Elektrosmog & Verkehrsunfälle: Hansueli Stettlers fixe Idee (Allgemein)
Am 7. Januar 2018 krachten vier Autos im Arlbergtunnel zusammen und am Unfallort sind Gebilde erkennbar, die wie Mobilfunk-Sektorantennen aussehen. Haben die mutmaßlichen Antennen den Unfall verschuldet, wie ein Mobilfunkgegner in der Schweiz glaubt? Das IZgMF hat beim Betreiber des Tunnels nachgefragt.
Hansueli Stettler ist ein schweizer Mobilfunkgegner mit kommerziellem Hintergrund (selbsternannter Bauökologe), der sich darauf spezialisiert hat, Verkehrsunfälle der Einwirkung von Mobilfunk- oder Starkstromfeldern in die Schuhe zu schieben. Stettler hat dazu auf seiner Website eine Ecke eingerichtet, in der er sich nur mit diesem Thema beschäftigt. Der Hobbyforscher versucht dort einen Kausalzusammenhang zwischen Verkehrsunfällen und Mobilfunk- oder Stromtrasseneinwirkung mit allerlei bunt zusammengewürfelten Details und mit Messwerten zu belegen. Er zeigt dabei die für öffentlich wahrgenommene Mobilfunkgegner typische unerträglichen Gewissheit eines Querulanten, die den Umgang mit diesen Leuten so schwierig macht.
Stettler mag mit seinen pseudowissenschaftlich anmutenden Dokumentationen Laien und Kunden beeindrucken, doch wer vom Fach ist winkt ab. Wenn Stettler z.B. in seiner Fallschilderung des schweren Unfalls im Sierre Tunnel schreibt "Der Unfall passierte unmittelbar nach dem dichten peak in der Mitte der Darstellung, mit Feldstärken von immer noch 120 V/m", dann ist dies eine banale Feststellung, denn der zulässige Grenzwert hat in der Schweiz den Wert 10'000 V/m. Dass Stettler überhaupt die elektrische Feldstärke nennt ist ebenfalls ein Indiz für fachliche Inkompetenz, denn wenn im Niederfrequenzbereich eine physikalische Feldgröße biologische Relevanz erfährt, ist dies die magnetische Flussdichte. Diese aber erwähnt der Hobby-Bauökologe nicht, vermutlich deshalb, weil er sie nicht messen kann.
Eine tiefer gehende Sachauseinandersetzung mit der Argumentation von Herrn Steller halte ich für verzichtbar. Doch Stettler nutzt gerne Gelegenheiten, mit Links in den Medien Besucher auf seine Website zu locken. So geschehen Anfang 2018 in den Kommentaren zu diesem Beitrag in dem Magazin "Beobachter". Anlass war ein schwerer Verkehrsunfall, der sich am 7. Januar 2018 im Arlbergtunnel, Österreich, ereignete. Fotos vom Unfallort zeigen prompt an einer Tunnelwand Gebilde, die wie Mobilfunk-Sektorantennen aussehen (siehe grüner Ring, den ich in das Bild eingefügt habe) – damit war Stettler auf den Plan gerufen.
Foto vom Unfallort im Arlbergtunnel. Was der grüne Ring markiert, könnten Antennen sein
Bild: APA/Zeitungsfoto.at
Meines Wissens hat sich noch niemand mit der fixen Idee des Schweizers ernsthaft auseinander gesetzt, um ihn in die Schranken zu weisen. Also habe ich in der Presseabteilung der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (Asfinag) den Sachstand verbindlich nachgefragt, die Asfinag ist Betreiber des Arlbergtunnels. Das Unternehmen betreibt in Österreich ein Streckennetz von 2200 Kilometern Länge mit 367 Anschlussstellen, 165 Tunnelanlagen mit 383 Kilometer Röhrenlänge und 5192 Brücken. Sollte es einen auffälligen Zusammenhang zwischen Verkehrsunfällen und nahe am Unfallort montierten Mobilfunk-Sendeanlagen geben, die Asfinag hat beste Voraussetzungen, diesen Zusammenhang in Statistiken zu finden und zu belegen. Wenn also einer Stettlers kühne Hypothese stützen kann, dann die Asfinag.
IZgMF: Wird der Arlbergtunnel mit Mobilfunkdiensten versorgt?
Asfinag: Ja. Mobilfunk ist seit mehr als 15 Jahren im Arlbergtunnel eingebaut. Dies ist aus Sicherheitsgründen notwendig, weil es damit auch im Tunnel möglich ist, einen Notruf via Handy und "1er"-Nummern abzusetzen. Zudem kann gesagt werden, dass nicht nur der Arlbergtunnel, sondern auch beinahe alle der 165 Asfinag-Tunnel mit Handynetz ausgestattet sind. Dies gilt selbstverständlich auch für die Landestunnels.
Um was handelt es sich bei der im Foto grün markierten Gerätschaft oben an der Tunnelwand? Sollte es sich dabei um Antennen handeln, bitte das Funksystem nennen, beispielsweise Tetra.
Die im Foto grün markierten Geräte sind Handyantennen. Und zwar von mehreren Handynetzbetreibern – aus technischen Gründen an derselben Stelle.
Der erwähnte Tetra-Funk ist ebenso im Tunnel verbaut, wird allerdings über andere Einrichtungen abgestrahlt, nämlich über ein Funkkabel oberhalb der Zwischendecke.
Ist die grün markierte Gerätschaft anlässlich der Modernisierung des Arlbergtunnels im Jahr 2017 neu hinzu gekommen?
Nein.
Haben Sie jemals von dem Verdacht gehört, die Strahlung von Mobilfunkantennen in Tunnelbauten könnten für Unfälle verantwortlich sein?
Ja. Und nicht nur das, sondern auch Erdstrahlen und dergleichen. Dies müsste aber auch im Freiland Thema sein, da die Handynetzabdeckung lückenlos und flächendeckend ist.
Wir haben seitens der Asfinag bisher keine Auffälligkeiten oder Unfallhäufungspunkte in der Nähe von Handyantennen weder in Tunneln noch im Freiland feststellen können! Wir führen schließlich auch genaue Evaluierungen von Unfällen und des Streckennetzes durch, um bei Bedarf entsprechende Verbesserungen vorzunehmen. Unter anderem zeigen uns die sogenannten Road-Safety-Inspections externer Gutachter, welche Maßnahmen auf gewissen Streckenabschnitten überhaupt notwendig sind. Diese Inspektionen führen wir für das gesamte Streckennetz durch.
Hintergrund
2012: Hansueli Stettler fällt als "Medienbeauftragter" von funkstrahlung.ch unangenehm auf
Weitere Vorkommen von Hansueli Stettler im IZgMF-Forum
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –