Schweiz: Petition will W-Lan und DECT in Kindergärten bannen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 13.09.2018, 14:19 (vor 2115 Tagen)

Der Verein "Schutz vor Strahlung Schweiz" bittet nicht darum, sondern fordert Entscheidungsträger keck dazu auf, Massnahmen zur Strahlenreduktion in Einrichtungen für Kleinkinder schweizweit einzuführen. Mit einer Petition soll der Forderung Nachdruck verliehen werden. (Unrealistisches) Ziel der Petition ist es, bis Ende Oktober 2018 rund 30'000 Unterstützer zu mobilisieren, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Die konkreten Forderungen des Vereins lesen sich wie aus einem Werbeprospekt der Baubiologie:

Die Begründung des Vereins für seine Forderungen fällt mager aus. Viel Mühe mit einer nachvollziehbaren gut begründeten Argumentation hat sich niemand gegeben, stattdessen werden einem zwei Phrasen aus dem www serviert:

Nachprüfbare Quellen für seine Behauptungen nennt der Verein nicht.

Kommentar: Ich werde diese Petition nicht unterschreiben, weil ich sie für unqualifiziert halte. Die Immission durch W-Lan-Accesspoints und DECT-Basisstationen ist derart schwach und so meilenweit unter allen Grenzwerten, dass keinerlei Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Wer der Sinnfreiheit zum Trotz dennoch Schutz fordert, der muss aus meiner Sicht zuerst einmal ein ähnlich bewegendes Risiko ausschalten, indem er für Spielplatzaufenthalte unbedingtes Tragen von massiven Kinderhelmen verlangt – zum Schutz gegen Meteoriteneinschläge.

In welcher Argumentationsnot der Verein steckt, ist oben an der ersten Begründung erkennbar, die nichts mit einer Fernfeldimmission der Kinder zu tun hat, sondern die Situation beschreibt, wenn Kinder mit einem Handy am Kopf telefonieren. Diese Begründung ist daher unzutreffend und irreführend. Die WHO hat 2010 mit ihrer jüngsten EMF-Forschungsagenda der Erforschung der EMF-Einwirkung auf Kinder hohe Priorität gegeben. Ich bin der Ansicht, die Wissenschaft soll sich um diese anspruchsvolle und wichtige Aufgabe kümmern, nicht aber selbsternannte Experten, die ihr gesamtes Wissen über Elektrosmog den Suchmaschinen zu verdanken haben.

Im Vorstand des Vereins kann ich niemanden erkennen, der in der Sache auch nur einen Funken Kompetenz hätte. Schlimmer noch, mit Martin Zahnd sitzt dort ein überzeugter "Elektrosensibler", der sich schon lange gegenüber Sachargumenten immunisiert hat. Zahnd trat der Schweizerischen Anti-Mobilfunk-Szene 2015 bei und hat sich mit allerlei Elektrosmog-Dienstleistungsangeboten schnell ein finanzielles Standbein aufgebaut. "Elektrosensibilität" ist keine körperliche Erkrankung, sondern ein psychisches Leiden. Zunehmend mehr qualitativ gute Studien kommen zu diesem Schluss, der von Betroffenen seit jeher heftig bestritten wird. Angenehmer zu verkraften sind jüngere Studien, die "Elektrosensibilität" mit dem Nocebo-Effekt erklären. Auch Gesunde können diesem Effekt auf den Leim gehen.

Weil diese Petition ziemlich lau und ohne viel Esprit zusammengeschustert ist, gehe ich davon aus, der Verein ist nicht wirklich am Erfolg seiner Aktion interessiert. Vielmehr geht es darum, das Thema "Elektrosmog" mit geringem Aufwand nur wieder einmal alarmierend ins Gespräch und in die Medien zu bringen, das ist Gratiswerbung für alle, die an ständiger Angst vor Elektrosmog interessiert sind, weil sie daran verdienen. Und: Kinder sind seit eh und je verlässliche Qutenbringer. Wer vorgibt, etwas für Kinder tun zu wollen, dem ist Aufmerksamkeit gewiss. Vereinskassenwart Zahnd profitiert ganz konkret von der vierten der oben genannten Forderungen, tingelt er doch, wenn er gebucht wird, als selbsternannter Elektrosmog-Aufklärer und -Geschichtenerzähler über die Dörfer.

Hintergrund
M. Zahnd im IZgMF-Forum
Cefalo-Krebsstudie: Kinder, Handy, Hirntumor
Die Geschichte von den Zündholzgegnern
Alles über "Elektrosensible" und "Elektrosensibilität"

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Risiko, Schweiz, Petition, Schule, Kindergarten, WLan, Zahnd, Elekrochonder


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