Mit seinem Artikel Der Hamster ist Zeuge hat Spiegel-Autor Manfred Dworschak der Wanderärztin Dr. med. Cornelia Waldmann-Selsam 2007 ein Denkmal gesetzt. Inzwischen sind an die 17 Jahre vergangen und Nelly kümmert sich nach einem Affront wegen Missachtung des Datenschutzes schon lange nicht mehr um "elektrosensible" Menschen. Die Schutzbefohlenen der 73-Jährigen sind nun Pflanzen aller Art, bevorzugt Bäume.

Unbeirrbar vertritt Nelly die Überzeugung, unter Einwirkung elektromagnetischer Felder des Mobilfunks würden Bäume leiden. Üblicherweise erkennt sie das an einseitiger Kronenverlichtung oder einseitig verkümmertem Wuchs, fein säuberlich dokumentiert mit hunderten oder tausenden von Fotos, die sie auf ihren Streifzügen durch die Republik an wiederholt besuchten Tatorten schießt.

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Ins Ohr gesetzt wurde Nelly der Floh von dem "elektrosensiblen" Physiker Volker Schorpp. Jener hatte zuvor seinerseits die "Baumthese" von einem Dritten übernommen und im größeren Stil publik gemacht, nach der Infektion von Nelly jedoch um 2014 herum der Anti-Mobilfunk-Szene den Rücken gekehrt. Nelly ist seither seine einzige "Erbin" im Geiste. Sie sieht sich als Missionarin in höherem Auftrag und möchte in ihrer existenziellen Glaubensfrage gerne Politiker aller Kaliber belehren, egal ob diese das wollen oder nicht. Gewöhnlich findet die Belehrung in dringlichem Ton auf mindestens zehn Seiten statt. Doch obwohl Nelly gefühlt hunderte solcher Brandbriefe an die deutsche Politik verschickt hat, ist kein einziger Fall überliefert, dass ihr jemals Erfolg beschieden war. Jeder andere würde nach so einer Serie von Pleiten die Flinte ins Korn werfen. Nelly nicht. Sie macht wie von einem Zwang getrieben weiter, was in gewisser Weise auch bewundernswert ist.

Nellys jüngste Pleite begann am 27. September 2024 mit ihrem Einspruch gegen das TK-NaBeG, damals konnte sie nicht wissen, dass wegen des Aus' der Ampelkoalition dieses Gesetz sowieso vorerst nicht mehr verabschiedet wird. Nelly schrieb geschlagene 19 Seiten zu Händen der "Bundesumweltministerin" Steffi Lemke. Damit tappte die Bittstellerin schon im Briefkopf in den ersten Fettnapf, denn weil es keine Bundesumwelt gibt (weshalb übrigens das Umweltbundesamt nicht Bundesumweltamt heißt), kann es auch keine Bundesumweltministerin geben, sondern nur eine Bundesministerin für Umwelt oder z.B. eine Umweltministerin der Bundesregierung.

Wer jemals einen Brief von Nelly gelesen hat, kennt alle ihre Briefe. Und als Mobilfunkgegner muss man mMn schon extrem schmerzfrei sein, damit einem beim Lesen nicht das unangenehme Gefühl von Fremdscham befällt. Gleich zu Beginn lässt Nelly Steffi wissen ...

Im Einflussbereich von Hochfrequenzsendern nehmen jetzt selbst bei den Eichen Kronenschäden mit großer Geschwindigkeit zu. Die Schäden sind auch an gut wasserversorgten Standorten und in der Nähe von Gewässern aufgetreten. Daher können die Schäden nicht allein durch Wassermangel plausibel erklärt werden.

Womit Dworschaks Hamster endlich von Eichen abgelöst wird, von Eichen, die mit großer Geschwindkigkeit weichen.

Zwischenfrage: Den digitalen Massenfunk gibt es hierzulande seit 1992. Was ist passiert, dass Nelly erst jetzt, nach mehr als 30 Jahren, selbst bei Eichen Kronenschäden diagnostiziert?

Wie Nelly auf der Website Weisse Zone Rhön am 7. Januar 2025 zerknirscht einräumt, geht die Antwort der Bürgerkommunikation im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit vom 18. Dezember 2024 nicht auf die vorgetragene Bitte um unverzügliche Veranlassung von Untersuchungen angesichts der gefährlichen Zunahme von Baumschäden ein. Na sowas?! Als Steuerzahler nehme ich diesen Hinweis beifällig zur Kenntnis. Wo kämen wir denn hin, ginge das Umweltministerium in Berlin Ideen nach, die verständige Menschen mehrheitlich als Schnapsidee bewerten?

Nelly weiter:

Es wurde mitgeteilt: "Bislang gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch EMF unterhalb der Grenzwerte."
Diese Aussage ist unzutreffend.

Vielleicht sollte ich noch anmerken: Nelly ist Humanmedizinerin (dem Vernehmen nach ohne Praxiserfahrung), keine Tierärztin, keine Botanikerin und schon gar keine Baumpathologin.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –