Vermarktungsverbot für Smartphone "Emporia Smart 4" (Technik)

H. Lamarr @, München, Freitag, 05.01.2024, 19:41 (vor 293 Tagen)

Mit dem Modell "Emporia Smart 4" hat die staatliche französische Funknetzagentur ANFR wieder ein Smartphone ausfindig gemacht, das den für Gliedmaßen zulässigen SAR-Grenzwert überschreitet. Erlaubt sind maximal 4 W/kg, bei einer Stichprobenmessung blieb der Zeiger jedoch erst bei 4,74 W/kg stehen. ANFR verhängte deshalb ein Vermarktungsverbot, in Deutschland juckt das jedoch niemanden.

ANFR forderte die Firma Emporia auf, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um die Fehlfunktion bei den auf dem Markt befindlichen Geräten sowie bei den bereits verkauften Geräten bis spätestens 19. Januar 2024 (mit einem Firmwareupdate) zu beheben. Händler müssen die Vermarktung des Smartphones bis dahin einstellen. Dies gilt sowohl für Ladengeschäfte, als auch für Online-Verkaufsplattformen. Rechtsgrundlage für diesen Schritt ist der Absatz "II bis" unter Artikel L.43 des französischen Gesetzbuches für das Post- und elektronische Kommunikationswesen. Folgt Emporia der Weisung nicht, wird das Smart 4 Gegenstand einer Rückrufaktion.

Üblicherweise informiert ANFR eigenen Angaben zufolge auch die zuständigen Behörden aller anderen EU-Staaten über jeden Fall einer Grenzwertverletzung. Ob die adressierten Behörden dann Schritte einleiten und ggf. welche, ist jedoch ihnen überlassen.

Die Google-Suche nach "Emporia Smart 4" führte heute zu zahlreichen Verkaufsofferten in deutscher Sprache und kurzen Lieferzeiten, von denen die stichprobenartige Prüfung in keinem Fall eine Reaktion auf die in Frankreich festgestellte Grenzwertüberschreitung zutage förderte. Aus meiner Sicht liegt dies daran, dass Benutzern des Smartphones trotz des unzulässigen SAR-Werts keine unmittelbare Gefahr für Leib & Leben droht (siehe auch hier).

Pikant: Als Apple vor einigen Wochen mit dem iPhone 12 das gleiche Missgeschick wie jetzt Emporia passierte, rauschte der Blätterwald stark. Heute hingegen konnte ich in Google-News keine einzige relevante Meldung zum Fall Emporia finden. Nicht relevante Meldungen gibt es dagegen viele, z.B. eine, die der Stiftung Warentest nachträglich noch schwer im Magen liegen könnte :-).

Quelle: Pressemitteilung der ANFR

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Vermarktungsverbot für Smartphone "Emporia Smart 4"

Kuddel, Mittwoch, 10.01.2024, 22:15 (vor 288 Tagen) @ H. Lamarr

Erlaubt sind maximal 4 W/kg, bei einer Stichprobenmessung blieb der Zeiger jedoch erst bei 4,74 W/kg stehen.

Es gibt bestimmt eine Klientel, die eine zu hohe Sendeleitung als Qualitätsmerkmal sehen würde

In Zunkunft also bei AFNR nachsehen, welches das am meisten bemäkelte Smart-Phone ist, denn dies wird die beste Funk-Verbindungsqualität haben ;-)

Mobiltelefone für Funklöcher

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 24.07.2024, 23:57 (vor 92 Tagen) @ Kuddel

Erlaubt sind maximal 4 W/kg, bei einer Stichprobenmessung blieb der Zeiger jedoch erst bei 4,74 W/kg stehen.

Es gibt bestimmt eine Klientel, die eine zu hohe Sendelei[s]tung als Qualitätsmerkmal sehen würde

In Zunkunft also bei AFNR nachsehen, welches das am meisten bemäkelte Smart-Phone ist, denn dies wird die beste Funk-Verbindungsqualität haben ;-)

Gute Idee :-). Die Freude über vortreffliche Verbindungsqualität dürfte aber von nur begrenzter Dauer sein.

Wer sich z.B. das ebenfalls sündige Mobiltelefon "Emporia Simplicity" geschnappt hat (nicht verwechseln mit dem Emporia Smart 4!), wird nach dem automatisch eingespielten Firmwareupdate auf Version 1.18 (oder höher) keine vortreffliche Verbindungsqualität mehr haben. Denn wie ANFR am 23. Juli 2024 mitteilt, hat der Hersteller nachgebessert und den beanstandeten SAR-Wert für Gliedmaßen von 4,23 W/kg auf 2,97 W/kg legalisiert. Schade :wink:.

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Mobiltelefone für Funklöcher

e=mc2, Donnerstag, 25.07.2024, 07:28 (vor 92 Tagen) @ H. Lamarr

Gute Idee :-). Die Freude über vortreffliche Verbindungsqualität dürfte aber von nur begrenzter Dauer sein.

Die Annahme, dass ein hoher SAR mit einer guten Verbindungsqualität einhergeht wäre zuerst zu prüfen. Meines Wissens ist die maximale Sendeleistung bei allen Mobiltelefonen gleich. Ein hoher SAR kommt also dadurch zustande, dass die Antennen nahe an der Oberfläche sind und damit nahe am Körper oder weil das Abstrahlverhalten ungünstig ist. So oder so, ein hoher SAR bedeutet, dass (zumindest unter den Konfigurationen der Testbedingungen) einen grossen Teil der Sendeleistung vom Körper absorbiert wird. Dies scheint mir für eine optimale Verbindungsqualität nicht vorteilhaft zu sein. Meine aber auch, dass die Freude sinkt, wenn bei gleicher geometrischer Konfiguration die Sendeleistung mit einem Softwareupdate reduziert wird. Dann wäre ja bei einem schon vorher nicht optimalen Abstrahlverhalen, noch einmal Einbussen in Kauf zu nehmen. So weit meine theoretischen Überlegungen, die man gerne mit Daten gefüttert sähe.

Mobiltelefone für Funklöcher

H. Lamarr @, München, Freitag, 26.07.2024, 00:10 (vor 91 Tagen) @ e=mc2

Die Annahme, dass ein hoher SAR mit einer guten Verbindungsqualität einhergeht wäre zuerst zu prüfen.

Einverstanden

Meines Wissens ist die maximale Sendeleistung bei allen Mobiltelefonen gleich.

Sehe ich nicht so. Was für alle Mobiltelefone gleich ist, sind die Spezifikationen für die diversen Betriebsarten (GSM, LTE, 5G ...). Den Geräteherstellern steht es frei, die gemäß Specs maximal zulässigen Sendeleistungen nicht auszuschöpfen, z.B. weil sie lieber mit langen Akkulaufzeiten punkten wollen als mit guten Verbindungseigenschaften.

Ein hoher SAR kommt also dadurch zustande, dass die Antennen nahe an der Oberfläche sind und damit nahe am Körper oder weil das Abstrahlverhalten ungünstig ist.

Nunja, legt der Hersteller eines solchen Geräts mehr Wert auf Verbindungsqualität, ist das Abstrahlverhalten nicht ungünstig, sondern günstig, solange der zulässige SAR-Wert nicht überschritten wird. Wahrscheinlich beruhen SAR-Wert-Überschreitungen nicht auf Absicht eines Herstellers, sondern auf Streuungen in der Produktion, die vom Hersteller zu optimistisch klein eingeschätzt wurden.

So oder so, ein hoher SAR bedeutet, dass (zumindest unter den Konfigurationen der Testbedingungen) einen grossen Teil der Sendeleistung vom Körper absorbiert wird. Dies scheint mir für eine optimale Verbindungsqualität nicht vorteilhaft zu sein.

Einspruch, der prozentuale Anteil der abgestrahlten Sendeleistung, der vom Körper absorbiert wird, ist mMn konstruktionsbedingt (Antennen) und deshalb für alle Sendeleistungen gleich, egal ob hoch oder niedrig, mit denen ein Mobiltelefon funken kann. Dieser Anteil geht immer verloren (nicht nur bei hoher SAR), sobald ein Nutzer das Telefon am Kopf verwendet.

Einer frühen Meldung des IZgMF zufolge verpufften 2003 bei fünf von TCO (Schweden) getesteten GSM-Mobiltelefonen 60 Prozent bis 75 Prozent der Strahlungsleistung im Kopf des Nutzers. TCO bietet heute noch immer ein Qualitätssiegel für Mobiltelefone an, vom TCP-Wert (Telephone Communication Power), der die effektive für Verbindungen verfügbare Strahlungsleistung benennt, ist jedoch keine Rede mehr. Da muss etwas passiert sein. Möglicherweise war die Methode, den TCP-Wert zu messen, fehlerhaft oder die Gerätehersteller waren "not amused".

Meine aber auch, dass die Freude sinkt, wenn bei gleicher geometrischer Konfiguration die Sendeleistung mit einem Softwareupdate reduziert wird. Dann wäre ja bei einem schon vorher nicht optimalen Abstrahlverhalen, noch einmal Einbussen in Kauf zu nehmen.

Wieso "vorher nicht optimalen Abstrahlverhalten"? Ein Hersteller reduziert per Firmware-Update die maximale Sendeleistung nur dann, wenn er dabei erwischt wird, dass das Abstrahlverhalten seines Produkts (unerlaubt) optimal war.

So weit meine theoretischen Überlegungen, die man gerne mit Daten gefüttert sähe.

Dazu müsste es Studien geben, auf die Schnelle habe ich jedoch nichts wirklich Erhellendes (vergleichbar dem TCP-Wert) finden können.

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