Der schiefe Mast von Stuttgart (Allgemein)

M. Hahn, Donnerstag, 10.04.2008, 14:32 (vor 5933 Tagen) @ H. Lamarr

Aber: Wenn die BI nicht auf einem Auge blind wäre, hätte sie in ihrem ominösen PDF mühelos auch Franz Prof. A. als Lobbyisten nennen können!

Ich kann darin kein Problem erkennen, wegen dessen die Stuttgarter ausgerechnet Prof. A. nun als Lobbyisten anprangern sollten. Schließlich liegt die unterstellte nicht unabhängige Tätigkeit Prof. A.s in Bezug auf die Untersuchung von Rauchen und Gesundheit offenbar etliche Jahre zurück. Heute agiert er zudem anders.

Ich frage mich etwas anderes:
Was kann einen Mann mit wissenschaftlichem Anspruch, der immerhin ein Vorhaben von Gewicht wie REFLEX koordiniert hat, dazu bewegen, sich an so einer Veranstaltung, ich meine hier mit solchen Referenten wie Scheiner und Zwerenz, zu solchen Themen wie
"Warum hat Deutschland mit die höchsten Grenzwerte der Welt?"
zu beteiligen? In einer "nicht-kontroversen Art" unterstelle ich mal.

Mein ganz persönliche Vermutung (unterstellt, an der Tabak-Geschichte ist was dran):
Gewissensprobleme wegen seiner früheren Tätigkeit. "Nie wieder so etwas. "Etwas "wieder gut machen" müssen. Einmal der "frühe Warner" gegen den Strom gewesen sein, einmal auf der richtigen Seite. Das Pendel schlägt gewissermaßen in die andere Richtung. Wenngleich der Vergleich hinkt: Bewegung ist des Pendels Lebensprinzip - wegen einer Sünde muss man aber nicht eine Torheit nachschieben.

Natürlich ist es unlogisch, dass Handys einst als schädlich erkannt werden müssten, nur weil das beim Tabakrauch so war. Ebenso ist es trivial, dass eine Industrie ihre Produkte immer einseitig, nämlich aus Ihren Interessen heraus, gegen der Vorwurf der Gesundheitsschädlichkeit verteidigen wird. Trivial ist aber ebenso, dass aus dieser Handlungsweise nichts über die Stichhaltigkeit der Vorwürfe zu schließen ist, sondern immer nur aus Fakten in der Sache.
Diese "Schlüsse von x auf x+1" sind, wenngleich volkstümlich, dennoch unlogisch.
Prof. Prof. A. weiß das ganz sicher. Ebenso wie er freilich weiß, dass die absolute Unschädlichkeit des Handys weder auf diese noch auf eine andere Schlussweise zu beweisen ist.
Und, noch mal meine Spekulation, er will nicht zum zweiten Mal sündigen, sondern gewissermaßen das Gegenteil tun.
Früher haben ihm andere seine Scheuklappen bezahlt, jetzt tut er es selbst.
Nur: Wer gegen den Strom wissenschaftlicher Evidenz eine Gefahr als Lobbyist tapfer ableugnet, läuft Gefahr zum Schuft erklärt zu werden.
Wer gegen den Strom wissenschaftlicher Erkenntnisse die Behauptung der Gefahr als Warner tapfer weiter verbreitet... ja, mag sein, er hat eines Tages doch recht; größer ist aber das Risiko, sich damit zum Narren zu machen. Frage ist nur, bei wem.

In meinen Augen macht er sich auch im Irrtumsfalle nicht notwendig zum Narren. Wissenschaft braucht den Irrtum, Gesellschaft braucht die vernünftige Abwägung der Möglichkeit des Irrtums.
Zum Narren macht sich einer nicht, solange sein Irrtum gewissermaßen intellektuell redlich ist. Für mich ist das nicht mehr der Fall bei Polemiken wie diesen, in denen Fragestellungen (Handys vs. Masten) unsachlich vermischt werden.
Das ist nicht mehr der Fall, wenn einer, meinetwegen in bester Absicht, die gebotene Trennungslinie zwischen sich und Scharlatanen, Scheinfachleuten (fachfremden Professoren) auf unbekanntem Terrain, single issue fanatics oder gar Geschäftemachern nicht mehr zieht.

Tags:
, Referenten, Irrtum


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