Brüssel will bis Juni 2021 das 5G-Problem gelöst haben (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 04.08.2020, 18:41 (vor 1433 Tagen)

Die Brüsseler Regierung hat am 16. Juli 2020 zugesagt, Entwürfe von Gesetzestexten vorzubereiten, die das 5G-Problem der Region Brüssel bis Ende Juni 2021 regeln sollen. Bekanntlich hat im März 2019 die damalige Brüsseler Umweltministerin Céline Fremault ein für die Stadt geplantes 5G-Pilotprojekt mit dem weltbekannt gewordenen Satz gestoppt: "Die Brüsseler sind keine Versuchskaninchen, deren Gesundheit ich für den Profit verkaufen kann." Inzwischen hat in der belgischen Hauptstadt der Wind gedreht.

Die Gesetzentwürfe werden die Empfehlungen berücksichtigen, die das Regionalparlament am Ende einer von der Brüsseler Exekutive geforderten umfassenden Debatte abgeben wird. Zudem teilten die Brüsseler Minister am Ende ihres wöchentlichen Treffens mit, die Brüsseler Regierung wolle auch Stimmen aus der Bevölkerung hören. Sie spreche sich deshalb für eine Initiative des Brüsseler Parlaments aus, die im zweiten Quartal 2021 eine öffentliche Debatte über 5G in der belgischen Hauptstadt zum Ziel hat.

Die Brüsseler Minister verpflichten sich, die so gewonnen Erkenntnisse aufzugreifen und bis spätestens 30. Juni 2021 in Gesetzesentwürfe einzubringen.

Gleichzeitig genehmigte die Brüsseler Regierung die Einrichtung einer Brüsseler Koordinierungsplattform, die sich aus allen Regierungsmitgliedern sowie den Verwaltungsorganen zusammensetzt, die von der Einführung von 5G betroffen sind. Koordinator dieser Plattform ist Ministerpräsident Rudi Vervoort.

In Bezug auf die vom Belgischen Institut für Postdienste und Telekommunikation (BIPT, belgische Regulierungsbehörde) erteilten vorläufigen 5G-Betriebsgenehmigungen mahnte die Brüsseler Regierung an, dass jede Nutzung auf Grundlage der vorläufigen Lizenzen, insbesondere während 5G-Tests, im aktuellen normativen Rahmen des Vorsorgeprinzips durchgeführt werden muss.

Quelle: 5G à Bruxelles - Le gouvernement bruxellois déposera des textes en 2021 après un large débat parlementaire

Hintergrund
5G-Stopp in Brüssel: Versuchskaninchen müssen warten

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Belgien: Vorläufige 5G-Lizenzen für fünf Netzbetreiber

H. Lamarr @, München, Dienstag, 04.08.2020, 20:14 (vor 1433 Tagen) @ H. Lamarr

In Bezug auf die vom Belgischen Institut für Postdienste und Telekommunikation (BIPT, belgische Regulierungsbehörde) erteilten vorläufigen 5G-Betriebsgenehmigungen mahnte die Brüsseler Regierung an, dass jede Nutzung auf Grundlage der vorläufigen Lizenzen, insbesondere während 5G-Tests, im aktuellen normativen Rahmen des Vorsorgeprinzips durchgeführt werden muss.

Das BIPT organisierte vom 24. März bis 24. April 2020 eine öffentliche Konsultation über die Gewährung vorläufiger Nutzungsrechte und erhielt mehrere tausend Kommentare, die alle von der Behörde geprüft wurden. Viele davon betrafen Bedenken hinsichtlich möglicher Risiken im Zusammenhang mit der EMF-Exposition, die von 5G-Antennen ausgeht. Der Schutz der öffentlichen Gesundheit fällt jedoch nicht in die Zuständigkeit des BIPT. Das Verfassungsgericht entschied, dass die allgemeine Zuständigkeit der Regionen (Brüssel, Wallonien, Flandern) für die Regelung des Umweltschutzes auch die Kompetenz einschließt, Maßnahmen zur Verhütung und Begrenzung der mit EMF verbundenen Risiken zu ergreifen, einschließlich der Begrenzung der Exposition.

Am 15. Juli 2020 veröffentlichte das BIPT seine Entscheidung, derzufolge fünf Mobilfunknetzbetreibern vorübergehende Nutzungsrechte im eingeschränkten Frequenzband 3600 MHz bis 3800 MHz gewährt werden: Cegeka, Entropia, Orange, Proximus und Telenet. Die Betreiber haben damit die Möglichkeit, erste 5G-Entwicklungen innerhalb dieses Frequenzbandes in Belgien zu erproben. Details der übergangsweise geltenden Lizenzbedingungen lassen sich, vertrauliche Vereinbarungen ausgenommen, <hier> einsehen (Sprache französisch und niederländisch).

Das Frequenzband 3600 MHz bis 3800 MHz bietet insgesamt 200 MHz Bandbreite. Es ist daher möglich, jedem der fünf in Frage kommenden Bewerbern 40 MHz zuzuweisen. Diese Nutzungsrechte bleiben so lange gültig, bis neue Nutzungsrechte im Rahmen eines klassischen Auktionsverfahrens auf Grundlage eines neuen Königlichen Erlasses für das gesamte Frequenzband 3400 MHz bis 3800 MHz erteilt werden, sobald sich die politischen Instanzen hierüber geeinigt haben.

Allerdings müssen die Betreiber auf Basis der vorübergehenden Nutzungsrechte weiterhin die geltenden Vorschriften der regionalen belgischen Behörden für die Antennenerrichtung und die regional geltenden Grenzwerte einhalten. In der Region Brüssel, für die gegenwärtig laut BIPT im Frequenzbereich 2 GHz bis 300 GHz der konstante Grenzwert 220 mW/m² (9,1 V/m) gilt, ist es wegen des hohen Antennengewinns smarter elektronisch ausrichtbarer 5G-Richtantennen nahezu unmöglich, 5G mit allen seinen Vorzügen (große Bandbreite) ohne Grenzwertverletzungen einzuführen (zum Vergleich: in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern gilt im genannten Frequenzbereich der Grenzwert 61 V/m). Deshalb schlägt BIPT eine Grenzwertanhebung auf 14,5 V/m bis 41,5 V/m vor, je höher desto besser. Einen anderen Ausweg böte die zeitliche Mittelung der Exposition, da smarte 5G-Richtantennen im Gegensatz zu herkömmlichen Mobilfunkantennen in ihrem Versorgungssektor eine zeitlich und räumlich stark schwankende Immission verursachen, die sich mit einer angemessenen Mittelung auf grenzwertkonforme Werte reduzieren ließe. Die dazu erforderliche gesetzliche Regelung gibt es für Brüssel derzeit jedoch (noch) nicht.

Quellen
BIPT grants temporary 5G user rights to five operators
Study of 12 September 2018 on the impact of the radiation standards in Brussels on the deployment of mobile networks

Hintergrund
Grenzwerte: Warum LTE (4G) in Brüssel so schwierig ist

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5G-Lizenzen

Brüssel: Zustimmung zur Erhöhung d. Strahlungsnorm auf 14,5 V/m

Gast, Sonntag, 25.07.2021, 05:56 (vor 1079 Tagen) @ H. Lamarr

Brüssel gibt grünes Licht für höhere Strahlungsnorm und fördert damit 5G-Mobilfunk

Die Brüsseler Regierung hat ihre grundsätzliche Zustimmung zu einer begrenzten Erhöhung der Strahlungsnorm auf 14,5 Volt pro Meter gegeben. Das gilt auch für Radio- und Fernsehantennen. Die Regierung hat den weiteren Rollout eines 5G-Mobilfunknetzes verdeutlicht.

"Als Hauptstadt Europas kann es sich Brüssel nicht leisten, zurückzubleiben, besonders jetzt, wo die EU ihre Ziele für eine europäische Gigabit-Gesellschaft bekanntgegeben hat”, hieß es.

Auch mit einer Erhöhung der Strahlungsnorm gelten in der Region Brüssel-Hauptstadt noch immer die strengsten Strahlungsnormen des Landes. Mit der Norm von 14,5 Volt pro Meter liegt Brüssel weit unter den empfohlenen Werten der WHO und der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung. Außerdem sollen die mit der neuen Technologie verbundenen Umweltauswirkungen minimiert werden. Weiter ...

Zustimmung zur Lockerung des Vorsorgewerts auf 14,5 V/m

H. Lamarr @, München, Sonntag, 25.07.2021, 11:55 (vor 1079 Tagen) @ Gast

Leider geht die Original-Pressemitteilung des Ministerpräsidenten der Region Brüssel nicht weiter auf technische Details der geplanten Neuregelung ein, auch Links zu Hintergrundinfos gibt es nicht.

Offensichtlich ist es so, dass die Region den bisherigen frequenzunabhängigen Vorsorgewert von 9,1 V/m aufgibt und gegen 14,5 V/m ersetzt. Dies dürfte besonders in der Schweiz aufmerksam beobachtet werden. Die Brüsseler Regierung folgt damit einer Empfehlung der belgischen Regulierungsbehörde (BIPT), die für 5G bereits 2018 eine Anhebung des in Brüssel geltenden Vorsorgewerts auf 14,5 V/m bis 41,5 V/m empfohlen hat, je höher desto besser.

Dass die Immission durch Radio- und TV-Sender bei der Gesamtimmission berücksichtigt werden ist eigentlich so selbstverständlich und andernorts üblich, dass es keiner näheren Betrachtung bedarf. Schon interessanter ist die Ankündigung der Brüsseler Regierung, bis Ende dieses Jahres zu Vorschlägen Stellung zu nehmen, die Besteuerung von Mobilfunkantennen zu harmonisieren. Ähnlich wie bei Autoabgasen soll die Besteuerung eine Umweltdimension erhalten, was wohl bedeutet: Je stärker Antennen strahlen, desto höher werden sie besteuert. Ob diese Idee den Segen der EU bekommen wird ist freilich noch offen. In Deutschland hegten einige Kommunen um 2010 herum ähnliche Hoffnungen (z.B. Remscheid), das Stadtsäckel mit einer Mobilfunkmastensteuer zu füllen. Durchsetzen konnte sich diese Idee jedoch nirgends, in Düsseldorfer Regierungskreisen hieß es z.B., eine solche Steuer erfülle nicht die Voraussetzungen zur Erhebung einer Aufwandsteuer. Ein Hinderungsgrund bei ländlichen Kommunen war die Erkenntnis, eine solche Steuer sei dem ohnehin trägen Aufbau der Mobilfunknetze in ertragsschwachen Regionen nicht förderlich.

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Warten auf die 5G-Lizenzauktion in Belgien

H. Lamarr @, München, Dienstag, 27.07.2021, 22:50 (vor 1076 Tagen) @ Gast

Brüssel gibt grünes Licht für höhere Strahlungsnorm und fördert damit 5G-Mobilfunk

Bei alledem könnte leicht übersehen werden, dass in Belgien noch gar keine 5G-Lizenzauktion stattgefunden hat. Diese soll frühestens Ende 2021 kommen, wahrscheinlich aber erst Anfang 2022. So berichtete es die belgische Tageszeitung De Tijd unter Berufung auf die zuständigen Bundesministerin Petra De Sutter.

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5G-Lizenzauktion in Belgien bringt 1,2 Mrd. Euro

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 22.06.2022, 20:50 (vor 746 Tagen) @ H. Lamarr

Brüssel gibt grünes Licht für höhere Strahlungsnorm und fördert damit 5G-Mobilfunk

Bei alledem könnte leicht übersehen werden, dass in Belgien noch gar keine 5G-Lizenzauktion stattgefunden hat. Diese soll frühestens Ende 2021 kommen, wahrscheinlich aber erst Anfang 2022. So berichtete es die belgische Tageszeitung De Tijd unter Berufung auf die zuständigen Bundesministerin Petra De Sutter.

Am 21. Juni 2022 war die Multiband-Lizenzversteigerung in Belgien zuende und Medienberichten zufolge teilt Bipt (belgische Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation) mit, Mobilfunkbetreiber hätten für das versteigerte Spektrum auf den bisherigen Bändern 900 MHz, 1800 MHz und 2100 MHz sowie auf den neuen Bänder 700 MHz, 3600 MHz und 1400 MHz insgesamt 1,2 Milliarden Euro geboten. Ebenfalls neu: Nach 20 Jahren mit vier Netzbetreibern gibt es jetzt in Belgien mit Digi einen fünften. Digi ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Citymesh aus Brügge und der rumänischen Holding Digi Communications.

Mit dem Ende der Multibandauktion erlöschen die vorläufigen Nutzungsrechte für das 3600-MHz- Band. Diese waren am 14. Juli 2020 von Bipt den Betreibern Orange, Proximus und Telenet erteilt worden (Cegeka und Entropia hatten ihre Anträge dafür zurückgezogen), da der europäische 5G-Zeitplan die Vergabe von Nutzungsrechten für dieses Band vor Ende 2020 vorsah, in Belgien zu diesem Zeitpunkt jedoch keine Lizenzversteigerung in Sicht war. Anhand der vorläufigen Nutzungsrechten waren die Netzbetreiber in der Lage, auf diesem neuen Band termingerecht erste 5G-Entwicklungen in Belgien einzuführen, wobei sie geltende Vorschriften der Regionalbehörden für die Aufstellung von Antennen und die geltenden Strahlungsnormen beachten mussten.

Erloschen sind jetzt auch die "Testgenehmigungen" für Netzbetreiber und Forschungseinrichtungen. Sie dienten dazu, technische Erfahrungen mit 5G zu sammeln. Für kommerzielle Zwecke durften sie nicht verwendet werden werden.

Den langen und beschwerlichen belgischen Entscheidungsweg bis zur Multiband-Versteigerung hat Bipt hier dokumentiert.

Quellen: Marketscanner, VRT, Bipt.

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