100 Millionen Atombömbchen in Deutschland (Allgemein)

Sektor3, Samstag, 23.10.2010, 14:08 (vor 5002 Tagen) @ H. Lamarr

  • Die in der Tauber-Studie genannten Auswirkungen auf die DNA sollen vergleichbar sein mit einer Strahlendosis von 0,5 Gy. Das ist jenseits von gut und böse und entspricht der Strahlung bei einer Atombombenexplosion in wenigen km Entfernung.

Ihre Überlegungen sind für mich nachvollziehbar. Nur mit der Bewertung der 0,5 Gy komme ich nicht klar, denn gemäß dieser Seite sind noch 0,3 Gy "ungefährlich".

Die beängstigende Mikrokernentwicklung bei SAR=1,3 W/kg, die dicht an die von 0,5 Gy herankommt, tritt zudem erst nach mindestens 24 Stunden Dauereinwirkung auf, ein Szenario, das in der Praxis der Handy-Telefonate eher selten sein dürfte. Ob eine Kumulation vieler kürzerer Handytelefonate zulässig ist, also 24 x 1-Stunden-Telefonate mit (beliebigen) Pausen dazwischen ebenso wirksam sind wie ein 1 x 24-Stunden-Telefonat, weiß ich nicht, meine Erfahrungen mit "Sonnenbädern" deuten aber darauf hin, dass sie unzulässig ist.

Das BfS gibt für die Strahlenbelastung kalenderjährliche Maximalwerte an. Wobei je nach Strahlungsart ein Anpassungsfaktor für die biologische Wirksamkeit zur Anwendung kommt. Die Angabe von 0,5 Gy bei Tauber entspricht meines Erachtens 500mSv. Die Deutschen telefonieren im Jahr im Schnitt 37 Stunden mit dem Handy, kommen also demnach bei 1,3 W/kg im Durchschnitt auf ein Äquivalent von ca. 250mSv im Jahr. Dauer-Handynutzer könnten somit selbst Tschernobyl-Liquidatoren in den Strahlenschatten stellen.
BfS:
"Der Grenzwert der effektiven Dosis für beruflich strahlenexponierte Personen beträgt in allen europäischen Ländern 20 mSv pro Kalenderjahr (in den USA 50 mSv/Jahr). Neben dem Grenzwert für die effektive Dosis sind zum Schutz einzelner Körperteile Grenzwerte für die Organdosis pro Kalenderjahr definiert, unter anderem für die Augenlinse und die Lunge jeweils 150 mSv, für die Haut und die Hände jeweils 500 mSv, für die Keimdrüsen und die Gebärmutter jeweils 50 mSv sowie für die Schilddrüse 300 mSv."

Im IZgMF Artikel "Intermittierende Strahlung ist biologisch wirksamer als Dauerstrahlung" finden Sie die Kapitelüberschrift "5 Minuten ein, 10 Minuten aus: das wirksamste Expositionsmuster", was mMn darauf hinweist, dass das tatsächliche Handynutzerverhalten angeblich sogar noch gefährlicher sein kann, als Dauerbefeldung. Dort ist auch eine Graphik mit Wirkungen nach 4, 8 und 24 Stunden.

Die Darstellung in dem Reflex-Vortragsmanuskript ist durchaus dazu angetan, dass Überlegungen wie die Ihre angestellt werden. Der Bezug zu "echter" Strahlung ist sicherlich ein hochwirksamer Alarmfaktor. Ob dieser in dem PDF gezielt eingesetzt wurde, damit Bürger den Einsatz der GSG-9 fordern, wage ich nicht zu behaupten.

Nehmen Sie das Strahlenäquivalent zur ionisierenden Strahlung. Was glauben Sie würde passieren, wenn die Mitarbeiter im Atomkraftwerk die Grenzwerte wie Handy-Dauernutzer überschreiten würden und selbst die Normalbevölkerung einer solchen Belastung ausgesetzt wäre?

Ich glaube aber auch, dass den Studienautoren dieser 0,5 Gy-Vergleich irgendwann selbst peinlich war.

Womit ich sagen möchte: Möglicherweise überschätzen Sie den Alarmpunkt 0,5 Gy stark und die GSG-9 kann den Leuten unbesorgt ihr Spielzeug lassen. Wäre es anders, wären weltweit inzwischen gut 4,6 Mrd. Atombömbchen auf Achse und die Menschheit, die gestern am Abgrund stand, einen Schritt weiter.

Der Punkt ist: Ich habe den GSG-9 Vergleich aufgrund der Angaben in der Tauber Studie gebracht, während Ihr letzter Satz auf gesundem Menschenverstand beruht. Bei der BfS Stellungnahme kann ich davon allerdings nichts feststellen.

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