011, 22:17 (vor 4734 Tagen) @ H. Lamarr

Bis auf weiteres bleibt es (hier) also im Dunkeln, was Lin an der Mitwirkung von Melnick am IARC-Meeting im Mai 2011 so gestört hat, dass er darüber mit einem Artikel an die Fachöffentlichkeit ging.

Es wurde Licht.

Lin stört sich an der Ungleichbehandlung, die die IARC gegenüber dem Schweden Anders Ahlbom und dem Amerikaner Ron Melnick an den Tag legte. Ahlbom habe in seiner Erklärung zu Interessenkonflikten nicht verheimlicht, dass er zeitweise für die Beratungsfirma seines Bruders als Direktor arbeite (was sich ganz anders liest als die Meldungen von einer Enttarnung Ahlboms durch Mona Nilsson). Dafür sei Ahlbom von der Teilnahme an dem wichtigen Meeting ausgeschlossen worden, wogegen Ron Melnick, der Alleininhaber einer Beratungsfirma sei, nicht nur nicht ausgeschlossen wurde, sondern sogar noch mit der Leitung der Arbeitsgruppe "Exposition" betraut worden sei. Dabei sei die IARC auf den ziemlich offensichtlichen kommerziellen Interessenkonflikt von Melnick hingewiesen worden, Nicolas Gaudin, in Lyon Leiter der Kommunikationsabteilung, habe daraufhin noch von einer "ernsten Angelegenheit" gesprochen. Passiert sei jedoch nichts.

Lin schildert in seinem Artikel die Rolle von Ron Melnick im Großen und Ganzen so, wie sie von Doris schon hier beschrieben wurde. Neu ist die Information, dass das NTP-Programm (siehe Posting von Doris) nicht mehr beim NIEHS liegt, sondern von Melnick im Alleingang vertraglich ans IITRI, Chicago, gebunden wurde. Chef des IITRI ist David McCormick, der wiederum beim IARC-Meeting im Mai ebenfalls mit dabei war.

Melnick ist jetzt Inhaber der Beratungsfirma "Ron Melnick Consulting, LLC" und es sei selbsterklärend, so Lin, dass diese Firma kein Wohltätigkeitsunternehmen sei und auch nicht aus purer Menschenliebe heraus an der Erforschung biologischer Effekte infolge Funkeinwirkung interessiert sei. Vielmehr handle es sich um ein Wirtschaftsunternehmen, das gegen gutes Geld professionelle Dienstleistungen erbringe. Mehrfach benutzt James C. Lin im Zusammenhang mit Melnick den Begriff "sole-sourced", womit er auf die alleinstellende Rolle des Mannes bei dessen Unternehmungen hinweisen will.

Aus meiner Sicht ist das, was Lin in seinem Artikel gegen Melnick vorbringt, nicht unbedingt der große Brüller. Aber darauf wollte Lin vermutlich auch gar nicht hinaus. Sein Artikel stellt vielmehr nachvollziehbar die Entscheidung der IARC infrage, den Amerikaner in Lyon im Spiel zu belassen, den Schweden aber aus dem Spiel zu nehmen.

Da der Epidemiologe Ahlbom von Sendemastengegnern ganz gerne heftig kritisiert wird, ist davon auszugehen, dass er in Lyon ein Skeptiker gewesen wäre, der die 2B-Wertung möglicherweise nicht mitgetragen hätte. Auf der anderen Seite Ron Melnick. Er ist Vater eines millionenschweren EMF-Krebs-Forschungsprojekts, das noch in Arbeit ist, und dessen Bedeutung mit Sicherheit geschwunden wäre, hätte die IARC im Mai 2011 die IV-Wertung (wahrscheinlich für Menschen nicht krebserregend) verabschiedet. Da fällt es mMn nicht schwer zu erraten, für welche Wertung Melnick gestimmt hat. Allerdings möchte ich auch nicht bei der IARC für die Auswahl der Meeting-Teilnehmer verantwortlich gewesen sein, aus dem begrenzten Kreis der fachlich qualifizierten Kandidaten alle diejenigen auszusortieren, die über zwei, drei oder vier Ecken herum möglicherweise versucht waren, aufgrund nicht-wissenschaftlicher Erwägungen in Lyon abzustimmen. Diesen Job kann man wahrscheinlich nur falsch machen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Nilsson, Ahlbom, Melnick, Lin


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